Freitag, 29. November 2013
Quatsch mit Soße Gabriel
Ja, das war wohl etwas unglücklich von Sigmar Gabriel, mit den Fragen von Marietta Slomka hätte man souveräner umgehen sollen. Aber der Mann hatte eben die Nacht durch verhandelt und war etwas gereizt. Ob man aber Marietta Slomka dazu gratulieren muss, dass sie Siggi Pop so in die Mangel genommen hat, möchte ich stark bezweifeln.
Denn Marietta Slomka hat etwas getan, das Journalisten gerne tun, wenn sie investigativ erscheinen wollen und ihnen sonst nichts einfällt: Sie hat auf der Beantwortung ihrer Frage beharrt, die ihr Gesprächspartner partout nicht beantworten wollte. Der Rest war Gezicke.
Wie viel wert aber ist eine Frage, von der man vorher weiß, dass das Gegenüber sie nicht beantworten wird? In diesem Fall war die Frage längst beantwortet: Die SPD will ihre Basis über den Koalitionsvertrag abstimmen lassen. Ob das nun trickreich ist, wie Maximilian Steinbeis vom Verfassungsblog meint, oder einfach nur gelebte Demokratie, wie Sigmar Gabriel es darstellen möchte, soll hier dahingestellt bleiben.
Als einzige Frage bleibt die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Verfahrens. Da mag es Staatsrechtler geben, die Bedenken haben - aber jetzt sind wir doch mal gaaanz ehrlich: Was ist denn das für eine verlogene Grütze, die da angerührt wird? Laut Herrn Degenhardt - dem Staatsrechtler, um den es vorrangig geht - dürfe die Billigung durch die Basis "keine rechtlichen Bindungen für die Zukunft" bedeuten. Das freie Mandat sei in Gefahr. Bitte?
Mit dieser Logik wäre wohl auch ein Koalitionsvertrag selbst kaum mit der Verfassung vereinbar. Und da haben wir über den altbekannten "Koalitionszwang", der von den Akteuren gerne auch mal als "Koalitionsdisziplin" euphemisiert wird, noch gar nicht gesprochen.
Also, so ein bisschen hat der Gabriel doch Recht gehabt, als er das mit dem Quatsch gesagt hat.
Doch nicht das älteste Gewerbe der Welt
Nach ihrer schon halbvergessenen Jagd auf den Wetterfrosch hat Alice Schwarzer jetzt wieder einen rausgeholt: Erst hat sie in der Talkshow von Sandra Maischberger am Montag versucht, Prostituierten zu erklären, dass sie eigentlich zu ihrer Tätigkeit gezwungen würden, jetzt legt sie bei der schreibenden Presse nach: Prostitution sei eigentlich genau so zu behandeln wie Pädophilie.
Schon der Auftritt bei Maischberger war kaum zu ertragen. Dort versuchte Alice Schwarzer dem staunenden Volk zu erklären, dass eigentlich jede Form der Prostitution unter Zwang geschehe. Danach wäre der Beruf der Nutte also gar nicht das älteste Gewerbe der Welt, sondern das des Zuhälters. Wer hätte sonst die erste Prostituierte zu ihrem Treiben gezwungen haben sollen?
Dem widersprach eine auf den ersten Blick glaubwürdige Dame, die erklärte, im Alter von dreißig Jahren ihren angestammten Beruf aufgegeben zu haben, um ein Studio aufzumachen und fortan als Domina zu arbeiten. Nach einigen vergeblichen Versuchen, der an sich kreuzbieder anmutenden Frau den dahinterstehenden Zwang zu entlocken, änderte Alice Schwarzer ihre Taktik und behauptete von da an, die Frau wäre eigentlich gar keine Prostituierte, sondern selbständige Unternehmerin. Dabei wurde einmal mehr klar, wie Alice Schwarzer tickt: Alles was sie selbst nicht freiwillig machen würde, muss zwangsläufig unter Zwang geschehen, wenn es andere tun. Das nennt der Psychologe wohl stark egozentriertes Weltbild.
Jetzt geht UNS EMMA noch einen Schritt weiter und setzt jegliche Form der Prostitution mit Pädophilie gleich. Allerdings gäbe es neben der Zwangsprostitution auch Armutsprostitution. Damit möchte sie wohl das Phänomen umschreiben, dass einige Prostituierte sich prostituieren, weil sie Geld brauchen. Da schau her! Es soll auch schon Rundfunkredakteure und Rechtsanwälte gegeben haben, die für Geld arbeiten. Aber halt! Prostitution ist ja gar keine Dienstleistung, sondern,... sondern, ...dings, ...na, ...äh... eben so was wie Pädophilie. Bäh bäh. Alle einsperren.
Sorry, jetzt bin ich argumentativ wohl auf das Niveau von UNS EMMA abgerutscht. Tut mir leid.
Donnerstag, 28. November 2013
Nützliche Rechtskenntnis
Der Kollege Siebers beschwert sich, dass Gericht und Staatsanwaltschaft kaum mehr mit der Verteidigung reden, aus Angst sie könnten etwas falsch machen. Viel geredet haben die auch früher nicht, aber immerhin: Ab und zu konnte man unterm Ladentisch - also im Richterzimmer - gute Ergebnisse erzielen. Der Weg dahin war allerdings nicht ungefährlich: Zumeist musste der Angeklagte mit einem Geständnis in Vorleistung gehen, und eine Sicherheit hatte er nicht. Denn "offiziell" gab es den Deal ja nicht.
Jeder Deal geschah daher auch in der Hoffnung, dass Staatsanwaltschaft und Gericht sich daran halten würden, was längst nicht immer geschah. Von dieser Problematik zeugt die Rechtsprechung, die letztlich zu der aktuellen Rechtslage geführt hat. Diese Rechtsprechung beruht größtenteils auf Revisionen der Angeklagten, die sich von Gericht und Staatsanwaltschaft übers Ohr gehauen fühlten.
Jetzt muss alles protokolliert werden. Das führt zu merkwürdigen Blüten, obwohl die Rechtslage eigentlich ganz einfach ist. Man muss sie nur kennen. Auf einmal diktieren Richter ohne Not ins Protokoll, dass es Verständigungsgespräche nicht gegeben habe. Das scheint mir auf einem Missverständnis der gesetzlichen Regelungen zu beruhen. Vor einer Aufhebung in der Revisionsinstanz wird man sich dadurch jedenfalls nicht schützen können.
Worauf aber ist die nicht nur vom Kollegen Siebers beobachtete plötzliche Zurückhaltung zurückzuführen? Haben die Organe der Rechtspflege auf einmal Angst, dass man sie an ihrem Wort festhalten könnte? Gescheiterte Verständigungsgespräche sind dabei doch eigentlich ganz einfach zu protokollieren: "Gespräche mit dem Ziel einer Verständigung führten zu keinem Ergebnis." Punkt.
Der Psychologe würde sagen, dass Unsicherheit zumeist auf Unkenntnis der Situation beruhe. Dem ließe sich durch Rechtskenntnis ohne weiteres abhelfen.
Dienstag, 26. November 2013
Der Anruf des Jahres
galt einem mir von Person bekannten Kollegen und kam von einem Mandanten.
Der Mandant hatte eine Vorschussrechnung des Kollegen erhalten und beschwerte sich hierüber mit den Worten
"Aber ich bin doch ihr Mandant."
Nun ist aber erst einmal Schluss mit den Anrufen.
Montag, 25. November 2013
Der Anruf des Monats
... kommt von einem Journalisten. Eigennamen und Ortsangaben habe ich behutsam geändert, schließlich bin ich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Denn genau darum geht es:
JOURNALIST: Guten Tag, mein Name ist Hilmar Bosch vom Ziel-Magazin. Sie vertreten doch den Würger von Wandsbek, den Michael Tipke (voller Name!). Ich würde mich gerne mal mit Ihnen über ihren Mandanten unterhalten.
NEBGEN: Wie kommen Sie denn darauf?
JOURNALIST: Doch, doch, die Information habe ich von einem seriösen Informanten. Da bin ich mir sicher.
NEBGEN: Wie Sie sicherlich wissen, bin ich zur Verschwiegenheit verpflichtet; ich dürfte also gar nicht mit Ihnen über den Mandanten reden, selbst wenn es so wäre.
JOURNALIST: Das weiß ich doch! Deshalb habe ich mich auch entschlossen, Ihnen in diesem Fall ausnahmsweise zuzusichern, dass ich Ihre Mitteilungen streng vertraulich behandeln werde.
NEBGEN: Nein, nein, Sie haben da mit der Verschwiegenheit etwas grundlegend missverstanden, glaube ich. ICH bin zur Verschwiegenheit verpflichtet und darf nicht mit IHNEN reden.
JOURNALIST: Aber doch nicht, wenn Ihr Mandant Ihnen das erlauben würde!
NEBGEN: Wenn das denn mein Mandant sein sollte.
JOURNALIST: Fragen Sie ihn doch mal.
NEBGEN: Wenn es mein Mandant sein sollte, werde ich ihn vielleicht fragen.
JOURNALIST: Rufen Sie mich dann bitte zurück.
Gespräch Ende.
Auf Nimmerwiederhören.
Freitag, 22. November 2013
Der Anruf der Woche
... kommt von einem erwachsenen Mandanten, mir von Person bekannt, der sein Problem wie folgt schildert:
"Meine Mutter gibt mir kein Geld. Und zum Amt kann ich nicht gehen, wegen des Haftbefehls."
Nun; da scheint mir ein etwas komplizierteres Problem dahinter zu stecken. Da wäre eine persönliche Erörterung der Hintergründe wohl zwingend notwendig. Ja, das kostet Geld. Gut, dann eben nicht.
Auf Wiederhören.
Unsinn und Fahrverbot
Nun schlägt es aber dreizehn! Da will die potentielle neue Regierungskoalition doch glatt das Fahrverbot ernsthaft als Strafe im Gesetz etablieren. Bisher ist das Fahrverbot eine so genannte "Nebenstrafe", kann also nur neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt werden, was selten geschieht. Das ist wiederum bitte nicht zu verwechseln mit dem verwaltungsrechtlichen Fahrverbot, dass Bußgeldbehörden für bestimmte Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr verhängen können. Letzteres kommt häufig vor.
Wenn es also nach der Arbeitsgruppe "Inneres und Justiz" von CDU und SPD ginge, gäbe es demnächst neben Geldstrafe und Freiheitsstrafe das Fahrverbot als weitere Strafalternative. Aber es regt sich Widerstand.
Der Richterbund - sonst eher kein Hort der Revolution - kritisiert diesen Plan, angeblich sogar scharf. Sein Vorsitzender meldet sich zu Wort, erstaunlicherweise mit einem Hinweis auf den Gleichstellungsgrundsatz:
"Wenn ein Dieb das Glück hat, eine Fahrerlaubnis zu besitzen, muss er wegen seiner Straftat einen Monat lang sein Auto stehen lassen. Einer, der keinen Führerschein hat, hat diese Chance nicht."
Das ist, gelinde gesagt, eine skurrile Ansicht. Denn dasselbe ließe sich ja durchaus auch für Geldstrafen sagen. Wenn ein Dieb das Glück hat, Geld zu haben, muss er eine Geldstrafe zahlen. Einer, der kein Geld hat, hat diese Chance nicht. Das ist übrigens sogar im Gesetz geregelt und heißt Ersatzfreiheitsstrafe. Merkwürdigerweise hat das bisher kein Richter für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gehalten, vielleicht auch deshalb, weil es Unsinn ist.
Aber warum wird dieser Unsinn jetzt auf einmal beim Fahrverbot salonfähig?
Mittwoch, 20. November 2013
Bedauerliches deutsches Recht
Was für eine Geschichte: In München sitzt ein alter Mann in einer Etagenwohnung und hortet Kunstwerke. Weil diese Kunstwerke irgendwie sein ganzes Leben schon da waren, hat der Mann eine sehr enge Bindung zu ihnen aufgebaut, wohl auch, weil Bindungen zu Menschen nie so sein Ding zu waren. Nun sind die Kunstwerke weg; die Staatsanwaltschaft hat sie mitgenommen.
Die Hintergründe dieser Geschichte sind für viele Seiten ein Skandal, wenn auch aus vielen verschiedenen Gründen. Denn der alte Mann hatte die Kunstwerke nicht originär erworben, sondern von seinem Vater "geerbt". Wir setzen das mal vorsichtshalber in Anführungszeichen. Der Vater war Kunsthändler im "Dritten Reich" und von den Nazis damit beauftragt, "Entartete Kunst" ins Ausland zu verschachern. Die gleichnamige Insel in der Hamburger Außenalster ist übrigens nicht nach ihm benannt, sondern nach einem Namensvetter, der Philologe war.
Nun streiten sich die Gelehrten und andere, wem die Bilder wohl gehören könnten und wo sie hingehören. Der arme alte Mann möchte sie wiederhaben. Es seien schließlich seine. Das ist ein Skandal. Schließlich wurden die Bilder von den Nazis geraubt. Wurden sie? Selbst wenn, sagt ein Münchner Jurist, wären Ansprüche jedenfalls verjährt. "Nach bedauerlichem deutschen Recht", fügt er hinzu. Das ist ein Skandal. Das deutsche Recht ist nicht bedauerlich. Aber seit wann kann Eigentum verjähren? Da fallen auch so exotische Begriffe wie Ersitzung - etwas das jeder Jurist kennt, aber noch keiner je in natura erlebt hat. Kann man Kunstwerke ersitzen?
Das soll jetzt eine Kommission klären, vom Ausland argwöhnisch beäugt. Da wird man akribisch die Herkunft jedes einzelnen Bildes verfolgen müssen. Und wenn dabei nichts herauskäme? Das wäre ein Skandal. Denn gibt es nicht im bedauerlichen deutschen Recht so etwas wie eine Eigentumsvermutung des letzten Besitzers.
Da sind wir wieder beim armen alten Mann aus der Münchner Etagenwohnung. Dem will die Staatsanwaltschaft inzwischen die ersten Bilder wieder zurückgeben. Es ist ein Skandal.
Dienstag, 19. November 2013
Das Paradox der Werbung
Früher haben Rechtsanwälte nicht geworben. Sie durften es nicht, es war ihnen standesrechtlich untersagt. Und überhaupt, man tat das nicht. Werben war eines Rechtsanwaltes unwürdig. Das war eine schöne Einstellung; man hätte es dabei belassen sollen.
Dann aber erklärte das Bundesverfassungsgericht 1987 die Standesrichtlinien für verfassungswidrig. Rechtsanwälte gelten seither als Dienstleister und durften fortan auch werben, zumindest ein bisschen.Wobei man seither streitet, wo dieses "bisschen" aufhört.
Es war aber eigentlich relativ schnell abzusehen, dass es rechtlich anspruchsvoll sein würde, anwaltlichen Dienstleistern das Werben überhaupt zu verbieten. Faktisch dürfte in den Grenzen der allgemeinen Gesetze keine Einschränkung anwaltlicher Werbung mehr geben, weil man eine solche Einschränkung rechtlich einfach nicht begründen kann. Mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine, sie ist mittlerweile herrschende Meinung. Wenn auch längst nicht alle Rechtsanwaltskammern das einsehen.
Rechtsanwälte dürfen also werben, und das tun sie genauso gut (selten) oder schlecht (häufig) wie andere Dienstleister auch. Wobei der Fachmann noch zwischen Werbung (draußen auf dem Plakat) und Marketing (draußen in der Welt) unterscheidet, aber diese feinsinnige Unterscheidung lassen wir hier mal unberücksichtigt.
Zur Qualität einer Werbung gilt allgemein das, das eine Kunsthändlerin mir letztens vor einem ausgesprochen hässlichen Gemälde stehend sagte: "Das ist Geschmackssache". Man mag z.B. Paragraphenzeichen abgedroschen und klischeehaft finden - ich finde das übrigens auch - aber eins muss man ihnen lassen: Sie erfüllen einen gewissen Zweck. Das gleiche gilt für eindrucksvolle Hausfassaden, auch wenn man in Wirklichkeit gar nicht dahinter sitzt.
Ob man potentielle Mandanten tatsächlich etwas vorgaukeln möchte, muss letztlich jeder selbst wissen, aber ich ahne: Es hat einen gewissen Erfolg, sonst täten es nicht so viele.
Schlimm wird es erst, wenn das Klischee beim Mandanten zur Erwartung wird: Wenn der Mandant beim Richter den hölzernen Hammer vermisst und jeden Rechtsanwalt wahlweise für unanständig reich, kriminell oder abgehoben - gerne auch alles drei zusammen - hält. Diesen Erwartungshaltungen sollte man nach Kräften entgegenwirken, aber sie haben immer eine Ursache. Beim hölzernen Hammer liegt diese Ursache in zu vielen US-TV-Serien, bei den Klischees über Rechtsanwälte liegt sie zumindest teilweise in den Rechtsanwälten selbst.
Davon sollte man sich abheben. Das tut man am besten durch Marketing.
Donnerstag, 14. November 2013
Prominentengewimmer
All überall in der Presse kann man sie wimmern hören derzeit: Den Ex-Bundespräsidenten, der sich so gerne einladen ließ und den Bayern-Präsidenten, der nachts gerne unversteuert Millionen verzockte. Alle jammern sie über etwas, das für andere ganz normal ist: Sie müssen vor Gericht.
"Ist dieser Prozess wirklich nötig?" titelt die BILD, das Zentralorgan der falschen Meinung, dieses Mal mit einer falschen Frage. Die Frage ist nämlich längst beantwortet, und zwar vom Ex-Bundespräsidenten selbst. Denn der hat das Angebot einer Einstellung gegen vergleichsweise moderate EUR 20.000,00 abgelehnt, weil er lieber eine Hauptverhandlung haben wollte. Bitte schön. Hätte er die EUR 20.000,00 gezahlt, wären ihm immer noch EUR 197.000,00 Ehrensold im Jahr geblieben, zuzüglich sonstiger Einkünfte. Hier ist Wimmern also wirklich fehl am Platze.
Und der Uli? Der hat dem Vernehmen nach Steuern in Millionenhöhe hinterzogen. Angesichts des Umstandes, dass tagtäglich Tausende Menschen für wesentlich weniger vor Gericht stehen, verbietet sich Wimmern auch hier. Der Rest ist Rechtsfrage, und zu deren Beantwortung erhofft sich Uli Hoeness - zu Recht - einen fairen Prozess.
Warum aber verhilft die deutsche Presse den Krokodilstränen der Präsidenten zu einer derartigen Öffentlichkeit? Und warum tut sie es so verlogen? Offenbar sitzt tief drin im Deutschen Journalistenhirn immer noch die Vorstellung vom unrasierten Verbrecher der Sorte Panzerknacker.
Straftäter - das sind immer die anderen.
Freitag, 8. November 2013
Der eigentliche Antrag ist die Beschwerde
Mitte des Jahres 2011 habe ich einmal an einer Berufungsverhandlung in Strafsachen vor dem Landgericht München teilgenommen. Das Urteil war verheerend, die Revision erfolgreich. Aber das ist eine andere Geschichte.
Nach Zurückverweisung der Sache an das Landgericht habe ich beantragt, meine Kosten als Pflichtverteidiger festzusetzen. Etwa zwei Jahre nach meiner Beauftragung sei das nicht zu früh, dachte ich. Den Festsetzungantrag stellt man sinnigerweise bei der Eingangsinstanz, dem Amtsgericht. Von dort war ein Dreivierteljahr lang nichts zu hören.
Auf mein mahnendes Schreiben aus dem Juli bekam ich dann wenig später eine Antwort des Landgerichts. Das Amtsgericht habe mein mahnendes Schreiben dorthin weitergeleitet. Für die Kostenfestsetzung sei man aber nicht zuständig, sondern das Amtsgericht. Deshalb hatte ich meinen Antrag ja auch nicht beim Landgericht, sondern beim zuständigen Amtsgericht gestellt. Warum hatte man dort also nicht einfach meinen Antrag beschieden?
Auch darauf findet sich eine Antwort im Schreiben des Landgerichts: Eine Übersendung der Akte vor Abschluss des Verfahrens sei nicht möglich. Kein Problem, dachte ich, ich bin ja ein serviceorientierter Betrieb. Also habe ich schnell die für die Kostenfestsetzung wesentlichen Bestandteile der Akte dorthin gefaxt. Wieder monatelang keine Reaktion.
Was also braucht ein Gericht noch, um auf Antrag auch tätig zu werden? Feuer, Pfeife, Stanwell? Maoam?
Eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Besser: zwei - eine zum Amtsgericht, weil die meinen Antrag nicht bescheiden, und eine zum Landgericht, weil die die Akte nicht übersenden wollen. Und siehe da: Schon eine Woche später meldet sich eine Vorsitzende Richterin am Landgericht und bietet Vermittlung zur Bearbeitung meines Antrags gegen Rücknahme der Dienstaufsichtsbeschwerde an. Eine Woche später ist das Geld da.
So einfach geht das! Man muss nur wissen, welche Sprache Gerichte sprechen.
Dienstag, 5. November 2013
Vier für Honess
Jeder argumentiert offenbar so, wie sein politisches Umfeld es gerade erfordert. Richtig ist: Das Landgericht München I hat die Anklage gegen Uli Hoeness zugelassen. Es sieht also einen hinreichenden Tatverdacht. Dann dürfte es seine Selbstanzeige zumindest möglicherweise für unwirksam halten. Wir werden sehen. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Sich darüber zu wundern, wäre seinerseits verwunderlich.
Richtig ist aber auch: Solange Uli Hoeness nicht rechtskräftig verurteilt ist, gibt es für den Aufsichtsrat des FC Bayern München keinen Handlungsbedarf. Wie beunruhigt man dort gewesen sein dürfte, sieht man daran, dass man es sogar für nötig hielt, ein Rechtsgutachten über die eigenen Handlungspflichten einzuholen. Die Abendzeitung kennt es augenscheinlich. Ein Gesellschaftsrechtsprofessor (Gerd Krieger) und ein angesehener Wirtschaftsstrafverteidiger (Sven Thomas) kamen zu dem Ergebnis, dass es im Ermessen des Aufsichtsrats liege, Uli Hoeness im Amt zu halten. Das dürfte juristisch zutreffend sein.
Die Kritik am Aufsichtsrat geht damit zunächst einmal ins Leere. Aber warten wir mal ab, wie der Prozess verläuft. Vielleicht werden es ja mehr als die angesetzten vier Verhandlungstage. Oder weniger.
Montag, 4. November 2013
Jurist oder Seeräuber
Liest man in der Presse, hat man oft genug den Eindruck, dass der durchschnittliche Journalist sich bewusst von jeglichem Rechtswissen fernhält. Gisela Friedrichsen darf immer noch mit einigem Recht von sich behaupten, die einzige Gerichtsreporterin zu sein, die den Unterschied zwischen Berufung und Revision kenne.
Dafür wird nicht nur in der Boulevardpresse immer wieder gerne auf Juristen - insbesondere wiederum auf den Rechtsanwälten - herumgehackt. Wenn man schon nicht versteht, was die eigentlich tun, kann man immer noch über sie lästern. Jochen Leffers vom Spiegel Online scheint sich sogar ganz und gar dem Juristenhass verschrieben zu haben. Aber wer noch ein bösartiges Zitat über Juristen sucht, der wird bei ihm immer fündig.
Gut gefallen hat mir z. B. das folgende Zitat von Alfred Nobel, dem Erfinder des Dynamits:
"Die beste Entschuldigung für Prostituierte ist, dass Frau Justitia eine der ihren ist."
Da ließe sich einiges zu sagen. Eindeutiger Sieger beim beim Juristen-bashing aber ist Lord Byron:
"Sollte ich einmal einen Sohn haben, soll er etwas Prosaisches werden: Jurist oder Seeräuber."
Derzeit entscheiden sich wieder mehr Menschen für Seeräuber.
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