Dienstag, 12. Oktober 2010

Völlig aufgelöst

Sehr polemisch fordert der Kollege Möbius hier von der Rechtsanwaltskammer, sie möge ihn nicht mehr als Kollegen bezeichnen und sich sodann selbst auflösen. Der Rechtsanwaltskammer fehle die Fachkunde, ihm eine Rüge zu erteilen.

Nun frage ich mich zum einen immer, was so viele Kollegen gegen die Rechtsanwaltskammer haben. Gäbe es die Selbstverwaltung nicht, müsste eine staatliche Verwaltung eingesetzt werden. Und ob eine staatliche Aufsicht den Interessen der Anwaltschaft besser gerecht würde als die Anwaltschaft selbst, mag bezweifelt werden. Zumindest wäre sie weiter weg.

Zum anderen erlebe ich auch immer wieder, dass selbst ansonsten seriöse Kollegen verlangen, die Rechtsanwaltskammer möge sich auflösen, selbst abschaffen oder entsprechendes. Das mag als Polemik ja gerade noch taugen; sollte es ernst gemeint sein, wäre es ein Armutszeugnis für die Rechtskenntnisse des Betreffenden. Die Rechtsanwälte im Bezirk eines Oberlandesgerichtes bilden aufgrund Bundesgesetzes eine Rechtsanwaltskammer, § 60 BRAO.

Da bleibt für eine Auflösung kein Raum, schon gar nicht für eine "Selbstauflösung". Der Gesetzgeber - also das Parlament - müsste die Kammern schon durch Gesetztesänderung abschaffen - und dann wären die ewigen Nörgler wahrscheinlich die ersten, die sich nach den Kammern zurücksehnen würden.

Was die ebenfalls angesprochene Fachkunde angeht, Rügen zu erteilen: Auch dies ist eine gesetzlich zugewiesene Aufgabe der Rechtsanwaltskammern, delegiert auf deren Vorstand, § 74 BRAO - bei dem Verhalten einiger Kollegen übrigens nicht die schlechteste. Fachkunde ist hierfür sicher wünschenswert, aber nicht Voraussetzung.

Und Kollegen sind die Rechtsanwälte doch schließlich alle, oder?

15 Kommentare:

  1. Wer mich Kollege nennt, ist selber einer.

    AntwortenLöschen
  2. Warum nennen wir Anwälte uns eigentlich immer "Kollegen"? Ich find das peinlich. Kollege hat was nettes. Viele Anwälte können die anderen Anwälte doch in Wirklichkeit nicht ausstehen bzw. kennen sie nicht einmal. Es wird aber gegrüßt: "Mit kollegialen Grüßen"...

    Albern find ich das. Hat so einen SPD-Touch. Furchtbar. Ich schließe mich Herrn Möbius an und fordere die Selbstauflösung (falls ER diese Meinung je hatte) und Neubildung.

    AntwortenLöschen
  3. @ Christian: Ich stimme Ihnen insoweit zu, als ich etliche Kollegen wüsste, die sich durchaus selbst auflösen könnten.

    Aber Kollegen mit Genossen gleichsetzen, wo kommen wir denn da hin?

    Und im Ernst: Kollege kommt von Kollegium - Körperschaft, denn genau das ist die Rechtsanwaltschaft.

    AntwortenLöschen
  4. und da wir Rechtsanwälte Organe der Rechtspflege sind, bedarf es eines Körpers;
    irgendwie logisch.
    Spaß beiseite:
    Kollege kommt nicht von Kollegium sondern leitet sich von den lateinischen Wörtern cum und lex ab. Kollege bedeutet vom traditionellen Wortsinn her Person die unter gleichem Recht steht. Man erkennt dassselbe also durch die Bezeichnung an.

    AntwortenLöschen
  5. 1. Dass der Kollege Möbius hier nur referiert, aber keine eigenen Meinung äußert, ist Ihnen noch nicht aufgefallen?

    2. Wozu, bitte, brauchen wir eine "Verwaltung"? Zulassungen wurden früher problemlos durch das Ministerium erteilt, wenn ich Fehler mache, möge man mich ggf. vor Zivilgerichten verklagen und ansonsten kann ich mich sehr gut selbst verwalten.

    AntwortenLöschen
  6. @RA JM
    Vorsicht, sonst kommt wieder ein Blogeintrag der mit "Beleidigung, Verleumdung, Üble Nachrede" getaggt ist ;)

    AntwortenLöschen
  7. @RA JM:
    Und was, wenn es kein Fehler ist, der zu einem Schaden geführt hat (nur dann kann Sie jemand sei es im Wege der Feststellungs- oder Leistungsklage verklagen)?
    z.B.: Der RA, der sich als Verteidiger bestellt und dann munter bei der Polizei als Zeugenbeistand aufläuft?
    Oder : Der RA, der seinen Kanzleisitz wahlweise per bei einem Kollegen, nachdem Post dort offenbar mangels Zahlung der Büromiete nicht mehr ankommt unter der Anschrift einer Gartenlaube unterhält?
    oder dem, der Empfangsbekenntnisse schlichtweg gar nicht abgibt oder ersichtlich erstunken und erlogen datiert?
    Oder der, der sich von Anlegerschützervereinen (oder sonstigen Gruppierungen) gegen Provision Mandanten zuführen lässt?

    Alles schon dagewesen, nicht strafbar, nicht zivilrechtlich ahndbar, aber halt nicht vereinbar damit, dass das vielzitierte "rechtssuchende Publikum", das vielleicht noch nicht einmal merkt, wenn ihm durch Anwaltsverschulden ein Schaden entsteht, vor deartigen Subjekten, pardon, Kollegen, geschützt werden sollte.

    Wer für sich in Anspruch nimmt, dass das Mandatsverhältnis besonderen Schutz und man selbst bei der Berufsausübung gewisse Privilegien genießt (z.B. Geldwäscheverdacht, Beschlagnahmefreiheit, keine Telefonüberwachung, Verschwiegenheit u.a.), wer zudem die Vorteile eines (zumindest in zahlreichen Bundesländern)Versorgungswerkes gegenüber einer umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung (als angestellter RA) genießt, der sollte sich mit den minimalen Beschränkungen, die mit der Mitgliedschaft in der RA-Kammer verbunden sind, einigermaßen arrangieren können.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. @klabauter; schon weit hergeholt "Beschlagnahmefreiheit" - wo leben Sie eigentlich, sehr geehrter Herr Kollege ? Eskommt mittlerweile fast jede Woche vor, dass bei einem Kollegen die Staatsanwaltschaft (sowohl privat, als auch geschäftlich) eindringt ! Verfassungsbruch ohne Ende nennt man das !!!

      Löschen
  8. Alles Verleubnung der Anwälte!!!

    AntwortenLöschen
  9. Heiligs Blechle!
    Ihr habt Probleme..
    Ich warte dann darauf, daß sich Anwälte untereinander mit "Ey, Alder!" anreden.
    Lawyer-Trek, The Next Generation: Ferengi vs. Klingone.
    Klingt alles sehr professionell und vertrauenswürdig. Als würden sich vernünftige Erwachsene unterhalten, über kleine Kinder.

    AntwortenLöschen
  10. @ Anonym.
    "und da wir Rechtsanwälte Organe der Rechtspflege sind, bedarf es eines Körpers"

    Für unbeliebte "Kollegen" dann die Anrede:
    Sehr geehrtes Ausscheidungsorgan der Rechtspflege, ?

    AntwortenLöschen
  11. "Sehr polemisch fordert der Kollege Möbius" - nee, nee - da hat der Kollege Melchior schon recht, es geht nicht um mich. Die Überschrift ist eine Kurzfassung des Einspruchs, der aber nicht von mir stammt. Mit der Kammer hatte ich das letzte Mal was bei meiner Fachanwaltszulassung zu tun. Fast ein Jahr nach Antragstellung stellte sich raus, dass alle meine eingereichten Unterlagen beim Fachanwaltsausschuss verschwunden waren. Vielleicht sollte ich da mal was drüber schreiben ...

    AntwortenLöschen
  12. @RA Möbius: Da haben Sie aber Pech gehabt, bei meinem Antrag war nur die Hälfte der Unterlagen verschwunden... ;-)

    AntwortenLöschen
  13. @ Nebgen: Bei welchem - dem FA für Strafrecht oder dem so gescholtenen für Verkehrsrecht?

    AntwortenLöschen