Donnerstag, 18. Oktober 2012

Repressive Toleranz


Als ich am Sonntag Jörg Kachelmann bei "Günther Jauch" gesehen habe, fiel mir ein schöner Ausdruck wieder ein. Der Philosoph und Soziologe Herbert Marcuse hat ihn einst in den sechziger Jahren geprägt und die Studentenbewegung hat ihn übernommen. Aktuell ist er etwas aus der Mode gekommen, zu Unrecht, wie ich finde. Der Begriff lautet "Repressive Toleranz"

Repressive Toleranz bezeichnet eine Einstellung, die nicht zwischen richtig und falsch unterscheidet, sondern einfach alles geschehen lässt. Repressive Toleranz unterdrückt nicht aktiv, wohl aber passiv - indem sie Unrecht im Namen falsch verstandener Weltoffenheit geschehen lässt, und sich auch noch gut fühlt dabei; eine vorsätzliche Täterschaft durch Unterlassen sozusagen.

Was das mit Günther Jauch zu tun hat, kann man schön bei Stefan Niggemeier nachlesen. Denn in der angesprochenen Sendung war einer sachlich und im Recht, während andere unsachlich und im Unrecht waren. Dies unkommentiert und unmoderiert stehen zu lassen, heißt, dem Recht und der Vernunft in den Rücken zu fallen.  Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet Jörg Kachelmann - der rechtskräftig zu Unrecht Verfolgte - sich der Diskussion konstruktiv und ruhig stellte, während andere schimpften, logen oder einfach nur Unfug erzählten.

Mittendrin nahm Günther Jauch die Bezeichnung "Moderator" allzu wörtlich und beschwichtigte, wo man sich hätte aufregen müssen. Er bohrte investigativ nach, wo die Sachlage klar war und übergab ansonsten die Verhandlungsleitung ohne Gegenwehr an einen Krawallmacher. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass der ARD dies offenbar nicht etwa versehentlich passiert ist, sondern hinter der Indifferenz ihres Stars Methode zu stecken scheint. Der Chefredakteur ließ verlauten, dass man die "redaktionelle Linie für richtig" erachte.

Auch das sollte man zur Abwechslung mal wieder repressive Toleranz nennen.

6 Kommentare:

  1. Moment mal, Du hast Sonntag nicht Günther Jauch gesehen. Wir haben keinen Fernseher!!!

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  2. Wie jetzt? Fernsehkritik vom Hörensagen? Das ist verboten!

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  3. Er wird sich mit: "Habe ich im Livestream gesehen." verteidigen.

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  4. erinnerte stellenweise alles an Blöd-TV diverser anderer Sender

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  5. Bravo, Herr Nebgen! Endlich mal ein Beitrag von Ihnen, dem ich zustimmen kann.

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  6. PS: Habe auch keinen Fernseher. Bin erst gestern dazu gekommen, die letzte Sendung im Netz abzurufen. (www.güntherjauch.de)

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