Donnerstag, 10. November 2011

ICH habe IHR Recht, aber SIE können es bei MIR kaufen

Wer nicht wirbt, der stirbt.

Dieses Henry Ford (1863 - 1947) zugeschriebene Zitat galt für Rechtsanwälte lange Zeit nicht. Denn den Rechtsanwälten war Werbung standesrechtlich verboten. Trotzdem sind die Rechtsanwälte damals nicht etwa gestorben, sondern lebten sogar recht gut, in der Regel sogar wesentlich besser als heute. Vielleicht wusste Henry Ford das nicht, oder vielleicht ist das Zitat auch doch gar nicht von ihm.

1987 war bekanntlich Schluss mit den Standesrichtlinien und seither ist auch das Werbeverbot der Rechtsanwälte auf dem Rückzug. Mittlerweile dürfte der Kollege Kleine-Cosack die herrschende Meinung vertreten, der ein Werbeverbot für Rechtsanwälte für "weitgehend rechtspolitisch verzichtbar" hält. Laut Kleine-Cosack dürfte bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung vom heute in § 43b Bundesrechtsanwaltsordnung geregelten Werbeverbot praktisch nichts übrig bleiben. Und da haben wir über mögliche europarechtliche Gesichtspunkte der Werbefreiheit noch gar nicht gesprochen.

Da verwundert es, dass sich einige Rechtsanwaltskammern offenbar ein erbittertes Rückzugsgefecht gegen die Werbefreiheit leisten. Ein schönes Beispiel verdanken wir dem Kollegen Sturm, der es in seinem Blog hier genüsslich darbietet. Und sein Werbeslogan ist wirklich hübsch. "Mit uns müssen sie kein Recht haben, um Recht zu bekommen", umschreibt der Kollege auf originelle Art und Weise den Umstand, dass man vor Gericht mit Rechtsanwalt eben mehr Chancen hat als ohne. Diese Information allein dürfte für viele Menschen doch schon von großen Wert sein. Sachbezogen ist sie allemal und originell noch obendrein: Sie spielt elegant mit der alten Binsenweisheit, wonach Recht haben und Recht bekommen zwei verschieden Dinge sind.

Originalität und Humor sind in der Werbung selten genug, aber Teile der Anwaltschaft möchten beides offenbar auch noch systematisch ausrotten. Das ist schade und auch kaum im Interesse der Anwaltschaft, die die Kammern nicht nur verwalten, sondern auch vertreten sollen.

Da ich in der Stadt lebe, in der bewiesenermaßen die beste Werbung Deutschlands gemacht wird, habe ich mich in der Überschrift auch einmal an einem Slogan versucht.

4 Kommentare:

  1. Scharnold Warzenegger10. November 2011 um 08:31

    Den Slogan "Mit uns müssen sie kein Recht haben, um Recht zu bekommen", kann man wohl nur als Jurist anders deuten, als er klingt.

    Jeder normale Mensch versteht darunter: "der setzt meinen Willen durch, auch wenn das eigentlich gar nicht geht". Und genau so sollte er Zwecks Mandantenfang auch verstanden werden. Ansonsten hätte man sich die vorsätzlich werbende Zweideutigkeit sparen können.

    Mich erinnert das stark an ein Unternehmen für Inkasso, welches mit dem Slogan "Ihr Schuldner muß kein russisch können, um uns zu verstehen" warb. Da weiß auch jeder, was gemeint ist, ohne es deutlich auszusprechen.

    Unabhängig davon, ob man mit oder ohne Anwalt vor Gericht auftritt, sollte der Recht bekommen, der im Recht ist. Kokettiert jemand mit der (unglücklicherweise zutreffenden) Binsenweisheit, daß Justizia blind ist, dann kann man das wohl nur als "werbend dargestellte Rechtsbeugung" verstehen. Jedenfalls kann das vorsätzliche Verschaffen von Recht, wo keines ist, nur als Mißbrauch verstanden werden.

    Daß Sie eine andere Auffassung vertreten, ist wohl der (manchmal stark verdrehten) Weltansicht eines Strafverteidigers zu verdanken.

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  2. @ Scharnold: Was macht Sie eigentlich so sicher, dass der "normale Mensch" hier Recht hat und der Jurist mal wieder alles verdreht?

    Sie gehen offenbar von der Annahme aus, dass es ein absolutes Recht gibt, dass man nur finden muss. Das ist aber falsch. Das was Sie meinen, ist Mathematik. Recht ist aber keine Mathematik.

    Vor Gericht gibt es erstaunlich wenig, das "eigentlich gar nicht geht" und erst recht kein einzig richtiges Ergebnis. Und da lohnt es sich, jemanden zu beauftragen, der sich damit auskennt. So einfach. Auch für einen "normalen Menschen".

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  3. Werbende Anwälte gehen grundsätzlich in Ordnung. Womit sollen Anwälte letztlich werben? Stets aktuelle Kenntnisse? Technische Ausstattung auf dem letzten Stand? Qualifiziertes Personal? Alles Selbsverständlichkeiten. Selbst Hinweise auf gewonnene Verfahren sind für mich letztlich kein werbliches Argument. Bei aller Planung, bei aller Fachkenntnnis, bei allem Geschick: wenn der Richter nicht mitzieht - es soll auch unqualifizierte Richter geben - und der Mandant falsch oder unvollständig informiert und sich an Absprachen nicht hält, ist alle Kunst vergebens. Ich habe mich bisher mit durchschnittlich guter Erfolgsquote auf mein Bauchgefühl verlassen. Hinzu kommt das Gefühl bei der ersten Kontaktaufnahme mit der Kanzlei. Und - ich entschuldige mich bei allen Anwälten mit Kanzleien in 1a Lagen - ob ich den Eindruck gewinnen muss, daß der Anwalt viel mehr in das Design seiner Kanzlei investiert statt in Literatur oder Fortbildung oder schlicht und einfach in seinen Beruf. Also: auch ich weiss nicht so recht, was nun wirklich relevant ist. Werbung halte ich bei Anwälten eher für Schall und Rauch.

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  4. Scharnold Warzenegger11. November 2011 um 00:30

    Was Sie da im Kommentar schreiben, sehr geehrter Herr Nebgen, ist völlig zutreffend. Nur geht es an der Sache vorbei. Es ging um die Formulierung der Werbung. Und die fand ich - nachvollziehar? - daneben.

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