Mittwoch, 11. August 2010

Aus dem zivilrechtlichen Abgrund ans Licht

Eben habe ich auf der Geschäftsstelle des Landgerichts angerufen. Es geht um die Entscheidung in einer eigentlich unspektakulären Unfallsache, über die ich wegen der prozessualen Eskapaden des Gerichts hier einmal berichtet hatte .

Das Gericht hatte nach knapp sieben Jahren Verhandlung eine Entscheidung in Aussicht gestellt und den Termin bisher erst zweimal verschoben -zuletzt auf gestern. Trotzdem rufe ich voller Spannung bei Gericht an, um zu erfahren, ob das Elend vielleicht doch endlich ein Ende genommen haben könnte. Der Kläger hatte zuletzt von meinen Mandanten Schadenersatz wegen entgangenen Gewinns in Höhe von EUR 46.860,11 haben wollen. Pure Spannung.

Die erste Hürde ist genommen: Eine Justizsekretärin von der zuständigen Geschäftsstelle meldet sich. Ich nenne das Aktenzeichen, frage nach der gestern ergangenen Entscheidung; ich vernehme suchendes Rascheln.

Schließlich dringt ihre Stimme wieder an mein Ohr; sie hat etwas gefunden und liest es mir vor! Ich halte den Atem an. Es ist ein Urteilstenor!

Er fängt schlecht an. Mit: "Die Beklagten werden verurteilt...".

Die Dame holt Luft. Unfassbar!

"... an den Kläger als Gesamtschuldner..."; das wird ja immer schlimmer!

Aber dann: "...23 Euro 30 zu zahlen."

Das hört sich doch gut an! Warum nicht gleich so?

4 Kommentare:

  1. Lustig! Nur verstehe ich nicht ganz, wer diese enorme Summe (beinahe drei volle Tageslöhne eines "Ein-Euro-Jobbers") denn noch bezahlen soll? Ich denke der Beklagte ist bereits vor zwei Jahren verstorben. Hätte das Verfahren mit dem Tod des Beklagten nicht eingestellt werden müssen oder geht es ab dem Zeitpunkt darum aus der Erbmasse entschädigt zu werden? Und wer bezahlt eigentlich den armen Anwalt? (Wie schon mal angemerkt bin ich einer der wenigen mitlesenden _Laien_.)

    Im übrigen aber herzlichen Glückwunsch zu diesem Prozessausgang. :-)

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  2. Ich bin auch ein mitlesender Laie :-)

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  3. Liebe mitlesenden Laien, anonym oder allwissend,

    Sie sind Opfer meiner dramaturgischen Verkürzung geworden. Es gibt zwei Beklagte, und zwar eine - Achtung - jetzt kommt ein Juristenunwort - Naturalpartei (sprich: Mensch) und einen Versicherer. Der Mensch ist mittlerweile verstorben und wurde von seiner Witwe beerbt, die den Rechtsstreit "aufgenommen" hat. Dies hat das Gericht jahrelang ignoriert und den Verstorbenen "mitgeschleppt".
    Alles klar?

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  4. Danke für die Erleuchtung. :-)

    Übrigens möchte ich noch ergänzen, dass kuriose Geschichten wie diese der Grund sind, weshalb ich so gerne Blogs von Juristen lese.

    Nebenbei trägt es auch zur Aufklärung bei: Ich habe mich, seit ich hier und anderswo mitlese, vollständig von meinem juristischen Halbwissen verabschiedet. :-)

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