Mittwoch, 6. Mai 2015

Schuldig? Unschuldig? Unsinnig!


Ein Rechtsanwalt wurde von seiner Kammer gerügt. Die Rüge ist die schärfste Sanktion für berufsrechtlichtliche Verfehlungen, die der Rechtsanwaltskammer zur Verfügung steht. Der Rechtsanwalt hatte mittels einer Postkarte geworben. Auf der Postkarte befand sich ein Bild mit der Überschrift "Unschuldig". Auf der Rückseite fand sich dazu folgender Text:
"Schuldig? Unschuldig? Das ist erst die zweite Frage. Die erste ist, ob sie einen guten Verteidiger haben. ... Beauftragen Sie einen Profi."
Das hält die zuständige Kammer für berufsrechtswidrig und begründet das mit folgenden Erwägungen:

Der Text erkläre, "wie auch ein Unschuldiger einen Freispruch" erlange. Er müsse "nur einen Profi beauftragen." Diese Aussage sei "unsachlich, weil sie nicht richtig" sei.

Diesen Unsinn haben ZEHN studierte Vorstandsmitglieder einer RECHTSANWALTSKAMMER unterschrieben. Man fasst es nicht.

In den zwei zitierten Sätzen stecken so viele Denkfehler, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Wir belassen es hier mal bei der berechtigten Empörung darüber, dass die Kammer (!) offenbar der Auffassung zuneigt, ein Verteidiger dürfe einen "Unschuldigen" nicht auf Freispruch verteidigen. Ich habe die Damen und Herren zunächst einmal auf die Existenz einer so genannten Unschuldsvermutung hingewiesen. Die scheint in diesem Bezirk noch nicht so bekannt zu sein.

5 Kommentare:

  1. Wer unschuldig ist, werfe den ersten Stein oder beauftrage einen Profi. Die Bibel muss umgeschrieben werden!

    AntwortenLöschen
  2. Unschuldsvermutung? Bei der Staatsanwaltschaft Hamburg ist das ein nicht definierter Begriff, ein Staasfeind, der unnötig übergreifende Ermittlungen behindert. Kein Wunder, dass die Kammer es für falsch hält, dass ein Unschuldiger einen Freispruch erlangt. 3-)

    AntwortenLöschen
  3. Das kann Dir jetzt bei der Berliner RAK auch passieren, nachdem jeden Menge Syndikusanwälte im Vorstand sitzen, die sich sicherlich gegen Ende ihrer Legislatur in das anwaltliche Berufsrecht eingearbeitet haben werden.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. ... Und diese Kammer war mit wem besetzt? Genau, niedergelassenen Kollegen.

      Gruß
      Ein Syndikus

      Löschen
  4. Ob das "Un-" hier nicht schlicht ein Schreib- (oder Formulierungs-)fehler war ? Wenn man es weglässt, ergäbe der Vorwurf der Kammer einen gewissen Sinn.

    Die von ihr unterstellte Werbeaussage des Anwalts ließe sich dann so verstehen: "Ich bin ein Profi und haue Dich raus, egal ob Du schuldig oder unschuldig bist."

    AntwortenLöschen