Donnerstag, 11. Juli 2013

Alle hören zu, alle wissen Bescheid


Vor etlichen Jahren konnte ich einen erfahrenen Kollegen dabei beobachten, wie er etwas tat, das ich bis dahin nur aus dem Fernsehen kannte: Er beauftragte einen Privatdetektiv. Anders als Dr. Renz seinen Matula, habe ich den Detektiv nie persönlich gesehen, wohl aber seine Ergebnisse. Die waren beeindruckend.

Der Detektiv konnte binnen weniger Tage den gesamten Fax- Telefon- und Mailverkehr (sowohl ein- als auch ausgehend) der Zielperson präsentieren, und das über einen praktisch beliebigen Zeitraum. Wie er das geschafft hat, wollte keiner wissen und hat ihn auch niemand gefragt. Ein Prinzip, das sich im Umgang mit vertraulichen Informationen immer wieder bewährt hat. Seither gehe ich davon aus, dass, wer wirklich will, jede erdenkliche Information über jede erdenklich Person bekommen kann.

Da ich bereits in den Achtzigern auch ein umfangreiches Werk über die US-Geheimdienste gelesen hatte (Bob Woodward, Geheimcode Veil, Reagan und die geheimen Kriege der CIA), stand für mich seit jeher fest, dass Geheimdienste jede Information sammeln, die sie irgendwie kriegen können. Dabei wird man getrost davon ausgehen können, dass die Mittel der amerikanischen Geheimdienste diejenigen eines selbständigen Privatdetektivs bei weitem übersteigen. Besonders beeindruckend fand ich damals, dass der CIA schon in den siebziger Jahren Gespräche abhören konnte, indem man mittels Peilsendern die Schwingungen von Fensterglasscheiben aufnahm und später wieder in Sprache umsetzte, die im Raum gesprochen worden war. Das dürfte lächerlich sein, im Vergleich zu dem, was heute möglich ist.

Und nun kommt die Frau Dr. Angela Merkel und behauptet, von Abhörprogrammen des US-Geheimdienstes NSA hätte sie nie etwas gewusst. Sie habe davon - ebenso wie der Innenminister - "erst durch die Medienberichterstattung erfahren". Das kann allerdings auch bedeuten, dass man von konkreten Details gar nichts wissen wollte. Das Prinzip wurde ja oben bereits im Zusammenhang mit dem Privatdetektiv erwähnt. So wird auch der berühmte Edward Snowden zitiert: "Die anderen Behörden fragen uns nicht, woher wir die Hinweise haben, und wir fragen sie nach nichts."

Das war übrigens auch bei der Stasi nicht anders. Jeder wusste, dass es sie gab und was sie tat - und stellte sich darauf ein. Gleichwohl weist die Kanzlerin den Vergleich mit der Stasi scheinbar entrüstet zurück; das wäre eine "Verharmlosung der Stasi". Hält man sich vor Augen, wie vergleichsweise mühsam die Stasi ihre vergleichsweise spärlichen Informationen über die Bürger sammeln musste, scheint mir diese Behauptung durchaus fragwürdig.

Aber vielleicht hat die Kanzlerin auch hier etwas ganz anderes gemeint: Die Stasi war schließlich böse, und die USA sind gut.

Wenn dass mal kein plumper Amerikanismus ist.



15 Kommentare:

  1. Es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen Stasi und NSA.
    Die NSA zapft nur technische Einrichtungen ab, die Stasi dagegen spielte die ganze Bevölkerung gegeneinander aus.
    Daraus folgt, dass die Stasi-Methoden wesentlich weitergehend und ekelerregender waren, als die NSA Methoden.

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  2. Die StaSi spielte und spionierte durchaus nicht die ganze Bevölkerung aus, jedenfalls nicht mehr als andere westlichen Geheimdienste auch. Ich habe nach der Wende auch Einsicht in meine Akten genommen und obwohl ich einige »Konflikte« mit der Staatsmacht hatte (u.a. auch wegen Vorbereitung zum ungesetzlichen Verlassen der DDR), war ich sehr erstaunt und durchaus etwas enttäuscht, wie wenig über mich zu finden war. Das Bild der StaSi ist meiner Meinung sowieso (absichtlich !) völlig überzogen dargestellt. Sicherlich waren die Mitarbeiter keine Klosterbrüder, aber nachdem was ich nach der Wende gelesen habe, war sie im Vergleich zu anderen westlichen Geheimdiensten der reinste Kaninchenzüchterverein. Man sollte auch bedenken, das das die politischen, wirtschaftlichen, technischen und militärischen Gegebenheiten damals völlig anders waren als heute. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten wären sicherlich andere Methoden angebracht gewesen. Siehe dazu auch: http://www.stuttmann-karikaturen.de/karikaturarchiv_4917.html
    Aber zum Glück werden die die Aktivitäten der NSA bald aufhören. Als Deutscher hat man schließlich ein verfassungsmäßiges Recht, das man nur von deutschen Stellen ausgehorcht wird... Der NND hat ja entsprechende Vorhaben schon angekündigt, wie ich las. Treffend dazu: http://www.stuttmann-karikaturen.de/karikaturarchiv_4910.html

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  3. Macht es für Sie einen Unterschied, ob ein Geheimdienst nach Bombenlegern sucht oder ob er nach Leuten sucht, die für Demokratie und Rechtsstaat, Religions- und Ausreisefreiheit eintreten?

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    1. Woher wissen Sie, dass die NSA-Daten nur für die Suche nach Bombenlegern genutzt werden?

      Woher wissen Sie, dass mit den NSA-Daten die Bombenbelger schneler gefunden werden als mit öffentlich kontrollierbaren Methoden?

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  4. Sind die zweifellos beeindruckenden Ergebnisse des Detektivs überhaupt für ein Verfahren oder auch nur eine Vergleichsverhandlung verwertbar?

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  5. Detektive arbeiten ja nicht mehr risikolos. Nicht mal mehr GPS-Sender darf man straflos benutzen, um einem betrügerischen Arbeitnehmer auf die Schliche zu kommen (Urteil des 1. Strafsenats beim BGH vom 4.6.2013 - 1 StR 32/13). Der komplette Mailverkehr (ich habe mal die kompletten Steuerbescheide eines Überwachten gesehen) - das dürfte dann ja mindestens so kriminell sein. Aber warum reden alle von Stasi? Dass ein Dienst seine Befugnisse überschreitet oder diese gar nicht klar gesetzlich definiert sind, ist Gegenstand öffentlicher Empörung in ganz Europa. Was glauben die Stasivergleicher - gab es solche Reaktionen in den 80ern in Ungarn, als man das Ausmass der Bespitzelung durch KGB und Stasi zufällig :-) erfahren hat? Damit sollte der Unterschied zu den USA, UK und dem BND doch klar sein. Wir können die wildgewordenen Dienste wieder einfangen - wenn wir das wollen...In Stasiland dagegen hätten jetzt alle Teilnehmer dieser Diskussion einen Termin bei der Stasi. Stasivergleiche sind nur Ausweis mangelnder Reflexion.

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    1. Das stimmt so nicht. Nicht alle Teilnehmer dieser Diskussion hätten einen Termin bei der Stasi.

      Bei uns im Dresdner Institut für Kernforschung gab es in der Verwaltung einen offiziellen Stasimitarbeiter, vor dem viele Angst hatten und niemand wusste, was der tat. Es gab einen SED-Parteiauftrag zu erfahren, was der tat, um die Angst abzubauen. Die daran beteiligten Genossen wurden nicht zu einem Termin bei der Stasi gebeten.

      Es verlief allerdings alles im Sande , wie auch in Deutschland Heute die NSA-Geschichte im Sande verlaufen wird. Kaum anzunehmen, dass Deutschland Heute eine Revolution wegen den heutigen Stasi-Methoden erlebt.

      Insofern war die Stasi harmloser als deren Äquivalent in Deutschland Heute Es geht um die Macht einer ganz bestimmten Gruppe von Leuten. Da gelten allgemeine Gesetzmäßigkeiten. So war es in der DDR, so ist es in Deutschland Heute

      Nebenbei bemerkt, die DDR hat weniger Leute umgebracht als wie es nach 1990n getan haben. Allerdings sind es bei uns hauptsächlich Ausländer, die wir umbringen.

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  6. Dass die Politiker davon nichts wissen, was bei der NSA seit Jahrzehnten abgeht, wundert mich nicht. Das ist nicht völlig unglaubwürdig. Innerhalb des BND ("rechtsfreier Raum") wird es dagegen bekannt sein, was die Partnerdienste treiben. Das plaudern die BNDler sicher nicht alles ungefragt im Parlamentarischen Kontrollgremium aus und selbst beim BND in den Akten recherchiert vermutlich kein Gremiummitglied ohne Anlass.

    Die Politiker haben ja auch nicht gemerkt, dass sie in Bonn von der Stasi abgehört wurden. Damals wurden die Leitungen von Insidern mit Sicherheit direkt vor Ort angezapft, weil zwischen den Vermittlungsstellen im Ort keineswegs vieles über Funkstrecken lief.
    http://www.spiegel.de/video/vor-20-jahren-der-grosse-lauschangriff-der-stasi-video-1106144.html

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    1. Selbstverständlich wussten die führenden Politiker, dass Sie von der Stasi abgehört werden. Sie lieferten sogar bereitwillig selbst Material.

      Barschel fuhr in den Osten. Strauß verhandelte über Kredite. Kohl machte seine eigene Politik und Geschäfte. Schäuble sorgte nach 1990 zusammen mit den Stasi-Generälen dafür, dass die Stasiunterlagen der westlichen Politiker nicht an die Öffentlichkeit kommen.

      Der Erfüllungsgehilfe war unser geliebte Präsident Gauck.

      Es gibt zum Einigungsvertrag einen geheimen zusätzlichen Vertrag, den die Öffentlichkeit nicht kennt, heißt es.

      Stasi-Mitarbeiter, einflussreiche Stasi-IMs arbeiten heute an den Entscheidunsstellen, sinb Anwälte, Manager und beeinflussen wesentlich die Politik mit ihren verquerten Vorstellungen von Moral und Ethik.

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  7. Weil man es nicht oft genug posten kann:
    Der Stasi-Vergleich hinkt, aber nicht zulasten der Stasi.
    http://apps.opendatacity.de/stasi-vs-nsa/

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    1. Viel aufschlussreicher als die Datenmenge ist deren Auswertung, wofür man nach wie vor Menschen benötigt.

      Mitarbeiter
      NSA: (2006) 35.321
      Stasi (1998): 91.000 hauptamtliche,
      dazu 4.350 hauptamtliche offiziere und inoffizielle Mitarbeiter, dazu 174.000 "nebenberufliche" Mitarbeiter.

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    2. Sorry, Zahlendreher.
      Ich meinte natürlich Stasi (1989) !

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    3. Bei uns wird nach den Stasimethoden zum Teil öffentlich gearbeitet, genauer pseudoöffentlich.

      Die Existenzvernichtung erfolgte ín der DDR im Geheimen. Bei uns sind es mehr als 100.000 Anwälte und Richter, die das tun.

      Was die Zahlen betrifft, so kann heute eine Person, dank Computer und den Programmen eine Leistung erbringen, Informationen besorgen, für die zu den Stasizeiten mehr als 100 Menschen gebraucht wurden.

      Außerdem gewährleistet eine höhere Zahl an Geheimdienstlern mehr Demokratie als eine geringere Zahl. Es ist wie mit der Armee. Eine Wehrpflichtarmee mit vielen Soldaten ist schwerer zum missbrauchen, als Eliteeinheiten mit bester Technik.

      Insofern sind die o.g. Zahlen wertlos.

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