In Thüringen gibt es zwei zugelassene Rechtsanwälte, die werben im Internet und auf großflächigen Plakaten in ihrer Region damit, "Volksanwälte" zu sein. Bemerkenswert an dieser Werbung ist, dass die beiden Herren Werbung nicht für sich als Rechtsanwälte machen, sondern für eine Partei, deren örtliche Spitzenkandidaten sie gleichzeitig sind. Deren Website kann man hier sehen; von den Inhalten dieser Website distanziere ich mich ausdrücklich. Macht man ja heute so. Dort ist unter anderem von der "Willkürherrschaft der Regierung Merkel" die Rede, die man beenden möchte.
Die Jusos haben laut Presseberichten Strafanzeige gestellt, wohl wegen des Vorwurfs nach § 132a StGB "Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen". Diese Norm mag sogar einschlägig sein, wenn auch hierzulande wenig bekannt sein dürfte, dass "Volksanwalt" anderswo - nämlich in Österreich - tatsächlich ein öffentliches Amt ist; die Volksanwaltschaft ist in Österreich ein Organ zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung. Ob die beiden Herren auf dem Plakat das wussten, mag man bezweifeln.
Sie beziehen sich mit ihrem
Das alles dürfte neben der möglicherweise strafrechtlichen Relevanz gegen diverse weitere Rechtsvorschriften, insbesondere aus dem anwaltlichen Berufsrecht, dem Wettbewerbsrecht und auch dem Wahlrecht verstoßen, denn die beiden Herren vermengen munter ihre berufliche Vertrauensstellung mit politischen Aussagen in einer Form, die geeignet ist, allerlei Missverständnisse hervorzurufen. Da wäre eine Strafanzeige vielleicht gar nicht der am nächsten liegende Schritt.
Wirklich erschütternd ist allerdings, welche politischen Assoziationen mit dem Begriff "Volksanwalt" geweckt werden und ganz offenbar auch geweckt werden sollen. Aus dem deutschen Rechtskreis vergangener Zeiten denkt man da sogleich an den Volksgerichtshof und dessen Präsidenten, dessen Name heutzutage als Beleidigung gewertet wird.
Das Wort "Volk" im Titel erinnert äußerst unangenehm an Zeiten, in denen versucht wurde, die niederen Instinkte einiger Menschen als "Volkes Wille" zu verkaufen. "Das Recht, wie es im Volke wohnt" (J. H. v. Kirchmann), den "Volksgeist" (Savigny) wollten die Juristen der deutschen Romantik wieder entdecken und schufen einen Gedanken, das später als "gesundes Volksempfinden" allergrößtes Unheil anrichtete.
Dieses Volksverständnis sollte niemand zurück haben wollen. Wer diese Worte wählt, der spielt vorsätzlich mit dem Feuer.
Vielleicht sollte sich allerdings auch der Gesetzgeber einmal ernsthaft Gedanken darüber machen, ob die Formel "Im Namen des Volkes" vor jedem Rechtsspruch wirklich glücklich gewählt ist.
Ich persönlich finde "im Namen des Volkes" sehr treffend, um zu verdeutlichen, dass das Gericht nicht im Namen der Richter, der Politik oder der Justiz urteilt.
AntwortenLöschenFür den Link zu der schrulligen Website herzlichen Dank!
'Im Namen des Volkes' bedeutet jedoch 'Im Auftrag des Volkes'.- Der VRILG a.D. Karlsruhe Fischer verkündete immer "Im Namen der Strafkammer". Dies ist zulässig und zutreffender.
LöschenDa haben Sie Recht. Meine Formulierung sollte in der Tat etwas provokant sein. "Im Namen des Volkes" ist natürlich gemeint als Gegensatz zu einer Rechtsprechung, die sich auf einen einzelnen Herrscher beruft. Wenn man den Begriff des "Volkes" allerdings oft genug verhunzt, kann selbst diese Formel irgendwann einen faden Beigeschmack bekommen.
AntwortenLöschenWenn man die Abgaswerte der Diesel-VWs "verhunzt", bekommt die Marke 'Volks'wagen einen rußigen Beigeschmack.
LöschenEin Mensch, der von einer "Willkürherrschaft der Regierung Merkel" schwallbadert, ist in meinen Augen entweder nicht ganz richtig im Kopf, oder hat nicht begriffen, was Willkürherrschaft bedeutet. Umso schlimmer, wenn dieser Mensch auch noch Organ der Rechtspflege sein will. Aber es ist ja schon lange offensichtlich, dass es den Figuren besagter Partei überhaupt nicht um Fakten geht, sondern darum, für Hetz- und Lügenpropaganda empfängliche Teile der Bevölkerung als nützliche Idioten einzufangen.
AntwortenLöschenUnd doch geht alle Staatsgewalt vom Volke aus, Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz.
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