Mittwoch, 6. August 2014

Der Durst nach Knast


Was ist eigentlich so schlimm daran, dass das Strafverfahren gegen Bernie Ecclestone gegen eine Geldauflage von 100.000.000,00 US$ eingestellt wurde? Das ist schließlich sehr viel Geld. Aber irgend etwas scheint damit nicht in Ordnung zu sein, denn viele regen sich auf. Heribert Prantl von der SZ z. B. sieht einen "gewaltigen Vertrauensverlust" in die Strafjustiz. Warum eigentlich?

In einer flugs von der BILD eingeholten Stimmungsfrage fanden es 80 % der Teilnehmer nicht richtig, dass Bernie Ecclestone sich auf diese Weise "freikaufen" konnte. Vielleicht war da aber auch die Fragestellung bereits etwas tendenziös.

Offenbar haben viele Menschen Erwartungen an die Strafjustiz, die durch eine Geldauflage nicht erfüllt werden. Die Menschen dürsten nach Rache Strafe, und zwar nach Freiheitsstrafe, nach Gefängnis. Die Frage, welchem Zweck ein 83 Jahre alter Multimillionär im Gefängnis dienlich wäre, scheint sich für viele nicht zu stellen, denn die Antwort auf diese Frage ist denkbar einfach: Freiheitsstrafe nutzt nichts und niemandem. Ihre Vollstreckung kostet vielmehr einen Haufen Geld.

Weshalb also sind die Menschen so enttäuscht, wenn jemand nicht ins Gefängnis muss? Sind das alles Sadisten?

Es hat ganz stark den Anschein.

11 Kommentare:

  1. Wahrscheinlich deswegen, weil sie als "Normalbürger" in den Knast gehen müssten und sich nicht "freikaufen" könnten. Und dass der Nicht-Jurist dies als ungerecht empfindet, kann ich sogar verstehen.

    Die Einstellungsentscheidung hat - zumindest für den gebildeten juristischen Laien - schon den Anschein einer versteckten "Vermögensstrafe", die ja eigentlich verfassungswidrig ist.

    AntwortenLöschen
  2. Dass sich der Normalbürger nicht freikaufen kann ist aber auch Unfug.

    Klar kann sich keiner so leicht eine 100.000.000 Mio Dollar Summe aus dem Ärmel schütteln, wer weniger hat kommt aber genauso einfach mal mit 150 oder 200 € davon, was dann im Verhältniszu dem was man sonst hat der oben genannten Summe durchaus entsprechen kann.

    Was kommt denn als nächstes`? Regen sich dann die Leute auf, dass jemand einfach nur Sozialstunden leistet weil er sich eine Geldauflage nicht leisten kann und wollen dann auch lieber Schwitzen?

    AntwortenLöschen
  3. Einstellung gegen 150,- oder 200,- Euro? Welches Gericht macht denn so etwas mit? Richter und Staatsanwälte sind dann auch nur Menschen:

    1.) "Der Aufwand bis hierher und das, was uns an Aufwand noch erwartet, gegen 100 Mio. US-$? OK, passts."

    2.) "Erst der ganze Aufwand bis hierhier und dann nur 200,- Euro? Neeeeee... wirklich nicht. Dann machen wir weiter. Der wird am Ende die höhere Strafe aus Angst vor der Ersatzfreiheitsstrafe schon irgendwie zusammenkratzen."

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Einstellungen gegen Geld- oder Arbeitsauflage sind Alltag, das gibt es an den Gerichten in der Republik täglich hundertfach. Ohne § 153a wäre der Laden längst dicht. Und es gibt gerade bei sozial Schwachen durchaus Auflagen im unteren dreistelligen Bereich, jedenfalls beim Amtsgericht. Da sind ja teilweise auch die Schäden nicht höher. Man hat also in München definitiv nichts Neues erfunden.

      Löschen
  4. Das ist Kapitalismus - Nicht mehr und nicht weniger. Das Volk will immer gute Gesetze sehen, in ein auf Korruption aufgebautes System. Das funktioniert nicht. Wer Geld hat bleibt reich, wer keines hat bleibt arm. Da können sie noch so viel, mit der mit ihrer eingebildeten ehrlichen Wirtschaft daherkommen und dem rechtschafffenden Bürger herum heucheln, das interessiert den Kapitalismus nicht.

    AntwortenLöschen
  5. Auch ohne sadistische Züge darf man Zweifeln, vgl. hier http://blog.beck.de/2014/08/06/ecclestone-zum-eingestellten-prozess-ich-finde-das-kapitalistische-system-gut

    AntwortenLöschen
  6. Kapitalismus böse böse.... Die Platte ist nun auch schon alt..... Und der § 153a gilt halt trotzdem für alle. Sogar für Kapitalisten und andere schlimme Finger.

    AntwortenLöschen
  7. Es ist natürlich nicht ganz glücklich, dass ausgerechnet ein Verfahren wegen Bestechung (bzw. Beihilfe zur Bestechlichkeit) nach § 153a StPO eingestellt wird. Trotzdem ist es doch erschreckend, in wie vielen auch seriösen Medien man immer wieder liest und hört, ein "Normalbürger" hätte in einem solchen Fall nicht mit einer Einstellung rechnen können. Es wäre schön, wenn sich der eine oder andere Journalist, der so einen Senf von sich gibt, einfach mal einen Tag lang in eine Strafrichterverhandlung setzen würde, um zu sehen, was beim Normalbürger so alles eingestellt wird.

    Wenn es dem "Bürger auf der Straße" nicht passt, dass häufig nach § 153 a StPO vorgegangen wird, gibt es einfache Abhilfe: Mehr Staatsanwälte, mehr Richter, genug Zeit, um Fälle wirklich aufzuklären - und die Einstellungsquote wird deutlich abnehmen. Und wahrscheinlich zu gleichen Teilen die Quoten der Verurteilungen und der Freisprüche anwachsen lassen...

    AntwortenLöschen
  8. Es will mir nicht in den Kopf, wie der Bestochene 8 Jahre Knast bekommen kann und beim Bestecher ist der Tatnachweis nicht zu führen und deshalb wird gegen gigantische Auflage eingestellt. Die BayernLB lässt sich übrigens nicht so einfach von Ecclestone abspeisen und wird ihn wohl auf Schadenersatz verklagen:

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ecclestone-bayernlb-lehnt-schadenersatz-angebot-ueber-25-millionen-ab-a-985212.html

    AntwortenLöschen
  9. Wenn es um die Strafe geht, wollen die Menschen solange "Köpfe rollen sehen", bis sie selbst auf der Anklagebank sitzen...

    AntwortenLöschen