Freitag, 20. Januar 2012

Bärendienst des Bundesverfassungsgerichts

Durch das Internet geistert heute ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, mit dem einer Beschwerdeführerin unter anderem EUR 300,00 Missbrauchsgebühr auferlegt wurden. Die recht kurz gehaltene Entscheidung findet sich hier. Genüsslich breit getreten wird sie u. a. hier.

Den Weg in die breite Öffentlichkeit hat die Entscheidung deshalb gefunden, weil das Bundesverfassungsgericht es sich nicht hat nehmen lassen, einige Passagen aus den Beschwerdevorbringen der sehr wahrscheinlich psychisch schwer kranken Beschwerdeführerin zu zitieren. Im Ausgangsverfahren ging es offenbar um die Frage, ob oder an welchen Tagen die Musik Richard Wagners aufgeführt werden dürfe; die Beschwerdeführerin wird zitiert, dass "Richter Bärli" vom "Bundesbärengericht" über eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mehrere Tage lang geweint habe.

Die Dame hatte ihre Beschwerde auch auf ausdrücklichen Hinweis der Kammer (nicht des Senats) nicht zurücknehmen mögen, sondern statt dessen darauf hingewiesen, es könne kein Zufall sein, dass in der Bundesversammlung "alle Politiker blaue Sachen" getragen hätten.

Das ist traurig, aber solche Menschen gibt es. Immer mehr, mag man befürchten. Sie sind für ihre Umwelt eine Belastung und häufig auch ein Ärgernis. Dass allerdings die höchste Instanz im Deutschen Recht sich dazu herablässt, solch einer armen Person nicht nur eine Missbrauchsgebühr hinterher zu schleudern, sondern das ganze dann auch noch gezielt in der Öffentlichkeit auszubreitet, wo die allermeisten anderen Entscheidungen im stillen Kämmerlein verbleiben, das zeugt nicht von allzu viel Souveränität und Würde.






2 Kommentare:

  1. Es ist interessant, dass Sie per Ferndiagnose aus einigen Worten der Entscheidungsbegründung des BVerfG die Beschwerdeführerin als "sehr wahrscheinlich psychisch schwer krank" erkennen, während Ihr Anwaltskollege, der die BF unmittelbar vor der Verfassungsbeschwerde vor dem OVG und dem BVerwG vertreten haben muss (Anwaltszwang!) und vermutlich besser kennt, davon offenbar nichts mitbekommen hat.

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  2. Hm, das habe ich doch schon vor über einem Jahr im Verfassungsblog lesen können …
    http://verfassungsblog.de/bverfg-missbrauchsgebhr-gegen-psychisch-kranke/

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