Dienstag, 19. Oktober 2010

Auf der Flucht zur Presse

Was mache ich als flüchtiger Straftäter, wenn ich Hilfe brauche? Richtig: Ich rufe die BILD-Zeitung an.

Und beschwere mich dort, wie ungerecht das alles ist. Dass die Richter an die sechs Jahre Freiheitsstrafe, zu denen sie mich wegen vielfachen Betruges verurteilt haben, noch Sicherungsverwahrung drangehängt haben, wo doch andere viel böser sind. Er wäre sogar bereit sich zu stellen, wenn die - rechtskräftige - Sicherungsverwahrung aufgehoben werden würde.

Das toppt sogar noch den Bericht der Hamburger Morgenpost, die tags zuvor bereits die Schwester des Flüchtigen darüber hatte schwadronieren lassen, dass z. B. Kinderschänder doch viel schlimmer wären und man die aber gar nicht oder jedenfalls nicht so hart bestrafen würde wie ihren Bruder, der doch niemandem geschadet hätte. Außer ein bisschen betrogen vielleicht.

Man bemerke: Das ist dieselbe Presse, die überschwängliches Lob an RTL2 und die berüchtigte Freifrau verteilt, weil die so effektiv Jagd auf die bösen Verbrecher machen.

Wann ruft der erste Sexualstraftäter bei Kai Dieckmann an und wie wird er darüber berichten?

3 Kommentare:

  1. Klar ist es kein Argument, dem man Beachtung schenken sollte, dass andere Menschen "viel viel böser" sind.

    Dennoch kann es durchaus sein, dass der Mann für eine solche Aussage von der Allgemeinheit Zuspruch bekommt. Man (ich auch) ist einfach geneigt den Schaden, der durch Kindesmissbrauch entsteht, wesentlich höher zu gewichten, als andere Verbrechen. Und es ist der Allgemeinheit auch schlecht vermittelbar, warum so mancher Täter aus diesem Deliktsbereich scheinbar so milde bestraft wird. Schnell wird dort nach der Gerichtsbarkeit des Mittelalters gerufen. Da diese sich nicht so leicht wieder herstellen lässt, wird alternativ verlangt, andere Verbrechen noch geringer zu bestrafen. (Welch Logik!)

    Freilich ändert das alles nichts daran, dass die Allgemeinheit ebenso dauerhaft vor einem notorischen Betrüger geschützt werden muss. :-)

    Aber man muss dem Ausbrecher bzw. seiner Familie zu Gute halten, dass sie von der Politik gelernt haben, zur Durchsetzung eigener Interessen das Thema "Kindesmissbrauch" so zusagen zu missbrauchen. Es eignet sich offenbar prima zur Ablenkung vom eigentlichen Ziel. So wird "Kindesmissbrauch" irgendwann zum festen Bestandteil des allgemeinen Bullshit-Bingos.

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  2. Tja, und dank dem Bundesverfassungsgericht kann man den Herrn auch nicht über seine Telefonnummer aufspüren, da ja das diffuse Gefühl des Beobachtetseins in der Bevölkerung einer Vorratsdatenspeicherung entgegen steht.

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  3. Bullshit-Bingo ist Klasse ! :-)

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