Am Donnerstag der vergangenen Woche wurden im Hamburger Hafen 79 Pendler entführt. Es war Feierabendverkehr der Fähre, die Pendler aus dem Stadtgebiet in die südlichen Stadtteile jenseits der Elbe verbringt. Fünf männliche und vier weibliche jugendliche Kurden verschafften sich Zutritt zur Brücke und brachten den Kapitän dazu, sein Ruder loszulassen.
Dann enthüllten sie ein Plakat mit dem Bild des inhaftierten Kurdenführers Öcalan und nutzten die Lautsprecheranlage, um pro-kurdische Parolen zu rufen. Zwei der Männer hielten die Tür zur Brücke zu. Die Fähre trieb vierzig Minuten steuerungslos auf der Elbe, dann bereitete die Wasserschutzpolizei dem Spuk ein Ende. Die Aktivisten ließen sich widerstandslos festnehmen. Verletzt wurde niemand. Die Lokalpresse hatte für mehrere Tage ihren Aufmacher.
Der Staatsschutz führt die Ermittlungen. Wie aber ist dieses Verhalten strafrechtlich zu würdigen? Nötigung des Kapitäns? Sicherlich. Nötigung der Fahrgäste, Freiheitsberaubung gar? Die Passagiere hätten ja ohnehin nicht von Bord gekonnt, die Fähre war ja auf der Elbe unterwegs. Nur eben etwas länger.
Daraus wird man mit etwas Willen wohl eine Freiheitsberaubung machen können, nur: Sollte man das auch tun? Auf die Reaktion der Justiz bin ich gespannt. Die Fahrgäste haben jedenfalls etwas zu erzählen.
Montag, 23. April 2012
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> nur: Sollte man das auch tun?
AntwortenLöschenGibt es Ihrer juristischen Meinung nach einen Grund, warum man "das" nicht tun sollte?
"Freiheitsberaubung gar? Die Passagiere hätten ja ohnehin nicht von Bord gekonnt, die Fähre war ja auf der Elbe unterwegs. Nur eben etwas länger."
AntwortenLöschenNach diesem Kriterium wäre aber auch in anderen Fällen eine Freiheitsberaubung unmöglich:
Die Station eines Skilifts kapern und die Gondelinsassen stundenlang nicht raus lassen. Sie hätten ohnehin nicht raus gekonnt, jetzt hat es eben etwas länger gedauert.
Einen Häftling nach Verbüßen seiner Strafe noch jahrelang in seiner Zelle schmoren lassen? Er konnte
ohnehin nicht raus, es hat jetzt nur noch etwas länger gedauert.
Wiegt §316c StgB da nicht schwerer?
AntwortenLöschenSeeverkehr = offenes Meer.
AntwortenLöschenLG Jonathan
Erschleichen von Leistungen! Oder hatten die Entführer einen Fahrschein?
AntwortenLöschen@RAin Braun:
AntwortenLöschenDer war gut!
Wie ist denn 'Seeverkehr' im §316c zu verstehen? Im Hamburger Hafen gilt ja neben der Hafenordnung auch die Seeschiffahrtsstraßen-Ordnung. Damit läge nach meinem Verständnis ja schon 'See' vor. Und da man sich in Hamburg ja jetzt mit Piraterieprozessen auskennt, läge das doch nahe. Wäre natürlich schlecht für die Kriminalitätsstatistik: Erster Pirateriefall seit x hundert Jahren im Hamburger Stadtgebiet...
AntwortenLöschen> Erster Pirateriefall seit x hundert Jahren
AntwortenLöschenDamals galt noch "Rübe ab" ;)