Dienstag, 9. Dezember 2014

Der erste Grund, Anwälte zu hassen


Die Kollegin (?) Eva Engelken hat ein Buch geschrieben, das sich perfekt als Weihnachtsgeschenk für freundliche Kollegen eignet. Es heißt: "111 Gründe, Anwälte zu hassen". Das Buch steht in einer Reihe mit Klassikern wie "111 Gründe, Schalke 04 zu lieben" oder "111 Gründe, Lehrer zu sein". Etwas beunruhigend finde ich, dass es nach meiner Recherche dass erste Buch seiner Art ist, dass sich statt zur Liebe offen zum Hass bekennt. Und dann ausgerechnet gegen Anwälte. Das finde ich entsetzlich.

Offenbar hat der Verlag aber ein gutes Produktmarketing; dieser Tage findet sich in zahlreichen Käseblättern Lokalzeitungen eine gleichlautende Rezension, die zehn - wohl die schönsten - dieser Hassgründe vorstellt. Ein willkommener Anlass, sich selbstkritisch mit diesem Feedback aus der Bevölkerung auseinanderzusetzen.

Ich möchte beginnen mit Grund 1. Er lautet, beispielhaft zitiert nach der Frankfurter Rundschau: "Sie sagen immer, "es kommt darauf an"". Diese Antwort ist zugegeben relativ unpräzise, was von vielen Mandanten als wenig befriedigend empfunden wird. Ich kann das verstehen. Grund für diese vielschichtige Antwort sei laut Autorin unter anderem, dass viele Anwälte "Schiss" hätten, wegen einer eindeutigen aber falschen Aussage zur Verantwortung gezogen zu werden. Mag sein, dass es solche Fälle gibt.

Aber ich möchte zu bedenken geben: Es kommt darauf an.

Nämlich darauf, was man fragt. Stellt man eine vage, unpräzise Frage, ist die Gefahr größer, dass man auch nur eine vage, unpräzise Antwort bekommt. "Herr Anwalt, wie sind meine Chancen?" wäre eine solche Frage, die zu beantworten jedem Anwalt schwer fällt. Erstaunlicherweise freuen sich viele Mandanten darüber, wenn man ihnen ihre Chancen in Prozent angibt, obwohl das barer Unsinn ist. Wer als Anwalt "Ich schätze die Erfolgschancen auf 81,5 %" sagt, erntet meist gefälliges Nicken beim Mandanten.

Kollegen, die sich nach der Liebe ihrer Klienten sehnen, möchte ich empfehlen, eine Erfolgschance von 99% anzugeben. Das kommt beim Gegenüber meist gut an und wenn sie trotzdem verlieren: Dann handelte es sich halt um das vermaledeite eine Prozent. Es kommt eben drauf an.

11 Kommentare:

  1. Und die Antwort auf die Rückfrage "Ja, worauf kommt es denn an?" lautet "Darauf kommt es nicht an!"

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    1. Ich hingegen würde die Nachfrage mit dem BGH kontern, dass es auf die Umstände es Einzelfalles ankomme.

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  2. Grund 8 gefällt mir besonders gut. Weil man wegen seiner schlechten Noten nicht bei der Verwaltung(!) untergekommen sei, werde man Anwalt. Hihi :-)

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    1. Das Tollste daran ist ja immer wieder: Früher war es genau umgekehrt und die Leute haben genauso gepöbelt.

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  3. Anonymer Anwaltfreund9. Dezember 2014 um 05:23

    Grund 8: „Viele werden nur wegen ihrer schlechten Noten Anwalt“ halte ich besonders entlarvend.

    „Das sind meistens diejenigen, die im zweiten Staatsexamen nur ein 'Ausreichend' erhalten haben“, meint die Autorin.

    Dazu fällt mir nur ein: Wer dann nicht einmal Anwalt, sondern Journalistin wird, muss ein verheerendes Examen gehabt haben!

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  4. "Es kommt drauf an!" - Natürlich kommt es darauf an. Und zwar darauf, ob man selbst (oder auch der Gegner) die behaupteten Ansprüche beweisen kann. Und welcher Rechtsanwalt will bei dieser Frage der Beweisaufnahme vor Gericht vorweggreifen?

    Unser Job wird missverstanden:

    Geht es darum, Verträge zu gestalten, liefert der gute Advokat auch eine klare, unmissverständliche Lösung. Er zeigt dem Mandanten den Vertragsentwurf, erklärt die eingebauten Fallstricke und ggf. seine Verhandlungstaktik, wenn er auch die Verhandlungen führen soll.

    Soll der Rechtsanwalt einen Rechtsstreit lösen, ist es nicht seine Aufgabe, schon eine klare Lösung vorweg anzukündigen. Es ist vielmehr seine Aufgabe, dem Mandanten aufzuzeigen, worauf es ankommt, Risiken abzuwägen und den Mandanten darüber aufzuklären, sich mit dem Mandanten für die Auseinandersetzung zu rüsten ("Ich bräuchte für unsere Behauptungen A, B und C noch die Beweismittel X, Y Z, sonst sieht es eher schlecht für uns aus/lohnt es sich nicht, zu klagen." / "Wenn Sie mir sagen, dass das Bauunternehmen kurz vor der Insolvenz steht und Sie das sicher wissen, sollten Sie sich die Kosten lieber sparen.") und ggf. anschließend für den Mandanten zu kämpfen.

    Die Mandanten hassen es natürlich, dass der Rechtsanwalt Ihnen nur die Risiken aufzeigt und sie selbst entscheiden müssen, ob sie diese auf sich nehmen oder nicht. Sie wollen natürlich ein Versprechen: "Wenn wir klagen, gewinnen wir auch und Sie bekommen 100%ig Ihr Geld!"

    Aber die Anzahl der Fälle, in denen man das wirklich sagen kann, ist verschwindend gering.

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  5. Es kommt darauf an kann doch nie die falsche Antwort sein! Es kommt z.B. darauf an, ob der Mandant das Honorar (vorab) bezahlen kann.

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  6. Nicht zuletzt kommt es eben auch auf Haftungsfragen an. Der Anwalt, der behauptet, es handele sich um ein fast sicheres Ding, möge bereits vor Beginn seiner Tätigkeit die Haftpflicht informieren.

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  7. Hassen sollte man Anwälte nicht, wie auch die DDR-Stasi-Leute, die Nazis, die Neonazis man nicht hassen sollte. Niemanden sollte man hassen.

    Die Rolle der Anwälte in einer Gesellschaft sollte man aber erkennen. Die Anwälte vertreten das herrschende System und stehen zwischen dem System, den Herrschenden und den Mandanten. Manchmal sind Herrschende auch deren Mandanten.

    Die Herrschenden haben aber keine Skrupel, eigene Leute umzubringen. In der Geschichte gut bekannt.

    Insofern ist der Mandant dafür verantwortlich, welchen Vertreter der Macht er sich auswählt und wie er mit diesem als Vermittler zwischen den Herrschenden und dem Mandanten umgeht.

    Erdfloreiche Hilfe kann man von einem Anwalt nur erwarten, wenn Herrschende wie Jauch, Schröder, aber auch gut mit der Macht vernetzte Kriminelle, u.a. Wirtschaftskriminelle gegen Schwächere vorgehen.

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  8. http://www.gocomics.com/nonsequitur/2014/12/03

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