Dienstag, 22. November 2016

Stärke 10 auf Richterscore


Man kennt die Richter-Skala, die die Stärke von Erdbeben misst; aber kennen Sie auch schon Richterscore? Das ist eine Website, auf der man als Rechtsanwalt Richter bewerten und bisherige Bewertungen soll einsehen können. Das ist für den einen oder anderen Richter vielleicht auch so eine Art Erdbeben. Die FAZ berichtet hier.

Die Richterschaft findet Richterscore nämlich gar nicht so gut. In der FAZ wird der Deutsche Richterbund mit der Aussage zitiert, man sehe dadurch "die Neutralität der Richter in Frage gestellt", weil sich dadurch "Details über Richter und deren Entscheidungstendenzen zusammenstellen" ließen. Warum die Kenntnis derartiger Details gerade die Neutralität gefährden sollte, erschließt sich dem geneigten Leser nicht so ohne weiteres, aber das geht mir bei etlichen Urteilsbegründungen ähnlich.

"Einzelne Richter stünden zunehmend unter Beobachtung" lässt sich der Vorsitzende des Richterbundes zitieren und man möchte ihm zurufen: Ist es nicht genau das, was die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung gerade bezwecken möchte, nur eben viel, viel effektiver? Richter sollen sich doch gerade gegenüber dem Volk verantworten, in dessen Namen sie urteilen. Das können sie hier, aber sie wollen nicht.

Der Vorsitzende fürchtet eine "Personalisierung der Justiz", die dazu führen könnte, "dass Richter nicht mehr nach ihrer Rechtsprechung, sondern nach ihren Neigungen beurteilt" würden. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Von was für Neigungen mag der Herr Vorsitzende da sprechen? Meint er etwa die Neigung, gerne auch mal ohne ausreichende Beweise zu verurteilen? Oder die Neigung. den Angeklagten von oben herab zu behandeln und die Verteidigung zu ignorieren?

Dann könnte dieses Bewertungsportal das erste Bewertungsportal werden, das ich ausdrücklich begrüße.







6 Kommentare:

  1. Schade, dass nur Anwälte zugelassen sind. Ich als Bürger hätte über einige Richter auch etwas beizutragen.

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  2. Das ist wohl ein branchenspezifisches Problem. Insbesondere Angehörige des öffentlichen Dienstes finden es stets unzumutbar, sich öffentlich bewerten zu lassen. Ich erinnere mich an Spickmich.

    Lieber Herr Nebgen,

    ich schreibe selten, aber bei dieser Gelegenheit: vielen Dank für Ihren Blog!

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  3. eine andere Seite ist
    http://blogs.fu-berlin.de/soellner/

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  4. Na ja, vielleicht ist Richterscore ja genau so seriös wie die FOCUS-Auszeichnung der Top-Anwälte.
    Warum ausgerechnet immer die Anwälte Hoenig, Siebers, Braun und Petzold, die sich gegenseitig auf den blogrolls verlinken, diese Auszeichnung erhalten bzw. welche "Recherchemethode" FOCUS dafür verwendet, bleibt schleierhaft. Laut Herrn Burhoff durfte man 2013 jedenfalls für das "Top-Anwalts"-Siegel des Focus 7.500 € abdrücken....
    Vielleicht kann man als Richter ja auch bald ein solches "Qualitätssiegel" gegen ein kleines Entgelt erwerben?

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  5. Wir denken drüber nach. Aber bislang hat kein Richter Interesse an so einem Siegel bekundet.

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