Montag, 2. Dezember 2013
Der Verfassungsrechtler rotiert
Zur journalistischen Minusleistung von Marietta Slomka im "Gespräch" mit Sigmar Gabriel habe ich ja hier schon etwas geschrieben und nehme erfreut zur Kenntnis, dass sogar noch jemand meiner Ansicht ist. Es ist allerdings wirklich merkwürdig, dass fehlende Qualität von einigen nicht nur nicht bemerkt wird, sondern auch noch für ihr Gegenteil gehalten wird.
Aber was ist jetzt eigentlich mit den angeblichen verfassungsrechtlichen Einwänden? Worin die begründet sein sollen, habe ich gelesen, aber nicht nachvollziehen können. Ganz offenbar verwechseln hier einige Zeitgenossen auch die freie Meinungsbildung mit ihrem Gegenteil, und wollen den Parlamentariern vorschreiben, wie sie zu ihrer Meinung zu kommen haben. Nichts anderes ist es nämlich, wenn man das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 38 GG resultierende freie Mandat dadurch einschränkt, dass es sich nicht an seiner Basis soll rückversichern dürfen. Klingt kompliziert? Ist es aber gar nicht.
Jeder Bundestagsabgeordnete ist an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, sondern nur seinem Gewissen verpflichtet. Wie der Bundestagsabgeordnete zu seiner Meinung kommt, ist daher völlig seine Sache. Ob er sich von Lobbyisten überzeugen lässt (kommt häufig vor), oder seine Wissenschaftlichen Mitarbeiter in die Bibliothek schickt (kommt vielleicht nicht ganz so häufig vor), ist ganz ihm überlassen. Wenn er wollte, könnte er auch aus den Eingeweiden toter Tiere lesen, ob er dem nächsten Auslandseinsatz der Bundeswehr zustimmt oder nicht. Er ist dabei nur seinem Gewissen verpflichtet. So steht es in Artikel 38 des Grundgesetzes.
Die SPD möchte jetzt ihre Mitglieder befragen, ob es hinter einer Großen Koalition steht. Grund dafür gibt es genug, denn viel Großes haben Große Koalitionen bisher noch nicht erreicht, weder hier noch anderswo. Das ist keine Weisung, wie der eine oder andere Staatsrechtler wohl tatsächlich meint, sondern das ist Meinungsbildung. Vielleicht sogar die Idealform der Meinungsbildung.
Das soll gegen die Verfassung verstoßen? Da haben sich einige Verfassungsrechtler wohl ein paar Mal zu oft um sich selbst gedreht.
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Das Votum ist an den Parteivorstand addressiert und betrifft die Abgeordneten gar nicht. Das ist eine rein innerparteiliche Abstimmung der SPD ohne Bindungscharakter für irgendwen.
AntwortenLöschenDer Beitrag liest sich, als wäre der Verfasser SPD-Mitglied oder jedenfalls Sympathisant. "Erkenntnisleitendes Vorinteresse" nennt man das wohl.
AntwortenLöschenWie war das nochmal mit dem "Russeninkasso"? Zwei unauffällig auffällige Herrn, die einem in der Öffentlichkeit überall hin folgen um die Meinungsbildung Richtung Aufnahme des Schuldendienst zu fördern. Gab's da ein Problem? Kann ja wohl nicht sein.
AntwortenLöschenÜber die Zwerge und Schneewittchen aus Karlsruhe dar man ja sicher auch mal Kritisches sagen, mahnen, dass sie den Freiraum des Gesetzgebers nicht zu stark einschränken dürfen etc. aber eines hab sie da schon kapiert: Rechte sind abstrakt, aber sie müssen in der Realität wirksam werden. Die Realität bietet aber oft Schlupflöcher mit denen man den Buchstaben der Verfassung genügt, während man sie in der Praxis aber aushöhlt. Das soll nicht sein.
Wer hat denn den Antrag gestellt? Da hat wohl einer zu viel Marietta Slomka geguckt. Oder war sie es am Ende selbst? Oder der senile Degenhart?
AntwortenLöschenhttp://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg13-073.html