Besonderes Augenmerk verdient der erste Grund, der tatsächlich wortwörtlich so im Urteil steht, wie Udo Vetter ihn zitiert:
"Aus Sicht eines Betroffenen stellt sich die Anwendung dieses „Terroristenparagraphen“ jedoch als justizpolitische Katastrophe dar. Es dürfte einem normalen Kraftfahrer nicht zu
vermitteln sein, dass er bezüglich der Anfertigung von Bildaufnahmen auf die gleiche
Stufe wie ein Schwerverbrecher gestellt wird."
Mit "Terroristenparagraph" meint der Herr Richter am Amtsgericht übrigens § 100h Abs. 1 Satz 1 StPO, der als Rechtsgrundlage für Bildaufnahmen dient. Wo aber liegt die Katastrophe? Warum soll man einem Kraftfahrer nicht vermitteln können, dass auch er keine Straftaten begehen darf?
Und vor allem: Es schert doch auch sonst niemanden, ob man einem Delinquenten den Grund seiner Beobachtung oder Sanktionierung "vermitteln" kann. Nur in Einzelfällen wird das mal berücksichtigt, und zwar im Strafmaß: strafschärfend. Wegen Uneinsichtigkeit besonders bornierter Überzeugungstäter.
Die Fertigung von Bildaufnahmen setzt nach dem Gesetz übrigens nicht einmal eine besondere Schwere des Delikts voraus, es genügt, wenn keine andere Möglichkeit des Beweises besteht. Die Bezeichnung als "Terroristenparagraph" ist daher ebenso irreführend wie schlicht falsch. Autofahrer mögen nur eben genauso ungern eines Delikts überführt werden, wie andere Delinquenten.
Warum sie deshalb allerdings contra legem geschützt werden sollen, weiß nur der Herr Amtsrichter aus Herford.
vgl. auch hier: http://blog.strafrecht-online.de/2010/12/hier-kann-man-lesen-wie-richter-gaspedal-argumentiert/
AntwortenLöschenAuch wenn er in der Rechtspraxis (leider) kaum beachtet wird, ist der bei Gesetzgebung geäußerte Wille des Gesetzgebers durchaus beachtlich. Und diese Norm wurde zur Bekämpfung des Terrorismus geschaffen.
AntwortenLöschenNach herrschender Arbeitsweise ist dies aufgrund des offenen Tatbestandes egal. Wer jedoch eine Norm auch durch den gesetzgeberischen Willen einschränkt, der könnte hier zu Unanwendbarkeit kommen. Und dogmatisch ist das nun nicht so fernliegend, wie z.B. die StA als Herrin des gerichtlichen Verfahrens ;)
@Vorredner: Du wirst doch nicht erwarten, dass ein Strafrechtler mit Blog mehr als eine Auslegungsmethode kennt.
AntwortenLöschenUnd dann auch noch gleich die historische *brr*
Dass Geschwindigkeitsverstöße keine Straftaten darstellen, sollte ein Fachanwalt für Strafrecht allerdings auch dann wissen, wenn er per Blog auf Kundenfang gehen muss.
Ich halte den Einwand, daß § 100h StPO aufgrund seiner Entstehungsgeschichte als Rechtsgrundlage nicht taugt, seit jeher für richtig. Der Wortlaut paßt übrigens auch nicht. Schulmäßig geprüft hat das bislang kaum ein Gericht. Selbst das BVerfG hat sich in diesem Zusammenhang nicht mit Ruhm bekleckert.
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