Dienstag, 17. Januar 2012

Immer vor Gericht verloren

Die Süddeutsche Zeitung hat heute einen überaus interessanten Beitrag veröffentlicht über den Mann, der vorige Woche im Amtsgericht Dachau einen Staatsanwalt erschossen und einen Richter zu töten versucht hat. Offenbar hat sich der Täter seinem Pflichtverteidiger offenbart und dieser dann die Presse informiert. Mit Einverständnis seines Mandanten, wie wir hoffen wollen.

Der Bericht eröffnet Einblick in mindestens eine fremde, seltsame Welt. Zunächst die des Täters: Grund für seine Tat sei gewesen, dass er "seit sieben Jahren immer vor Gericht verloren habe". Er habe sich "ungerecht behandelt" gefühlt. Sieben Jahre Pech, sozusagen. Zu den Tatumständen habe der Täter nichts gesagt, sich dafür aber darüber beklagt, dass er seit seiner Verhaftung nichts gegessen und keine passende Wäsche bekommen habe. Der Mann wird psychiatrisch untersucht; ich gehe davon aus, dass in der Zusammenfassung des Gutachtens der Begriff "narzisstische Persönlichkeitsstörung" auftauchen wird.

Die Frage, die sich hier stellt, ist: Hat dies die Justiz verschuldet oder gibt es einfach immer mehr Menschen, deren subjektives Rechtsempfinden derart krass von der Realität abweicht, dass sie im Extremfall sogar zur Waffe greifen? Michael Kohlhaas war ursprünglich zumindest im Recht.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass jemand vor Gericht verliert. Die meisten Menschen empfinden es schon als Niederlage, wenn sie nicht gewinnnen. Also ist für diese Menschen schon ein sinnvoller Vergleich eine gefühlte Niederlage. Es kommt auch häufiger vor, dass jemand vor Gericht zu Unrecht verliert. In diesem Sinne wird es vor Gericht immer mehr Verlierer als Gewinner geben.

Aber es ist außerordentlich unwahrscheinlich, dass jemand immer nur zu Unrecht verliert. Da ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass derjenige ein gestörtes Rechtsempfinden hat, oder sagen wir vorsichtiger: Ein Rechtsempfinden, dass sich in den geltenden Gesetzen nicht wiederfindet. Diese Menschen wären mehr als andere auf einen guten Rechtsberater angewiesen, den sie aber selten in Anspruch nehmen, da sie ihr Recht ja zu kennen meinen.

Die meisten Rechtsanwälte dürften solche Mandanten kennen und sprechen dann gerne und zu Recht von "Beratungsresistenz".

5 Kommentare:

  1. cepag:
    Ich kenne auch anwaltliche Kollegen, die "seit sieben Jahren immer vor Gericht verloren haben". Jedenfalls fast immer. Oder sehr oft. Die stecken auch nicht auf. Und sie erschießen niemanden.
    Ich habe sie aber gern im Prozess auf der Gegenseite.

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  2. Der Unterschied, ob ein Anwalt regelmäßig verliert, oder aber ein Mandant, ist dann doch schon noch vorhanden.

    Für den Mandanten ist es ja nicht selten ein Vertrauensverlust in das Rechtssystem (so es denn eine umstrittene Niederlage war), und häufig mit dauerhaften Sanktionen verbunden, beruflich, sozial, monetär.

    Der Anwalt hingegen wird, abhängig von dem konkreten Fall, meist nur ein geknicktes Ego aus einer Niederlage mitnehmen. Bezahlt wird er auch in diesem Fall, und ausser vielleicht dem Ruf, der je nach fachlichem Schwerpunkt leiden kann, und vielleicht Kantinenklatsch am Gericht, bleibt da nichts hängen.

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  3. Kleinunternehmer und immer vor Gericht verloren kann auch dann der Fall sein, wenn er tatsächlich im Recht gewesen wäre, nur es überhaupt nicht belegen konnte, da absolut naiv.

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  4. Es ist naiv und verantwortungslos, wenn Menschen nach "subjektiven" Verhalten dem "Michael-Kohlhaas-Syndrom" gleich gestellt werden! Wer den letzten Tatort am Sonntag gesehen hat, kann sich ein wages Bild von dieser mittlerweile in der Psychotherapie anerkannten Erkankung ein Bild machen, was diese Krankheit bei einem Menschen bewirkt!!! Der Soldat hat bewusst am Ende des Films seinen Tod, welcher durch einen SEK-Scharfschützen ausgeführt wurde, in Kauf genommen.
    Daher kann ich die Dummen unqualifizierten Sprüche wie der erstgenannte Kommentator nicht mehr ertragen.

    Hierbei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob jemand seit vielen Jahren Gerichtsprozesse verleirt; sondern "zu Unrecht" grundsätzlich für Schuldig erklärt wird. Auch wenn in Deutschland das Richterrecht gilt, so kommt es immer auf die "richtigen Beziehungen" an!!!

    Noch in diesem Jahr wird ein Buch über die "Trukturen des Landesbetriebes Straßenbau NRW" erscheinen. Dies soll keine Werbung sein; jedoch wird auch dieses sensible Thema umfassend aufgeführt.

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  5. wenn das gericht psychischkranke ihr unwesen treiben laesst ohne ueberpruefung,,dann verstehe ich diese welt nicht mehr,,mir ergeht es seit 12jahren so.obwohl die luegen bewiesen sind,,werde ich immer wieder mit neuen geschichten angegriffen,,habe alles gewonnen ,,aber zu guterletzt wurde zu meinen ungunsten ein vergleich geschlossen!!

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