Trotzdem möchte ich die Kritik hier aufnehmen und zum Anlass für ein Mission Statement nehmen. Der Anonymus rät mir auszugsweise:
"Konsequenterweise sollte er sich dann aber auch nicht vom Staat durch Pflichtverteidigungen alimentieren lassen und sich ebenfalls nicht als Organ der Rechspflege betätigen. Konsequenz ist allerdings eine Eigenschaft, die man bei Rechtsanwälten oftmals vermisst. Ansonsten würde es ja viel mehr Dienstaufsichtsbeschwerden von Rechtsanwälten gegen Richter geben"
1.
Ich übernehme Pflichtverteidigungen nur in Ausnahmefällen, und in der Regel, wenn sie mir vom Mandanten angetragen werden. Das dient dann allenfalls der Alimentation des Mandanten. Pflichtverteidiger, die vom Gericht ausgewählt und bestellt werden, stehen in einem latenten Interessenkonflikt, der nur dann ausgeräumt ist, wenn gewährleistet ist, dass das Gericht sich bei seiner Auswahl nicht von eigenen Interessen leiten lässt. Das ist nach meinem Eindruck leider nur bei den allerwenigsten Richtern der Fall.
2.
An meiner Stellung als Organ der Rechtspflege vermag ich nichts zu ändern, sie steht im Gesetz (§ 1 BRAO). Nach herrschender Meinung ist § 1 BRAO jedoch kein Eingriffstatbestand, d. h., er dient nicht dazu, mich zu reglementieren. Vor diesem Hintergrund habe ich nichts dagegen, Organ der Rechtspflege zu sein. Es nützt meinen Mandanten.
3.
Ich vertrete ausschließlich die Interessen meines Mandanten. Dafür hat der Mandant mich zu bezahlen.
4.
Es gibt Einzelfälle, in denen das Interesse des Mandanten und der Wille des Mandanten nicht identisch sind. Diese Fälle sind für jeden Rechtsanwalt außerordentlich schwierig zu behandeln. Ob ich es vertreten kann, ein Mandat unter diesen Umständen zu führen, vermag ich nur im Einzelfall zu entscheiden.
5.
Im Interesse des Mandanten ist, was ihm bei der Durchsetzung seiner Ziele nutzt. Dienstaufsichtsbeschwerden z. B. nutzen dem Mandanten in der Regel nur dann, wenn es sein Ziel ist, seinen Unmut in eine leere Halle zu brüllen. Wenn das sein Begehr ist, bitte. Die meisten Mandanten weigern sich allerdings instinktiv, für solche Dienstleistungen zu bezahlen. Dann bekommen sie sie auch nicht. Das ist wie beim Aldi: Was sie nicht bezahlen, dürfen sie nicht mit nach Hause nehmen.
6.
Eine Konsequenz, die den Mandanten auf eine Wand zufahren lässt bis er dagegen prallt, lehne ich ab. Das wäre Prinzipienreiterei, und wo die hinführt, kann man bei Heinrich von Kleist nachlesen.
7.
Ein Berufsethos hingegen sollte jeder Rechtsanwalt haben und es auch intensiv kommunizieren. Damit hilft der Rechtsanwalt dem potentiellen Mandanten, den für ihn geeigneten Rechtsanwalt zu finden. Ein oktroyiertes Berufsethos, wie es derzeit immer wieder auch von Berufsverbänden oder berufsständischen Vereinigungen (Kammern) gefordert wird, lehne ich ab.
Christoph Nebgen
Da sie ihren Namen am Schluss dazugeschrieben haben, werfe ich mal in den Raum, dass sie dieses Mal besonders stolz auf ihr "Statement" waren!
AntwortenLöschenSieben Prinzipien gegen Prinzipienreiterei. Ein Werk, auf das die Welt gewartet hat. Urheberrecht dran und Unterschrift drauf. Meins!
AntwortenLöschenzu 1.: Warum sollte es für den Interessenkonflikt des Anwalts entscheidend sein, mit welchen Erwartungen das Gericht ihn beigeordnet hat. Wenn er seinen Beruf verfehlt hat und nur mit halber Kraft verteidigt, liegt das allein in seiner Verantwortung.
AntwortenLöschenzu 7.: Die Frage nach dem Berufsethos finde ich zumindest diskutabel. Ein solches Berufsethos darf indes die gesetzlich zulässigen Handlungsmöglichkeiten des Verteidigers nicht zum Nachteil seines Mandanten einschränken. Es stellt sich dann die Frage, was ein solches Berufsethos überhaupt regeln soll.