Mittwoch, 18. April 2012

Wehe dem, der zurückpöbelt

Ich komme gerade aus einer Strafverhandlung. Dem Mandanten wurde vorgeworfen, eine Polizeibeamtin im Innendienst beleidigt zu haben. Ja, deshalb gibt es nach wie vor Strafverfahren und ja, sie führen auch zu Verurteilungen.

Dem Mandanten war - zu Unrecht - eine unappetitliche Straftat vorgeworfen worden, weshalb er von der Polizei den üblichen Anhörungsbogen erhalten hatte. Im Anhörungsbogen steht üblicherweise drin, was dem Betroffenen vorgeworfen wird und in diesem Fall war der Vorwurf auch durchaus ausführlich beschrieben. Keine schöne Sache.

Der Mandant hat sich dann - wie aufgefordert - zum Vorwurf schriftlich geäußert. Unter den Ausführungen findet sich auch ein Satz, der sinngemäß lautet: "Wenn sie das, was die Anzeigeerstatterin ihnen erzählt, glauben, sind sie entweder bescheuert oder sie unterliegen einer Sinnestäuschung." Die in Bezug genommene Beamtin sah das durchaus sportlich, ihre Kollegin fand, dass ihre Kollegin sich durchaus beleidigt hätte fühlen dürfen und der Dienstvorgesetzte stellte dann den erforderlichen Strafantrag.

Das letztendlich der Strafantrag gestellt wurde, mag auch damit zu tun haben, dass der Mandant mittlerweile erhebliche Amtshaftungsansprüche gegenüber den aus seiner Sicht rechtsgrundlos ermittelnden Beamten angedroht hatte.

Das Ausgangsverfahren ist längst mangels Tatverdacht eingestellt worden, aber die gefühlte Beleidigung, die beschäftigt die Justiz seither und lässt sie nicht mehr los. Kein Wort darüber, dass zu Unrecht Beschuldigte möglicherweise den berechtigten Drang verspüren, ihrem Unmut oder ihrer Angst Luft zu machen. Kein Wort über ein halbes Dutzend teilweise grotesker Verfahrensfehler: Das alles hat ein zu Unrecht beschuldigter Bürger zu dulden. Und wenn er bei seiner Verteidigung dann etwas über das Ziel hinausschießt, wird er eben doch noch bestraft, wenn auch für etwas ganz anderes.

Wehe dem, der zurückpöbelt.


4 Kommentare:

  1. Moin!

    Und was kostet dem mandanten jetzt seine Pöbelei?
    Oder ist das noch nicht entschieden?

    Sabbatti

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  2. Wie wir hier lesen können: Besser erst im Gerichtssaal zurückpöbeln

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  3. Nun ja, in über 90 % der Fälle stimme ich ja deiner Einschätzung zu. Hier frage ich mich allerdings, ob es gerechtfertigt ist, in der Übersendung eines Anhörungsbogens mit aussagekräftiger Beschreibung des Vorwurfes, eine Pöbelei zu sehen...

    Sonst bin ich allerdings auch der Meinung, dass Beamte der Kripo nicht jedes Wort oder jede Gefühlsäußerung auf die Goldwaage legen sollten, die Betroffenen sind schlieslich oft in einer für sie ungewohnten und unangenehmen Situation.

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