Donnerstag, 24. Februar 2011

Nichts reimt sich auf Karl-Theodor

In einigen entfernten Winkeln des Internets, in denen noch nicht - oder nicht mehr - über Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg gefachsampelt wird, da geht die Rede noch um wirklich wichtige Dinge, z. B. um Deutsche Dichtkunst.

Denn ein unkomischer Kauz mit Namen Barth hat sich einen Ausspruch schützen lassen, wonach sich gewisse Frauennamen auf nichts reimten. Diesen unzutreffenden Umstand hatten Jahrzehnte zuvor auch schon richtige Komiker erkannt und kundgetan. Und die wehren sich jetzt gegen das Plagiat. Nein, nicht gegen den Guttenberg, gegen diesen anderen Dings, äh, Barth. Sie haben einen Löschungsantrag gestellt, alles weitere hier.

Dort gibt man dem Löschungsantrag wenig Aussicht auf Erfolg. Wie die Kollegen weiß auch ich nicht, worauf sich der Löschungsantrag stützt; ich nehme aber an, nicht auf Vorbenutzung. Eher vielleicht auf so etwas wie Freihaltungsbedürfnis. Schließlich muss man ja noch Witze über Uschi machen dürfen, ohne Tantiemen an diesen unkomischen Kauz zahlen zu müssen!

Sollten die Kollegen aber recht haben, und dieser Spruch tatsächlich schutzfähig sein, eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten: Dann lasse ich mir z. B. den Satz "Ich beantrage eine Freiheitsstrafe" schützen und nehme die Staatsanwaltschaft mannigfaltig auf Unterlassung in Anspruch. Hurra!

Mittwoch, 23. Februar 2011

Intensive Arbeit an der Quelle

"Intensive Quellenarbeit" hat Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg heute in seiner Rede vor dem Bundestag gefordert. Es gebe "eine nicht unerhebliche Anzahl von Vorwürfen", die er als "außerordentlich fragwürdig" empfinde. Die Opposition hat gelacht.

Möglicherweise hat der Bundesverteidigungsminister da etwas verwechselt. Vielleicht hat er sich als Angeklagten empfunden, dem seine Missetaten nachgewiesen werden müssten. Da hat er sich dann aber geirrt.

Denn "intensive Quellenarbeit" muss derjenige leisten, der eine Promotion schreibt - nicht diejenigen, die sie auf Fehler kontrollieren. Was ist übrigens mit dem Doktorvater, der die Promotion mit seinem Kandidaten angeblich regelmäßig intensiv besprochen haben will? Laufen da auch schon Rücktrittsforderungen?

Dass man die Arbeit, die man einreicht, auch selbst geschrieben hat, muss man bei Abgabe der Arbeit übrigens an Eides Statt versichern. Außer in Bayern, da genügt angeblich ein Ehrenwort.

Und wenn hier jemand behauptet, der Herr Verteidigungsminister hätte seine Arbeit nicht selbst geschrieben, dann - da gebe ich Ihnen mein Ehrenwort - ist das erstunken und erlogen.

Dienstag, 22. Februar 2011

Uwe, Helmut, Kristina und Karl-Theodor

Die Konservative scheint ein gestörtes Verhältnis zur geistigen Elite zu haben. Einerseits möchte natürlich jeder dazugehören, anderseits will man es sich auch nicht mit den einfachen Leuten verscherzen, denen allzu hohe Intelligenz verdächtig vorkommt und bei denen diese Engstirnigkeit häufig noch als Renommée gilt. Den Ausführungen im Verfassungsblog ist insoweit fast nichts hinzuzufügen.

Die Wissenschaft haben die Konservativen dabei häufig zwar als Mittel zum Zweck erkannt, nehmen sie aber im Kern nicht ernst. Wie sonst wäre es zu erklären, dass es immer wieder konservative Politiker sind, die sich mit wissenschaftlichen Titeln schmücken, hinter denen nichts steckt? Ebenfalls bemerkenswert ist die Gleichgültigkeit, mit der die Anhänger derlei Missbrauch zur Kenntnis nehmen, ohne - wie sonst immer - nach strengeren Gesetzen oder auch nur nach Ahndung der Verstöße zu schreien. Stattdessen wird verharmlost was das Zeug hält, wo die gleiche Klientel sonst bei kleinsten Verstößen nach Recht und Gesetz ruft.

Das war so bei Helmut Kohl, dessen erfolgreiche Promotion sich nicht einmal dessen Doktorvater selbst erklären konnte, und dessen Doktorarbeit seit dessen plötzlichem Amtsantritt als Bundeskanzler verschollen ist; das war so beim Doppeldoktor Uwe Barschel, der sich mit ein und derselben Arbeit gleich zwei Doktortitel in verschiedenen Fachrichtungen verschafft hatte und daraufhin auch von eigenen Parteifreunden als Dr. Uwe Uwe Barschel verballhornt wurde; und es ist so bei Karl-Theodor zu Guttenberg. Dabei haben wir über die aktuelle Familienministerin Kristina Schröder geb. Köhler noch gar nicht geredet, die sich bei ihrer Promotion gleich von der Bundeszentrale der CDU hat zuarbeiten lassen, was in letzter Zeit zu Unrecht etwas aus den Schlagzeilen verschwunden ist.

Das alles kann man eigentlich nur mit Bestürzung zur Kenntnis nehmen, aber Hundertausende von Freiherren-Fans halten ungerührt zu ihrem Idol, wie sie es auch in früheren Fällen getan haben. Was kümmern uns Recht und Gesetz, wenn es um unsere eigenen Leute geht.

Montag, 21. Februar 2011

Dümmliches Nachtatverhalten

Es gibt Straftaten, die hätte niemand so richtig für voll genommen, hätte der Täter sie nicht anschließend dilettantisch zu vertuschen versucht. Durch tapsiges Nachtatverhalten hat so macher Betrüger erst wirklich auf sich aufmerksam gemacht.

So wird manche Steuerhinterziehung erst dadurch richtig zur Straftat, dass man die zu Tage getretenen Auffälligkeiten ungelenk zu erklären versucht, anstatt an der richtigen Stelle entweder zurückzurudern oder durchzustarten. Wer ohne Fahrkarte vor dem Kontrolleur steht, sollte nicht lang und breit zu erklären versuchen, warum es ihm heute wirklich nicht möglich war, eine Fahrkarte zu lösen, sondern Verantwortung übernehmen. Oder sich nicht erwischen lassen.

Den gleichen Fehler macht jetzt der Herr (Dr.) Karl-Theodor Nicht-Wilhelm Freiherr zu Guttenberg, wenn er seine Schummeleien kleinzureden versucht. Recht hat der Kollege Kompa, wenn er meint, hier wäre ein zeitiges Geständnis die beste Strategie gewesen. Stattdessen müssen wir uns zähe Ausreden anhören, die so unglaubhaft sind wie nur was.

Wer bitte würde sich nicht genauestens daran erinnern, ob er die einleitenden Worte einer Abschlussarbeit sich mühsam abgerungen oder aber anderswo geklaut hat? Wer behauptet, das vergessen zu haben, der lügt. Und ist offenbar der Meinung, alle anderen würden ihm auch den hinterletzen Unsinn abnehmen, wenn man dabei nur gut aussieht. Das zeugt neben einer erstaunlichen Dummdreistigkeit auch von mangelndem Respekt gegenüber den Menschen.

Wer schon bei Kleinigkeiten derart dreist lügt, dem ist bei den wirklich wichtigen Fragen des Lebens erst recht nicht zu trauen. Wer nicht den Schneid hat, einfache Fehler zuzugeben, der wird uns bei großen Fehlern geradewegs in die Katastrophe führen. Und deshalb ist eine Unterstützungsaktion, wie sie gerade auf Facebook für den Freiherrn läuft, blanker Hohn und ein Schlag ins Gesicht ehrbarer Bürger. Abschalten!

Und abtreten, allesamt!

Kinder in die Kabinen!

Gestern war bekanntlich Wahl in Hamburg. Beim Gang zur Wahlurne hatte ich aus familiären und logistischen Gründen meine fünfjährige Tochter dabei. Als ich ihr die Wahlkabine zeigen und ihr das Prinzip einer demokratischen Wahl erklären wollte, wurde ich von der Wahlhelferin jäh zurückbeordert.

Kinder dürften nicht mit in die Kabinen. Das Kind müsse auf einem Stuhl am Eingang Platz nehmen. Als Grund hierfür wurde mir das Wahlgeheimnis genannt.

Das ist eine harmlose Variation dessen, was passiert, wenn Macht und Unwissenheit zusammentreffen, denn diese Begründung ist natürlich Quatsch, wenn auch resolut geäußert und durchgesetzt.

Das Wahlgeheimnis erfordert zwar, dass ein in seinem Wahllokal wählender Wähler seine Stimme grundsätzlich geheim, also unbeobachtet muss abgeben können ; Stimmzettel, bei deren Kennzeichnung der Wähler beobachtet wurde, dürfen im Prinzip nicht in die Wahlurne geworfen werden. Aber wie alle Normen muss man auch diese unter dem Gesichtspunkt ihres Sinnes und Zweckes betrachten. Wer immer nur am Wortlaut klebt, verliert.

Denn der Wortlaut einer Vorschrift entbindet eben noch nicht vom eigenständigen Denken und Anwendung kritischer Vernunft. Sinn und Zweck des Wahlgeheimnisses ist wohl kaum, Eltern in ihre Erziehung hineinzureden, sondern allenfalls, Wähler vor Druck oder Beeinflussung von außen zu schützen. Wer Druck oder Beeinflussung von seinem fünfjährigen Kind befürchtet, mag Briefwahl beantragen und mit dem Ankreuzen warten, bis das Kind im Bett ist. Falls das Kind schon lesen können sollte, was unwahrscheinlich ist.

Im Kleinen wie im Großen sollte man von Rechtsanwendern, denen ein gewisses Maß an Macht eingeräumt ist, wie z. B. Richtern, Staatsanwälten oder Polizeibeamten, aber auch Wahlhelfern, erwarten, dass sie die Norm, die sie gerade anwenden, auch verstanden haben.

Das ist im Großen wie im Kleinen leider längst nicht immer der Fall.

Freitag, 18. Februar 2011

Adels- UND Doktortitel abschaffen!

"Servus, Herr Doktor", wird man in Österreich allenthalben begrüßt, gleich ob promoviert oder nicht. Das ist echte Gleichheit. Da ist der Österreicher einen Schritt weiter als der Bundesdeutsche. Noch einen Schritt weiter, ist man versucht zu sagen - Adelstitel hat er nämlich auch schon abgeschafft, der Österreicher. Da hieß selbst der Pretendent auf den Kaiserthron nur Herr Habsburg.

In Deutschland ist das zwar eigentlich genauso, gleichwohl dürfen Adelsprädikate weiter verwendet werden und jeder Freiherr ist gekränkt, wenn man seinen Blaubütigkeit signalisierenden Appendix weglässt.

Also Deutschland, geht endlich den ganzen Weg: Weg damit! Adel ist von gestern und Doktortitel waren eh stets nur Nachweise dafür, dass man sich einige Monate seines Lebens sinnlos den Arsch breitgesessen hatte. Oder meint etwa jemand, die Promotionsschrift "Die Geschichte des Tags der Deutschen Einheit seit 1954" (gibt es wirklich!) wäre ein ernsthafter Beitrag zur Forschung und nicht bloß Vorwand, ein paar Tausend Euro Einstiegsgehalt mehr zu fordern?

Wie dank Freiherr zu Guttenberg alle wissen, muss man sich für den Doktortitel heutzutage nicht einmal mehr den Arsch breitsitzen. Copy and paste und schwupp: Fertig ist die Diss. Das braucht keiner. Geht lieber arbeiten!

Die Ärzte, die wissen das schon lange; und fragen den potentiellen Promotionsstudenten vor der Themenwahl, ob der Doktor für die Lehre oder nur fürs Schild sein soll. Die dürfen ihren Doktor alle behalten. Schließlich will ich ja auch vom Onkel Doktor behandelt werden, und nicht bloß vom Onkel.

Von wem reden die?

In Hamburg finden am Sonntag mal wieder Wahlen zur Bürgerschaft statt, so heißt hier das Parlament. Anders als in anderen Bundesländern wird in Hamburg durchschnittlich alle zwei Jahre gewählt, manchmal sogar noch öfter. Das liegt daran, dass der verwöhnte Hamburger seine Stimme manchmal etwas voreilig an Kleinstparteien vergibt, die dann während der Legislaturperiode auseinanderbröseln. Oder weil er sich einfach nicht entscheiden kann. Und dann muss neu gewählt werden.

Wie jedes Mal haben die Parteien auch dieses Mal von unserem Geld überall Wahlplakate hingestellt. Auf allen Plakaten mit Ausnahme derer der Linkspartei sind Gesichter zu sehen, dazu mehr oder weniger griffige Slogans. Wahlkampf mit politischen Inhalten findet so gut wie nicht statt, das ist heutzutage wohl so.

Am auffälligsten sind dieses Mal die Slogans der so genannten CDU. Dem Vernehmen nach hat die sich dieses Mal - möglicherweise aus Finanznot - für etwas entschieden, das man als "Inhouse-Kampagne" bezeichnet hat. Soll heißen: Die Partei hat sich ihre Slogans dieses Mal selbst ausgedacht. Das merkt man.

"Wenn Sie für City-Maut und Schulchaos sind, müssen Sie rot-grün wählen", steht da zum Beispiel. Nun, die City-Maut hätte ich liebend gerne, dann könnte man im Innenstadtbereich endlich wieder atmen. Nur leider gibt es in Hamburg keine Partei, die das fordert. Die wollen ja alle von den Autofahrern gewählt werden. Von wem also soll da die Rede sein? Und das angebliche Schulchaos, wer war dafür noch gleich verantwortlich? Das war die CDU selbst, die mit dem Versuch einer Schulreform - die der seinerzeitige Bürgermeister sogar zur Chefsache erklärt hatte - übel abgeschmiert ist. Und last but not least: Rot-Grün kann man nicht wählen, auch wenn es auch am Ende herauskommen mag.

Drei Satzteile, drei Fehler: Das ist auch für eine "Inhouse-Kampagne" beachtlich. Aber es geht noch toller: Unmittelbar vor der Wahl hat die so genannte CDU ihre Plakate mit einem zusätzlichen roten Kleber versehen, auf dem steht: "Echte Erfolge statt unseriöser Versprechen". Da gerät man jetzt aber wirklich ins Grübeln: Was mögen die meinen?

Meinen die vielleicht das Debakel mit diesem Konzertsaal, dessen Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen sind, oder die überflüssigen Milliardenausgaben für zwei U-Bahnstationen ins Niemandsland, vom Bürgermeister a.D. einstmals als "Leuchttürme" bezeichnet? Oder meinen die mit Erfolg, dass sie es geschafft haben eine Schulreform zu verhindern, die sie selbst mitverantwortet haben?

Das fragen sich wohl auch die Verantwortlichen der "Inhouse-Kampagne" selbst, denn woanders titeln sie: "25 % weniger Kriminalität. Und nu?"

Na, ist doch klar: SPD wählen.

Freitag, 11. Februar 2011

Fahrlässig ist so manches

Vater K. aus Winnenden ist nun also wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. In einer öffentlichen Verhandlung, die zeitweise den Eindruck einer Therapiesitzung vermittelt haben soll. Therapie für die Angehörigen der Opfer, Therapie für den Angeklagten, Therapie für alle.

Es mag ja auch noch angehen, dass jemand im Ergebnis dafür bestraft wird, dass er seine Schusswaffen frei hat herumliegen lassen. Trotzdem wundert sich z. B. der Kollege Will hier durchaus berechtigt, denn in das Gefüge der bisherigen Rechtsprechung zur fahrlässigen Tötung passt dieses Urteil nicht so recht.

Aber vielleicht liegt das weniger an diesem Fall, als vielmehr an der teilweise haarsträubenden Rechtsprechung zur Fahrlässigkeit. Immerhin hat der Vater eine Norm des Waffengesetzes verletzt, wodurch die für Fahrlässigkeit erforderliche objektive Zurechnung wohl gegeben sein dürfte. Und dass der Vater die Tat seines Sohnes so gar nicht hätte voraussehen können, kann man wohl auch kaum sagen, angesichts der von seinem Sohn ihm gegenüber offenbar geäußerten Tötungsphantasien.

Aus der Verurteilung leitet der Kollege Will völlig zu Recht die Konsequenz ab, dass man notorischen Trinkern eigentlich auch sein Auto nicht leihen dürfte, weil man ja damit rechnen müsste, dass der besoffen jemanden totfährt. Das stimmt. Warum letzteres Verhalten in der Regel gleichwohl nicht als fahrlässige Tötung angeklagt wird, lässt sich in der Tat mit dem Gesetz nicht mehr erklären. Wohl eher mit dem völlig gestörten Verhältnis der Rechtsprechung zum Kraftfahrzeug.

Aber das kann ja kein Grund sein, Waffen ebenso unberechtigt zu privilegieren, wie das mit Kraftfahrzeugen ständig geschieht. Dass der Vater durch das Ergebnis seines Verhalten selbst schon gestraft genug ist, steht auf einem anderen Blatt.

Donnerstag, 10. Februar 2011

Ein Scherz der Verteidigung

Als das hat sich Alice Schwarzer - heute in BILD - bezeichnet und damit den Antrag der Verteidigung gemeint, sie als Zeugin zu laden. Dass nicht die Verteidigung sie geladen hatte (wir sind hier ja nicht in Amerika), sondern das Gericht, hat sie dabei elegant verschwiegen.

Vor Gericht wollte sie zur Sache dann schweigen, stattdessen aber eine "grundsätzliche Erklärung" abgeben. Das hat die Kammer zum Glück verhindert. Sonst hätten vielleicht auch alle anderen Zeugen noch Erklärungen in eigener Sache abgeben wollen. Das sieht die StPO nicht vor und das ist auch gut so.

O-Ton Alice Schwarzer (zitiert nach BILD): "Es ist bedauerlich, dass ein so wichtiger Prozess durch Nebenkriegsschauplätze andauernd verzögert wird." Es wundert einen bei Alice Schwarzer ja schon gar nichts mehr, es ärgert einen einfach nur noch - was nämlich für ein Rechtsempfinden bei dieser Person zu herrschen scheint. Die entlastende Beweismittel als "Nebenkriegsschauplätze" abtut und die Beschäftigung damit als "bedauerlich" empfindet. Und warum sollte gerade der Prozess gegen Jörg Kachelmann wichtiger sein als Tausend andere Prozesse, in denen Alice Schwarzer nicht zufällig als "Berichterstatterin" sitzt?

Aber Alice Schwarzer sitzt eben auch nicht zufällig in diesem Prozess, sondern weil sie ihn als ideales Vehikel entdeckt hat, ihre kruden Ansichten unter möglichst viele Menschen zu schleudern.

Hoffentlich hindert das Gericht sie noch möglichst häufig daran, dies weiterhin zu tun.

Mittwoch, 9. Februar 2011

Sie kam, sah und sagte - nichts

Lange Geschichte, kurz erzählt: Heute ist Alice Schwarzer vor dem Landgericht Mannheim als Zeugin aufgetreten. Ein kurzer Auftritt - Sie hat gesagt, dass sie nichts sagt.

Juristisch ausgedrückt: Sie hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Gemeint ist das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs 1 Nr. 5 StPO, das Personen vorbehalten ist, "die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken, Rundfunksendungen, Filmberichten oder der Unterrichtung oder Meinungsbildung dienenden Informations- und Kommunikationsmedien berufsmäßig mitwirken", vulgo: Journalisten.

Nun ja. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Ich denke, das war genau das, was die Verteidigung erreichen wollte.




Ein Schlag ins Gesicht des BGH

Irgendwann musste das ja passieren: Ein BGH-Richter ist Opfer eines Anschlags geworden. Die Presse berichtet hier. Ernstlich verletzt wurde niemand, aber das Opfer war nicht irgendein BGH-Richter; es war Thomas Fischer, stellvertretender Vorsitzender des zweiten Strafsenats und Autor des einzigen in Gerichtskreisen gelegentlich genutzten StGB-Kommentars, einstmals Schwarz/Dreher, später Drehe/Tröndle, zuletzt Tröndle/Fischer.

Als er vor Studenten der Uni Passau einen Vortrag zum Thema "Die neue Rechtsprechung des BGH zu den Grenzen des Lebens" hielt, näherte sich ein Zuhörer und schlug auf Fischer ein. Etliche frustrierte Strafverteidiger, die der ewigen Einzeiler überdrüssig sind, mit denen der BGH strafrechtliche Revisionen abzubügeln pflegt, hätten möglicherweise ein Motiv gehabt; der Täter war allerdings ein Student, den derlei Sorgen noch nicht plagen sollten.

Was den Studenten bewogen hat, auf Herrn Fischer einzuschlagen, ob es Kritik an seinem StGB-Kommentar oder an der Rechtsprechung des zweiten Strafsenates war, man weiß es noch nicht. Allerdings lässt das Thema des Vortrages Verdachtsmomente aufkommen, dass es sich um eine rein persönlich motivierte Tat handelt. Dafür spricht auch, dass der Täter angeblich in eine "umliegende Fachklinik" verbracht worden sei.

RiBGH Fischer hat seinen Vortrag mit einer leichten Blessur am Ohr dann fortgesetzt.

Freitag, 4. Februar 2011

Der Rechtskasper kommt nicht

Jurist und Journalist: Das klingt zwar ähnlich, aber in Wahrheit prallen zwei Welten aufeinander. Wie sehr das (Straf)Recht und die Presse auf Kriegsfuß miteinander stehen, zeigt sich wieder einmal am Fall Kachelmann.

Heute beklagt sich der STERN in seiner Online-Ausgabe darüber, dass der Prozess so langweilig sei. Gerade so, als ob es nicht um die Zukunft des Angeklagten, sondern allein um die Unterhaltung der Massen vor Ort und an den Medien ginge. Es soll sogar schon Buh-Rufe in der Hauptverhandlung gegeben haben. Ein krasseres Missverständnis ist kaum denkbar.

Der STERN spricht von einer "äußerst zähen Veranstaltung", die sich zu einem "Stellungskrieg" entwickelt habe. Strafverteidigung ist Kampf, hätte der alte Dahs gesagt. Da fragt man sich, wie sich der STERN einen Strafprozess eigentlich sonst so vorstellt. Irgendwie ist dieser hier jedenfalls so gar nicht pressekompatibel. Vielleicht liegt das an dieser störenden Prozessordnung, von der dieser merkwürdige Anwalt immer redet. Wie viel der redet! Und wie schlecht man das versteht! Letztens hatte der schon wieder so eine Schachtelkonstruktion, das können wir in unserem Blatt nicht bringen, das versteht wieder keiner!

Das gefällt unseren Lesern aber gar nicht, und die sind schließlich das Wichtigste, das haben die uns auf der Journalistenschule doch immer beigebracht. Kommt wenigstens zwischendurch mal der Rechtskasper vorbei? Alles eine langweilige Show hier. Beim STERN heißt das wörtlich:

"Für den Juristen mag das alles wichtig sein, für den geneigten Zuschauer ist dieses Geplänkel oft schwer zu verstehen."

Gibt es am Schluss wenigstens eine Hinrichtung? Davon könnte man dann zumindest eindrucksvolle Photos machen; das versöhnt den geneigten Leser dann wieder etwas mit der tristen Verhandlung. So wie damals bei Saddam zum Beispiel.

Dienstag, 1. Februar 2011

Enteignet Google!

Diese Überschrift habe ich mir nicht selbst ausgedacht, ich habe sie mir geborgt. Von Peter Ehrlich, dem Leiter des Brüsseler Büros der Financial Times Deutschland, der in der Online-Ausgabe der FTD hier ein Essay unter diesem Titel geschrieben hat. Das Essay - man kann übrigens auch der Essay sagen - das Essay also liest sich ganz schmissig und hat, was es bedarf, um die Geister zu spalten: nämlich Kritik am Ist-Zustand ebenso wie eine einigermaßen revolutionäre Idee, ihn zu ändern; das ganze betitelt mit einer knackigen Überschrift, die den Inhalt derart auf den Punkt bringt, das ich sie einfach übernehmen musste, weil mir keine bessere eingefallen ist.

Einen solchen Beitrag zur Meinungsfreiheit sollte man eigentlich loben. Aber die Internet-Gemeinde ist gnadenlos, wenn man einem der ihren scheinbar an den privaten Kragen will: Der Blog "Neunetz" beispielsweise, der sich im Untertitel immerhin "Wirtschaft und Gesellschaft im digitalen Zeitalter" nennt, zetert wie ein Rohrspatz, nachzulesen hier. Und gießt damit Öl auf das Feuer derer, die eine Regulierung des Internets fordern, schon weil sie den im Internet grassierenden Tonfall einfach nicht mehr aushalten.

Denn wo man eine ernsthafte Auseinandersetzung über eine interessante These (Enteignet Google!) hätte führen können, macht der Autor des Neunetz-Blogs genau das, was Trolls im Internet am liebsten tun, nämlich unsachlich rumpöbeln. Er hat einen nebensächlichen Fehler im Ausgangstext entdeckt (über die Funktion Google Analytics), an dem er sich gnadenlos aufhängt, mutmaßlich um damit zu kaschieren, dass er der Kernaussage des Textes eigentlich nichts Vernünftiges entgegenzusetzen hat. Der Autor selbst ist nicht einmal in der Lage, den Autor des verhassten Essays korrekt zu benennen - er nennt ihn Fröhlich, statt bei seinem richtigen Namen, nämlich Ehrlich. Oder sollte das vielleicht bloß ein Nerd-Witz sein, dem die Pointe fehlt? (Aber dann hätte er sicherlich "Peter Lustig" gesagt.)

Aber egal: Hauptsache, man kann mal wieder so richtig abledern über die ganzen Idioten da draußen, die nicht akzeptieren wollen, dass das Internet das Größte ist, und nur der, der das Internet kritiklos bejubelt, ein Freund ist. Ohne Sinn, ohne Verstand und vor allem: ohne jeden Funken Humor zieht der Internet-Jünger durchs Land und macht platt, was er nicht versteht.

Da stellt sich mir zum ersten Mal ernsthaft die Frage, ob Peter Ehrlich mit seiner Idee nicht vielleicht gar nicht so unrecht hat. Vielleicht sollte man sogar das ganze Internet enteignen. Und sei es, um der pöbelnden Horde den Zutritt verweigern zu können.