Samstag, 11. April 2015

Vox populi, die Zweite


Wo wir gerade bei Ministern waren, die populistische Vorschläge machen: Hier ist der nächste. Auch dem Großparteien-Proporz ist genüge getan; diesmal kommt er von der SPD. Der niedersächsische Innenminister Pistorius (nicht verwandt oder verschwägert mit Oscar) hat mal wieder vorgeschlagen, Daten auf Vorrat zu speichern.

O-Ton Minister (zitiert nach heise-online):
 "Ohne die Möglichkeiten einer Vorratsdatenspeicherung sind die Ermittlungbehörden praktisch blind, wenn die Kommunikation der Täter und die Strafbegehung überwiegend oder ausschließlich über das Netz und mit mobilen Kommunikationsmitteln stattgefunden hat."
Dabei interessieren mich hier weniger die datenschutz- und sonstig rechtlichen Bedenken, über die schon hinlänglich anderswo diskutiert wird, sondern eher die Frage, wie das funktionieren soll. Wer sich das Zitat genau durchliest, der sieht, dass es dem Herrn Minister offenbar ausschließlich um Strafverfolgung geht, es ist von "Ermittlungsbehörden" die Rede und von Straftaten, die bereits begangen wurden. Von Prävention ist nicht die Rede. Für die Strafverfolgung ist der Innenminister gar nicht so wirklich zuständig, aber das ist eine andere Geschichte.

Uns interessiert zunächst einmal, welche Straftaten der Herr Minister wohl meinen könnte; er selbst spricht von "Terrorismus" und "organisierter Kriminalität". Mit dem Terrorismus hat die Strafverfolgung seit jeher recht wenig Probleme, soweit die Terroristen ein politisches oder religiöses Ziel haben und sich daher bewusst zu erkennen geben. Für die Strafverfolgung dieser Täter - wenn sie ihre Tat denn überleben - braucht man die Vorratsdatenspeicherung wohl eher weniger. Bei den anderen - ich nenne mal die NSU - wäre man schon froh, wenn die Ermittlungsbehörden überhaupt ermitteln würden. Im Falle der NSU haben sie das zehn Jahre lang verweigert. Da gibt es sicherlich größere Defizite als das Fehlen der Vorratsdatenspeicherung.

Es bleibt die Organisierte Kriminalität. Die ist zahlenmäßig ein weit größeres Problem als der Terrorismus und sie hat Mittel, von denen die Ermittlungsbehörden nur träumen können. Was nutzt einem da die Vorratsdatenspeicherung, wenn es schon an Fachpersonal mangelt, die einfachsten Daten zu entschlüsseln. Derzeit gibt es in Deutschland meines Wissens eine einzige Staatsanwaltschaft, die selbst in der Lage ist, Computerdaten auszulesen. Alle anderen Staatsanwaltschaften müssen sicher gestellte Datenbestände an privatwirtschaftliche Unternehmen übersenden, um die Daten von denen überhaupt erst auslesen zu lassen.

Was sollen die mit all den auf Vorrat gesammelten Daten anfangen? Abwarten, bis jemand kommt, der die Daten auch lesen kann? So wie der Kryoniker, der im Eis gefroren darauf wartet, dass die Methode, ihn schadlos aufzutauen, erst erfunden wird?

Aber heute schon mal das Recht darauf einfordern, was man morgen vielleicht auch gebrauchen kann?

Schafft Euch lieber erst einmal neue Rechner an.







1 Kommentar:

  1. Mir war, anders als Pistorius offenbar, gar nicht bewusst, dass die staatliche Exekutive jederzeit vollen Zugriff auf jede Kommunikation aller Bürger haben darf. Aber das könnte daran liegen, dass ich kein Politiker bin, sondern mich mit Staatsphilosophie beschäftige.

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