Dienstag, 22. Februar 2011

Uwe, Helmut, Kristina und Karl-Theodor

Die Konservative scheint ein gestörtes Verhältnis zur geistigen Elite zu haben. Einerseits möchte natürlich jeder dazugehören, anderseits will man es sich auch nicht mit den einfachen Leuten verscherzen, denen allzu hohe Intelligenz verdächtig vorkommt und bei denen diese Engstirnigkeit häufig noch als Renommée gilt. Den Ausführungen im Verfassungsblog ist insoweit fast nichts hinzuzufügen.

Die Wissenschaft haben die Konservativen dabei häufig zwar als Mittel zum Zweck erkannt, nehmen sie aber im Kern nicht ernst. Wie sonst wäre es zu erklären, dass es immer wieder konservative Politiker sind, die sich mit wissenschaftlichen Titeln schmücken, hinter denen nichts steckt? Ebenfalls bemerkenswert ist die Gleichgültigkeit, mit der die Anhänger derlei Missbrauch zur Kenntnis nehmen, ohne - wie sonst immer - nach strengeren Gesetzen oder auch nur nach Ahndung der Verstöße zu schreien. Stattdessen wird verharmlost was das Zeug hält, wo die gleiche Klientel sonst bei kleinsten Verstößen nach Recht und Gesetz ruft.

Das war so bei Helmut Kohl, dessen erfolgreiche Promotion sich nicht einmal dessen Doktorvater selbst erklären konnte, und dessen Doktorarbeit seit dessen plötzlichem Amtsantritt als Bundeskanzler verschollen ist; das war so beim Doppeldoktor Uwe Barschel, der sich mit ein und derselben Arbeit gleich zwei Doktortitel in verschiedenen Fachrichtungen verschafft hatte und daraufhin auch von eigenen Parteifreunden als Dr. Uwe Uwe Barschel verballhornt wurde; und es ist so bei Karl-Theodor zu Guttenberg. Dabei haben wir über die aktuelle Familienministerin Kristina Schröder geb. Köhler noch gar nicht geredet, die sich bei ihrer Promotion gleich von der Bundeszentrale der CDU hat zuarbeiten lassen, was in letzter Zeit zu Unrecht etwas aus den Schlagzeilen verschwunden ist.

Das alles kann man eigentlich nur mit Bestürzung zur Kenntnis nehmen, aber Hundertausende von Freiherren-Fans halten ungerührt zu ihrem Idol, wie sie es auch in früheren Fällen getan haben. Was kümmern uns Recht und Gesetz, wenn es um unsere eigenen Leute geht.

6 Kommentare:

  1. Vielleicht sind die "Freiherren-Fans" auch einfach nur des mit einer gewissen Häme vollzogene "Freiherren-Bashings" überdrüssig, welches jedes angemessene Maß überschreitet? ;)

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  2. Das mit Kohl ist eine Legende:
    http://www.cicero.de/97.php?item=496&ress_id=4

    Ansonsten stimme ich Ihnen zu: Hier wird unter Bedingungen promoviert, die für normalsterbliche nie und nimmer gangbar wären. Peinlich!

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  3. Freiherren-Bashing ist jetzt langweilig.

    Dr. Gregor Gysi im Aufbau-Verlag 1975 - Diss-Thema:

    "Zur Vervollkommnung des sozialistischen Rechtes im Rechtsverwirklichungsprozeß"

    Es gibt Dissertationen, deren Thema bereits den Träger disqualifiziert. In die Fußnoten muss man nicht schauen. Einen Zwang, solche Kracher zu schreiben, gab es in der DDR genausowenig, wie er auf KTG ausgeübt wurde :-)

    KTG hat ein wissenschaftliches Glaubwürdigkeitsproblem? Hat Gregor G. dann ein Glaubwürdigkeitsproblem mit der Demokratie? Wenn nicht, darf man ein solches aus seiner Diss schließen? Wenn nicht, warum bei KTG?

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  4. Wow..beeindruckend mit welche empirisch unzulässigen Methoden hier bez der Konservative sodann unhaltbare Schlüsse gezogen werden...
    Ebenso die autoritäre Art, zu beurteilen, welche Themen einer Diss wiss. ergiebig sein sollen...
    Los, Mob, hetz, hetzt...
    Die Menschlichkeit misst sich daran, wie die Mehrheit mit der Minderheit umgeht..ich denke, damit qualifiziert sich die Kommentare.

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  5. Der Fall von KTG ist für mich klar und ich kann nur hoffen, dass er wenigstens irgendwann doch noch den Anstand aufbringt die Konsequenzen zu ziehen.
    ZU Kohls Arbeit hat ja schon einer einen hinreichenden Hinweis gegeben. Was genau an Schröders Arbeit verwerflich oder zweifelhaft sein soll erschließt sich mir nach dem lesen des verlinkten Artikels allerdings nicht.
    Es ist durchaus üblich, dass man bei einer Arbeit die Umfragen und statistische Auswertungen beinhaltet für diese Teile Hilfe / Hilfskräfte heranzieht. Und gerade für die Auswertung ist es nicht nur üblich, sondern angeraten durchaus kompetetente Kräfte und nicht einfach xy dafür zu nehmen.

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  6. In dem gerade erschienenen Krimi "Satyrierte Herren" schreibt ein fiktionaler Charakter Doktorarbeiten (u.a. für die politische Prominenz). Ich hätte das für eine hanebüchene Erfindung gehalten... doch dann fiel mir der Fall des Ministerpräsidenten von Schläfrig Holzbein "Baby Doc Doc" aus den 80ern ein: 28 Jahre jung, ein führendes Parteiamt und zwei Doktortitel so nebenbei. Jeder, der einmal (und seins eine poplige) Diplomarbeit geschrieben hat, weiß: da stimmt was nicht. Das Volk aber soll nicht nur glauben "Wunder gibt es immer wieder" sondern auch, es werde von Genies regiert.

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