Freitag, 12. November 2010

Paraphe reicht nicht

Der Kollege Brandau berichtet hier über eine große und recht simple Unterschrift. Ab und an sieht man ja solche Unterschriften, bei denen fehlende Schöpfungshöhe auch gerne durch übermäßige Größe kompensiert wird. Aber Vorsicht!

Ein befreundeter Kollege hatte da vor dem Amtsgericht Hamburg schon einmal ein Problem, und das ging so:

1. Berufungsschriften müssen unterschrieben sein.
2. Der Kollege hat eine Unterschrift, die bei einer Länge von etwa acht Zentimetern dem griechischen Kleinbuchstaben alpha ähnelt - mit einem Punkt über der Schleife.
3. Hier kommt jetzt der titelgebende Unterschied ins Spiel: Das Amtsgericht hielt die mit derart unterzeichneter Berufungsschrift eingelegte Berufung für unzulässig, weil die Berufungsschrift nicht unterschrieben sei.
4. Es handele sich bei dem Zeichen nicht um eine Unterschrift, sondern nur um eine Paraphe.

Die Berufung wurde als unzulässig zurückgewiesen, die Beschwerde dagegen blieb erfolglos.

Auf diese Unterscheidung muss man erst einmal kommen! Aber Richter lassen sich eben eine Menge einfallen, wenn es gilt, sich um drohende Arbeit herumzudrücken. Fragen Sie diesen Kollegen hier.

6 Kommentare:

  1. ja, faule Richter, die ihr Handeln nicht primär am Recht, sondern am Arbeitsaufwand ausrichten, erlebt man in der Tat manchmal.

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  2. In der Tat, auf diese Unterscheidung muss man erst einmal kommen. Das sind die Gerichte aber schon vor 100 Jahren. Seitdem wird jeder Rechtsanwalt, der ab und zu eine Fachzeitschrift aufschlägt, durch ein Dutzend obergerichtliche Entscheidungen pro Jahr auf den Unterschied aufmerksam gemacht.

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  3. @ B. Bürger: Aha. Wenn das so ist, dann hilft sicherlich auch eine einfache Verfahrensrüge, gegen ein Urteil, dass nur mit Paraphe unterzeichnet ist? Kennen sie solche Urteile auch? Die würden mich interessieren.

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  4. Für die Unterschriftsleistung durch Richter gelten selbstverständlich dieselben Grundsätze wie für Rechtsanwälte, vgl. zuletzt BGH, Beschl. v. 16.9.2010 - IX ZB 13/10; ausführlich zum Strafprozess BayObLG NStZ-RR 2003, 305.

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  5. Einem Landrat im Rhein-Main-Gebiet wurde seine unleserliche Unterschrift zum Verhängniss.
    Laut einem Gericht muss die Unterschrift leserlich sein und nicht einfach nur aus einer Wellenlinie bestehen.
    Leider habe ich dazu keinen Link entdeckt.
    Aber folgend ist ein Urteil, wonach zumindest 3 Buchstaben lesbar sein müssen:
    http://www.n-tv.de/panorama/Drei-Buchstaben-reichen-article148696.html

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