Mittwoch, 14. Dezember 2011

Ich leih' mir was

Stellen Sie sich einmal vor, Ihr Mandat wäre der Vorteilsgewähr beschuldigt und würde nun befragt. Man fragte ihn zum Beispiel, ob er denn vom Unternehmen soundso Geld bekommen habe. Die Frage verneint ihr Mandant und schweigt ansonsten. Insbesondere verschweigt er, dass die Gemahlin des Hauptgesellschafters ihm vor kurzen eine halbe Million geschenkt hat. Dummerweise kommt es heraus.

Wie würde sich das wohl auf die Strafzumessung auswirken? Würde man diese Antwort nicht als allzu dreistes Schelmenstück mit einer besonders hohen Strafe sanktionieren? Wahrscheinlich.

So ähnlich wie in diesem Beispiel argumentiert derzeit unser Herr Bundespräsident. Er habe im Landtag die Frage nach Geschäftsverbindungen zu einem niedersächsischen Unternehmer zutreffend verneint. Nur die Gemahlin dieses Unternehmers, die hatte ihm und seiner Ehefrau ein (zinsloses?) Darlehen in Höhe einer halben Million gewährt. Aber das musste er nicht sagen, danach war ja nicht gefragt. Denkt er. Und grinst wahrscheinlich selbstzufrieden in sich hinein.

Mancher mag - wie hier - meinen, da hätte man im Landtag schlicht die falsche Frage gestellt. Aber es ginge wohl etwas zu weit, wollte man neben der Frage nach geschäftlichen Beziehungen auch noch die Frage nach vergleichbaren Beziehungen zu Ehefrau, Kindern, Großeltern, Neffen oder Nichten des Betreffenden stellen.

Sonst leiht er sich nächstens etwas von Nachbars Hund und sagt dann treuherzig, er hätte keine Geschäftsbeziehungen zu seinem Nachbarn.


7 Kommentare:

  1. Das Darlehen war nicht zinslos, sondern mit 4% Jahreszinsen zu verzinsen. Marktüblich waren damals ca. 5%.
    Das Darlehen wurde ohne Grundbuchsicehrung gewährt und vorzeitig abgelöst.

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  2. Kann man bei einem Darlehen aus einem Privatvermögen für das private Haus überhaupt von einer Geschäftsbeziehung sprechen?

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  3. Vorteilsgewähr? Was soll das sein? § 333 StGB? Und wenn ja, wieso soll der Mandant dann Geld angenommen (und nicht gegeben) haben?

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  4. Das Geld der holden Gattin dürfte seinen Ursprung im Geschäft des Mannes gehabt haben. Von daher ist es schon mehr als dreist, darüber zu schweigen, wenn man nach geschäftlichen Beziehungen gefragt wird. Ich könnte mir vorstellen, dass das mit der Frau ein bewusster Trick zur Verschleierung war. Von daher: Hut ab, Herr Wulff! So schlau muss man erstmal sein. Und an die Grünen: dämlich angestellt.

    Aber ob das Ansehen des Bundespräsidenten so keinen Schaden nimmt? Wie konnte dieser Mann überhaupt Bundespräsident werden? Schon seine Wahl war unwürdig. Aber Wulff ist so ein typischer Teflon-Politiker. An dem perlt alles ab.

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  5. Wie war das eigentlich mit der Edelhure? War die eine?

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  6. Hmm, "so ähnlich" trifft es wohl. Nur, dass es nicht die Frau des Hauptgesellschafters war und das Geld im Übrigen nicht geschenkt, sondern geliehen wurde. Und natürlich, dass die im Beispiel skizzierte Vorteilsannahme wohl strafbar wäre, die des Bundespräsidenten aber nicht. Ach ja, und vielleicht, dass ein Bestreiten (durch Lüge) in der Regel nicht strafschärfend berücksichtigt wird - geschweige denn im Vergleich zu einem Angeklagten, der sich überhaupt nicht äußert.

    Aber ansonsten wirklich sehr, sehr treffender Vergleich...

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  7. Es bestätigt sich jetzt, dass das mit der Ehefrau eine Finte war:

    http://www.faz.net/aktuell/politik/umstrittenes-darlehen-wer-war-wulffs-kreditgeber-11566533.html

    Es liegt wohl ein Verstoß gegen das Ministergesetz vor. Ein Lügner ist in meinen Augen als Bundespräsident untragbar. Weg mit ihm. Je früher, desto besser.

    PS: Erstaunen tut mich allerdings, dass der (einstige) Millionärsfreund und Ziehvater seinem Zögling jetzt öffentlich (Spiegel) in den Rücken fällt. Hätte damit gerechnet, dass die Affäre nach der halbgaren Entschuldigung Wulffs beendet sein würde. Ein Armutszeugnis zudem, dass Wulff (selbst Volljurist) jetzt Anwälte für sich sprechen lässt.

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