Freitag, 7. November 2014

Menschenrechte als Problem


Das Sexualstrafrecht soll mal wieder verschärft werden. Der Bundesjustizminister möchte "Lücken im Strafrecht schließen", heißt es. Betroffen sei insbesondere § 177 StGB, der die Vergewaltigung unter Strafe stellt. Kurz: Es werde derzeit nicht alles als Vergewaltigung bestraft, was eigentlich Vergewaltigung sei.

Die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung ergibt sich möglicherweise - ganz einig ist man sich da nicht - aus Art. 36 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vom 11. Mai 2011 (ETS 210), der so genannte "Istanbul-Konvention" (I-K). Dieses Abkommen wurde von Deutschland bisher nicht ratifiziert, soll jetzt aber umgesetzt werden. Eine schöne Darstellung der derzeitigen Rechtslage findet sich bei HRRS.

Dazu will das Bundesjustizministerium jetzt einen Referentenentwurf vorlegen. Das hat der Bundesjustizminister gestern angekündigt. Deshalb die rege Presseberichterstattung zu diesem Thema.

Künftig soll "jede nicht einvernehmliche sexuelle Handlung" unter Strafe gestellt werden. Wie das funktionieren soll, wird nicht gesagt. Dieser Schwäche scheint man sich im BMJ auch einigermaßen bewusst zu sein. Der Bundesjustizminister wird mit den Worten zitiert, es bliebe

"allerdings wohl das Problem, dass im Falle von Vergewaltigungen oft Aussage gegen Aussage stehe und es dann heiße, im Zweifel für den Angeklagten." 

Man mag es kaum glauben. Hier bezeichnet ein Bundesjustizminister den  Grundsatz "in dubio pro reo" - der Zweifelssatz -  als "Problem". Es sei daher "Sorgfalt notwendig, um die Situation von betroffenen Frauen auch wirklich zu verbessern."

Was soll das denn heißen? Vielleicht, dass man sehr sorgfältig sein muss, wenn man die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) umgehen will? Damit es möglichst keiner merkt?

11 Kommentare:

  1. Aussage gegen Aussage ist doch der größe Blödsinn.
    Die Frau ist Zeugin, zur Wahrheit verpflichtet und daher glaubwürdig, der Mann ist Beschuldigter, darf lügen und ist daher unglaubwürdig.
    Und das vom Justitzminister. Der wäre besser Pförtner geworden :(

    AntwortenLöschen
  2. Unerträgliche Symbolgesetzgebung ist das. Durch diese Gesetze werden Vergewaltigungsopfer nicht besser geschützt. Eher wird missbräuchlichen Falschanzeigen Vorschub geleistet.

    AntwortenLöschen
  3. Meiner Ansicht nach bezieht sich „Problem“ auf Aussage-gegen-Aussage. Das ist in der Tat ein „Problem“, denn das Beweisproblem in dieser Konstellation wird bleiben, egal wie der Tatbestand modifiziert wird.

    AntwortenLöschen
  4. Es ist überhaupt kein Problem, dass der Justizminister den Umstand, dass Vergewaltigungsopfern so gut wie nie ein Dritter als Zeuge zur Verfügung steht, als "Problem" bezeichnet.

    AntwortenLöschen
  5. Die Menschenrechte? Da sind doch die Rechte aller Menschen, also weiblich und männlich gemeint, nicht wahr?

    Das Problem ist für die Befürworter der Verschärfung des §177 , der Abschaffung der Unschuldsvermutung ,dem "Problem "Aussage gegen Aussage" , sowie in dubio pro reo doch nur jeder Mann!

    Der in den Augen der InitiantInnen sowieso ein Schwein und potenzieller Vergewaltiger ist. Und wenn es um den geht, dann sind die Menschenrechte doch zweitrangig.

    @Thorsten ich stimme Ihnen vollumfänglich zu.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Oh nein, die Lausemädchen (Kachelmann-Groupies) sind da ...

      Löschen
    2. Was für ein primitiver Kommentar- aber eben Anonym! Das passt!

      Löschen
  6. Das Problem ist eher, wie man - rein vorsorglich - zukünftig rechtssicheren Verkehr haben soll. Beim Tatbestandsmerkmal der Gewalt ist ja oftmals ein Beweis möglich durch Gewaltspuren.

    Das Weglassen dieses Tatbestandsmerkmal, dessen Anknüpfungspunkte aus der deutschrechtlichen Tradition stammen, wird zu mehr Ermittlungsverfahren führen, jedoch wohl zu weniger Rechtssicherheit.

    Bisher ist das Einverständnis bereits Tatbestandsmerkmal. Aber wie weist man es nach? Wie weist man das fehlende Einverständnis nach? Verlagert man dann nicht wieder alles auf den Vorsatz? Je mehr man den Fokus auf die Einverständnis legt statt auf die Gewalt, wird man zwangsläufig zu mehr Beweisproblemen stoßen. Dass der Gewaltbegriff der verschiedenen BGH-Senate durchaus selbst problematisch ist, sei da mal nicht erwähnt.

    Ich kann verstehen, dass man eine Abkehr vom Gewaltmerkmal nehmen will. Es gibt einige Fälle, wo man unschöne Ergebnisse rechtspolitischer Art hat. Da sich die Bundesrepublik zudem einem int. Abkommen angeschlossen hat, was genau auf das Einverständnis nur abstellt, bleibt wohl für die Umsetzung auch keine andere Wahl - zumindest auf lange Sicht.

    Gut finde ich diese Entwicklung aber nicht. Diese teilweise als Amerikanisierung bzw. Modernisierung bezeichnete Reformbestrebungen im deutschen Strafrecht führt zu einem anderen Rechtsverständnis. Viel mehr wird kriminalisiert. Mehr Verhalten durch das Strafrecht "geordnet" und das in einer immer mehr frei werdenden Gesellschaft. Die Schwellen abzusenken - auch wenn im Gegenzug dann sicherlich eine gewisse Abstufung - ist gesellschaftlich schwierig.

    Ich kann die Frauen gut verstehen, die für eine solche Änderung eintreten. Es sind überwiegend Frauen. Es sind auch meist Frauen, die Vergewaltigungsfälle staatsanwaltlich bearbeiten. Die Ergebnisse sind teilweise hart mit dem Gewaltmerkmal bzw. dessen Varianten wie die Schutzlosigkeit. Aber wäre es für einen Bürger nicht besser, wenn er statt durch das Strafrecht in Form von abgesenkten Strafbarkeitsschwellen durch eine selbst erlernte Emanzipation in Form von Gegenwehr oder von Weggehen geschützt wird. Sicherlich eine sehr männliche Sicht, aber mir fehlt schlicht das Verständnis für das Absenken der Schwellen.

    Bei diesem Justizminister kann man aber davon ausgehen, dass er sich gegen diese Forderung von Juristinnen nicht wehren wird und wehren kann. Dazu ist er zu schwach.

    AntwortenLöschen
  7. Übrigens:

    An amerikanischen Hochschulen kochte das Problem in der letzten Zeit sehr hoch. Inzwischen erlassen die Unis daher jetzt Verhaltensregeln für den studentischen Beischlaf. Interessante Rechtsentwicklung.

    AntwortenLöschen
  8. Nachweis der Einvernehmlichkeit durch Beleg einer Geldzahlung ... die Nutten wirds freuen .. ach nee, das Rotlichtmilieu soll ja auch ausgedünnt werden ... DEUTSCHLAND STIRBT AUS! WIR MÜSSEN ALLE AfD WÄHLEN!

    Ich wandere aus.

    AntwortenLöschen
  9. Für das Problem kann es doch nur eine Lösung geben:
    Mann muss Frau ein Formular vorlegen, auf dem diese Unterschreiben muss, dass sie in den Geschlechtsakt einwilligt und ein Notar muss dabei sein und bestätigen, dass die Dame im Vollbesitz ihrer Geistigen Kräfte ist (also nix Alkohol oder Drogen, etc.) und "alles mit rechten Dingen" zugegangen ist.
    Also wo ist das Problem?

    AntwortenLöschen