Dienstag, 7. Dezember 2010

Gewartet, gewartet und sitzen gelassen

Termin vor dem Amtsgericht Hamburg, angesetzt auf 12:00 Uhr. Pünktliches Erscheinen ist angezeigt, zumal es sich um eine Strafsache handelt. Und so sitze ich da mit dem Mandanten. Der ist etwas aufgeregt, aber nach einer halben Stunde geht langsam der Gesprächsstoff aus. Vorbereitet hatten wir die Hauptverhandlung ja auch schon tags zuvor.

Nach eineinhalb Stunden geht die Tür auf, der Vorsitzende Richter tritt heraus - und geht schnurstracks grußlos an den Wartenden vorbei. Erst mal Mittag essen. Wir sehen ihn wenig später in der Kantine.

Das ist nicht nur von grandioser Taktlosigkeit vom Richter, es zeugt auch von einer desolaten Organisation.

Natürlich kann eine Hauptverhandlung mal etwas länger dauern als gedacht - geschenkt. Aber damit kann, ja damit muss ein Richter rechnen. Und beispielsweise ab und an mal eine Pufferzone in seine Terminierung einbauen, um solche Verzögerungen aufzufangen. Und wenn es dann doch mal länger dauert, gibt es auch noch die Möglichkeit, den Wartenden dies zu erklären oder sich sogar bei den Wartenden für die Verzögerung zu entschuldigen.

Wo aber nichts davon passiert, sondern der Richter sich offenbar vollkommener Narrenfreiheit erfreut, da läuft etwas schief. Dieses Verhalten kann nur gedeihen, wo jegliche Dienstaufsicht versagt.

8 Kommentare:

  1. Deshalb hatte ich zu jedem Termin Lesestoff fuer den Mandanten und mich in Form von Magazinen und Zeitungen dabei, um die Wartezeiten zu ueberbruecken. So kamen meine Mandanten wenigstens mal in den Genuss einer guten Tageszeitung.

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  2. ...immer gern auch eine magnetische Reise Spielesammlung im Köfferchen; mit Schach, Mühle, Dame, etc dabei. So ein Set findet im Aktenkoffer immer seinen Platz. Zur Not geht ja auch "Schiffe Versenken" (hier aber das Karo-Papier nicht vergessen). Worth case wäre der Klassiker: »Ich sehe was, was du nicht siehst.«

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  3. Die eigentliche Frage ist ja: Kann sich der Richter selbst entschuldigen? ;)

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  4. Nein, die Frage ist, ob dieser für Rough Justice ärgerliche Zwischenfall sonst irgendjemanden aud der Welt interessiert.

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  5. @ Anonym 00:07:

    Ja, mich!

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  6. Weshalb sitzen Sie da auch so lange?
    Reingehen, tschüs sagen und ab dafür.

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  7. Dr. iur. mult. Schlawinsky8. Dezember 2010 um 05:05

    Ich würde dem Richter eine Frist zur Erfüllung des genannten Termins setzen und dem Gericht die darüber hinausgehende Wartezeit angemessen in Rechnung stellen.
    In solchen Angelegenheiten veranlasse ich grundsätzlich eine Pfändung der Gerichtskasse.

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  8. Die Frage scheint mir doch: handelt es sich um ein unentschuldigtes Ausbleiben eines "ordnungsgemäß geladenen" Angeklagten, wenn dieser zwar zur angegebenen Terminsstunde anwesend war, nicht aber jedoch 2 oder 3 Stunden später? Die Terminsbestimmung bezieht sich immer auf eine konkrete Terminsstunde. Natürlich sind Wartezeiten gang und gäbe, weil das Gericht mal wieder schlecht terminiert hat. Aber müssen ein Angeklagter und sein Verteidiger ohne Hinweis des Gerichts mehrere Stunden warten? Es wäre doch vielmehr festzustellen, daß die Verhandlung weder angegebenen Terminsstunde noch in einem angemessenen Zeitfenster stattgefunden hat.

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