Wann immer gefordert wird, Rechte der Strafverteidigung einzuschränken, ist in der Regel von der Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege die Rede, die nämlich ansonsten gefährdet sein soll. Der Kollege Ulrich Sommer hat hierzu in der aktuellen Ausgabe der StraFo einen hervorragenden Aufsatz geschrieben.
So hat der Kollege diverse Fälle recherchiert, in denen das Bundesverfassungsgericht Beschuldigtenrechte mit dieser Argumentationsfigur eingeschränkt hat. Es hat damit gerechtfertigt u. a.
- die Verwendung beschlagnahmter Unterlagen einer Drogenberatung,
- ebenso privater Tonaufnahmen oder
- gesetzeswidrig angeordneter Telefonüberwachungen
- die Verwendung intimer Tagebücher
Um die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege nicht zu gefährden könne auch
- dem Zeugen ein Rechtsbeistand verweigert werden oder
- einem Tierarzt das Zeugnisverweigerungsrecht oder
- dem Angeklagten das Antragsrecht entzogen werden.
Allesamt Grundrechtseingriffe. Was aber ist diese ominöse Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege, derentwegen das Bundesverfassungsgericht reihenweise Grundrechte eingeschränkt aber noch niemals ein einziges Beschuldigtenrecht begründet oder erweitert hätte?
Es gibt sie nicht. Niemand befürchtet ernsthaft, der Rechtsstaat könne zusammenbrechen, weil ein Beschuldigter sich auf seine Grundrechte beruft. Mit den Worten des Kollegen Sommer:
"Eingebettet in zahlreiche andere Ordnungsvorschriften zur sozialen Kontrolle abweichenden Verhaltens "funktioniert" die Strafjustiz seit Jahrzehnten ohne jeden Anschein existentieller Defizite."
Wenn die Funktionstüchtigkeit in Gefahr sei, dann höchstens, weil in der Justiz Stellen gestrichen und Verfahrensrechts eingeschränkt würden. Das hat das Bundesverfassungsgericht allerdings bisher noch nicht zur Sorge gereicht. Der Topos der "Gefährdung der Strafrechtspflege" diene dem Bundesverfassungsgericht daher auch nicht zum existenziellem Erhalt des Rechtsstaates, sondern zur Implementierung des eigenen Rechtsverständnisses, dort wo andere Argumente fehlen.
Richtig schön wird es aber erst, wenn der Kollege Sommer argumentiert, und das tut er brillant:
Der Rechtsstaat setze begrifflich voraus, dass es Instanzen zur Kontrolle staatlicher Macht gebe. Rechtsstaatlichkeit sei "der Versuch, die Art der Ausübung der Macht zu kontrollieren." Diese Kontrollinstanzen mit dem Argument der Funktionsfähigkeit ihrerseits einzuschränken, sei ein "systembedingter Widerspruch".
Diese Argumentation sollte so mancher mal auf sich wirken lassen.
"Wenn die Funktionstüchtigkeit in Gefahr sei, dann höchstens, weil in der Justiz Stellen gestrichen und Verfahrensrechts eingeschränkt würden. Das hat das Bundesverfassungsgericht allerdings bisher noch nicht zur Sorge gereicht."
AntwortenLöschenDas stimmt so zum Glück nicht. Ich erinnere exemplarisch an den Fall, in denen das BVerfG die Untersuchungshaft für einen (geständigen) Vergewaltiger nach 7 1/2 Monaten aufgehoben hat, weil es aufgrund der Unterbesetzung von StA und LG zu Verzögerungen kam. Da klingt die Kritik an der (durch die Politik zu vertretenen) personellen Ausstattung der Gericht mehr als deutlich durch, etwa wenn es heiß:
"Kann dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot in Haftsachen nicht Rechnung getragen werden, weil der Staat seiner Pflicht zur verfassungsgemäßen Ausstattung der Gerichte nicht nachkommt, haben die mit der Haftprüfung betrauten Fachgerichte die verfassungsrechtlich gebotenen Konsequenzen zu ziehen, indem sie die Haftentscheidung aufheben." (BVerfG, Beschluss vom 30.07.2014, 2 BvR 1457/14)
Mal sehen, wie schnell sich die Personalsituation ändert, wenn die ersten Gerichte beginnen, diese Rechtsprechung in die Tat umzusetzen.
Das man das überhaupt "Strafrechtspflege" nennt. Zum Glück darf nur dem Zeugen ein Rechtsbeistand verweigert werden. Eigentlich sollte das ja mehr auf den Angeklagten zutreffen, da die Staatsanwaltschaft ja ohnehin objektiv ist. Die objektivste Behörde Welt.
AntwortenLöschenIn Coburg werden Richter als Zeugen vorgeladen in Strafverfahren vorgeladen, die dann lügen, dass die Schwarte kracht.
Da ist so in Ordnung sagt auch die GStA in Bamberg und der Landesjustizminister. Es ist korrekte Strafrechtspflege:
http://blog.justizfreund.de/?p=6067
Es weiss ich aber nicht wie ich das werten soll, denn die Zeugen sind als Richter ja selbst als Volljuristen rechtskundig besonders wenn einer von beiden auch noch Strafrichter am Landgericht ist.
Dem Angeklagten zu dessen Nachteil von beiden Richtern gelogen wurde ist ein Pflichtverteidiger verweigert worden obwohl man erklärte, dass er geistig so krank ist, dass er rechtlich gar nichts verstehen könnte, wie üblich:
http://blog.justizfreund.de/?p=291
Wobei auch der entscheidende Strafrichter log und die Staatsanwaltschaft auch. 4 lügende Volljuristen gegen einen Proleten, der rechtlich nichts verstehen kann.
Es gab noch keinen Staatsjuristen, der es nicht sogar gerade als faires Verfahren (Artikel 6 EMRK)angesehen hätte.
Die Reisekostenerstattung hat es bis heute nicht gegeben:
http://blog.justizfreund.de/?p=5595
Um den mittellosen wegen Beleidigung Angeklagten zuvor zu vernehmen hat man extra einen Kripobeamten über 400km nach Bielefeld geschickt wo der Beschuldigte dann 60km fahren sollte um sich dort mit ihm zu treffen. Der lag aber zu dem Zeitpunkt im Krankenhaus.
Unglaublich was für ein Verurteilungsaufwand betrieben wird wegen angeblicher Beleidigungen also für Worte!
Genau so erstaunlich ist es, was für ein völlig haltloser Schwachsinn angeklagt wird, weil jemand verurteilt werden soll:
http://blog.justizfreund.de/?p=6347
Wieviel schuldige Straftäter mag es nur aufgrund verpasster Fristen für eine Beschleunigung geben?
Wenn man das einmal erlebt, dann wird einem in der Justiz deutlich gemacht, dass es die Tat dann auch tatsächlich gegeben hat incl. der Straftat, dessen Straftäter man definitiv absolut ist aber man hatte nur eine Frist versäumt aufgrund der Beschleunigung.
"Die Justiz kontrolliert sich selbst."
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