Mittwoch, 7. Mai 2014

Post von Wagner, Teil 1


Joachim Wagner hat ein Buch geschrieben.

Joachim Wagner, das ist der hier (aus "Panorama"), nicht etwa der da (von der "BILD"). Das Buch von Joachim Wagner heißt "Vorsicht Rechtsanwalt"; die LTO bespricht es hier.

Das Buch ist recht neu; ich habe es noch nicht gelesen. Aber ich glaube, die Rezension aus der LTO reicht mir. Danach beklagt Wagner, dass es zu viele schlechte Rechtsanwälte gebe. Diese Behauptung ist in dieser Allgemeinheit zunächst einmal nicht zu beanstanden und wahrscheinlich richtig. Schließlich gibt es auch jede Menge schlechter Ärzte, Fliesenleger oder Journalisten, und die sind alle irgendwie zuviel. Auch jeder schlechte Rechtsanwalt ist ein schlechter Rechtsanwalt zuviel.

Isoliert betrachtet wäre die Feststellung also eher eine Binsenweisheit und leicht gesagt. Etwas schwerer scheint sich Herr Wagner zu tun, wenn er sagen soll, was ein schlechter Rechtsanwalt eigentlich ist. Nach LTO seien das Rechtsanwälte, die

  • unsauber arbeiten
  • aussichtslose Rechtsmittel einlegen, um Gebühren zu schinden
  • Kollegen scharf angehen
  • ihre Kanzlei schlampig führen.
Ich habe das jetzt mal wörtlich von der LTO übernommen und hoffe, die hat es ebenso wörtlich von Herrn Wagner übernommen, denn dessen Buch habe ich ja - wie gesagt - nicht gelesen. Aber diese Beschreibung: Hammer. Es gibt also Rechtsanwälte, die unsauber arbeiten und ihre Kanzlei schlampig führen. Da frage ich mich lieber nicht, was der Herr Wagner sagen würde, wenn er meinen Schreibtisch sähe, oder die Kaffeeflecken auf den Akten. Unsaubere Arbeit, keine Frage. Oder meint Herr Wagner etwas ganz anderes? Aber was? Muss ich sein Buch am Ende doch lesen? 

Aber der schlechte Rechtsanwalt soll sich ja nicht nur durch Unreinlichkeit auszeichnen, sondern sogar "Kollegen scharf angehen". Vielleicht wollen die sich aber doch nur wehren, weil die anderen auch schlechte Rechtsanwälte sind? Da wäre so ein scharfer Angang doch sicher richtig. Das überzeugt mich immer noch nicht so richtig.

Dann aber folgt der Oberhammer, der trifft immer: Es soll Rechtsanwälte geben, die aussichtslose Rechtsmittel einlegen, und natürlich, um "Gebühren zu schinden". 

Da frage ich mich doch voller Selbstkritik sogleich, ob ich vielleicht auch schon mal so ein aussichtsloses Rechtsmittel eingelegt habe. Hm. Die Überlegung krankt etwas daran, dass man ja vorher nicht weiß, wie das Rechtsmittel ausgeht. Prognosen sind eben immer schwierig, inbesondere, wenn sie die Zukunft betreffen. Oder meint der Wagner schon wieder etwas anderes? Aber was? 

Also, Herr Wagner, mal im Ernst: Aussichtslose Rechtsmittel gibt es nicht. Die kann es schon deshalb nicht geben, weil es - der Gerechtigkeit halber - nicht nur schlechte Rechtsanwälte gibt, sondern auch schlechte Richter. Die Aufgabe des Rechtsanwalts, lieber Herr Wagner, ist unter anderen, das im Interesse seines Mandanten auszunutzen. Ob das Rechtsmittel aussichtslos war, kann ich ihnen daher erst hinterher sagen; aber hinterher kann ich ihnen auch die Lottozahlen sagen. Nützt dann nur nichts mehr. 

Übrigens kann es durchaus auch im Interesse meines Mandanten liegen, ein aussichtsloses Rechtsmittel einzulegen, z. B. um Zeit zu gewinnen. Aber der böse Rechtsanwalt macht das ja nur, "um Gebühren zu schinden". Aber der Rechtsanwalt ist doch nur der Spiegel der Seele seines Mandanten! Oder meint Herr Wagner etwa Rechtsanwälte, die ohne Auftrag ihres Mandanten Rechtsmittel einlegen? Die sind nun gar kein Problem, denn denen schuldet der Mandant ja auch keine Gebühren. Was also meint der Herr Wagner? Ich weiß es nicht. 


Aber ich glaube, ich möchte sein Buch auch gar nicht mehr lesen.