Dienstag, 28. Oktober 2014
Gemeinschädlicher Tag
Neulich verteidigte ich einen bis dato unauffällig gebliebenen Jugendlichen, dem wurde ein Delikt vorgeworfen. Er sollte mittels eines dicken Filzschreibers der Marke "Edding" auf einem Spielplatz einige "tags" (verschnörkelte Zeichen einer örtlichen Jugendgang) an einer Rutsche und einer Bank angebracht haben. Die Polizei hatte ihn über facebook identifiziert.
Nun war das eigentlich ganz anders gewesen; der jugendliche Mandant hatte nur ein einziges Zeichen aufgebracht, und das auch nur, weil alle anderen das auch gemacht hatten. Wie das eben so ist. Die anderen hatten dann auf polizeiliche Befragung alle auf meinen jungen Mandanten gezeigt, obwohl der eigentlich gar nicht hatte mitmachen dürfen, in deren Verein. Wie das eben so ist.
Nach einigen Selbstzweifeln hatte der jugendliche Mandant seine Schandtat dann seinem Vater gebeichtet und der war mit Sohnemann und einem guten Lösungsmittel kurzerhand zum Tatort gefahren und hatte die "tags" entfernt. Alle. Auch die von den anderen.
Das hatte aber nichts mehr genutzt. Beflissene Ordnungshüter hatten bereits eine umfangreiche Lichtbilddokumentation gefertigt und betrieben eifrig ihr Verfahren wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung. In diesem Stadium hielt ich es für sinnvoll, der Ermittlungsbehörde den Sachverhalt mitzuteilen und ganz nebenbei auch darauf hinzuweisen, dass es für eine Sachbeschädigung nicht den leisesten Hinweis gab. Schließlich ist "Edding" mit einfachem Lösungsmittel rückstandsfrei entfernbar.
Die Rechtslage interessierte die Staatsanwaltschaft aber offenbar nicht im geringsten. Sie schickte gleich erst mal einen Trupp Polizeibeamte los nachzusehen, ob auch wirklich alle Zeichen entfernt worden seien. Dann vernahm man noch einige Personen aus dem Umfeld.
Schließlich, nach etwa einem halben Jahr, wurde das Verfahren nach § 45 JGG eingestellt. Und was lernen wir daraus? Man muss den Anfängen wehren. Sonst wäre aus dem Mandanten vielleicht ein zweiter OZ geworden. Oder - bei entsprechendem Talent - vielleicht ein zweiter Banksy.
Man würde sich manchmal wünschen, dass die Ermittlungsbehörden auch bei anderen Straftaten mit derartiger Akribie ermittelten. Aber hier hatten wir es ja nicht mit einer Straftat zu tun.
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Wiedermal nett, dass Sie die Version ihres Mandanten nochmal veröffentlichen.
AntwortenLöschenDie Ansicht man könne ,,Edding" mit einfachem Lösungsmittel rückstandsfrei entfernen" ist wohl ohne vorherige Einschränkung des Materials auf die der ,,Edding" aufgebracht wurde so nicht haltbar.