Nun ist die Kollegin Strafrechtlerin und schreibt entsprechend über Strafrecht. Und weil in letzter Zeit auch das eine oder andere Mandat den Vorwurf von Sexualstraftaten betraf, schreibt sie eben auch darüber, so zuletzt über § 184 StGB (Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie).
Nun ist hinlänglich bekannt, dass diese Mandanten in der Bevölkerung nicht die allergrößte Wertschätzung genießen, was aber heute ankam, verwundert dann doch:
Die Kollegin erhielt eine E-Mail des Anbieters, man habe ihren Beitrag gelöscht. Man begründet dies wörtlich damit, dass man
"aufgrund einiger unerfreulicher Vorkommnisse ... die Veröffentlichung von Fachartikel(n) zu diesem Themenkreis nicht mehr gestatte"
Man möge bitte
"keinerlei Fachartikel (veröffentlichen), die in gleich welcher Weise mit Pornographie in Verbindung zu bringen"
seien. Diese Maßnahme, so mutmaßt man, diene
"der sicherlich auch in Ihrem Interesse liegenden Qualitätssicherung und der guten Reputation"
des Anbieters.
Da verschlägt es einem erst einmal die Sprache. Es gibt also inzwischen Internetforen für Rechtsanwälte, die den Austausch über Erfahrungen mit Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung untersagen und dies für eine Maßnahme der "Qualitätssicherung" halten! Und dahinter steckt nicht etwa EMMA oder die Katholische Kirche, sondern ein großer juristischer Fachverlag!
Ich ringe immer noch um Worte und habe deshalb erst einmal geschrieben. Neben diesem Artikel ein Aufforderungsschreiben zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Ein Rechtsstreit, auf den man gespannt sein darf.
"Ich ringe immer noch um Worte und habe deshalb erst einmal geschrieben."
AntwortenLöschenSay no more.
Nur worauf begründet sich die Unterlassungserklärung?
AntwortenLöschenClever - so bekommen vielleicht beide ihren "shot" auf eine Veröffentlichung in einem Fachblatt.
AntwortenLöschenDen Artikel kann man übrigens, wenn ich nicht falsch liege, auch bei 123recht.net finden:
AntwortenLöschenhttp://www.123recht.net/-184-StGB-Besitz-und-Verbreitung-von-Kinderpornografie-__a91208.html
Soweit ich das jedoch richtig sehe, geht es dem Anbieter doch nicht darum, dass nicht über Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung geschrieben wird, sondern einzig und allein um die Tatsache, dass die Worte Pornographie und Kinderpornographie erwähnt werden, über sexuellen Mißbrauch und Vergewaltigung bspw. kann durchaus berichtet und geschrieben werden.
AntwortenLöschenDie Wörter Pornographie oder Kinderpornographie sind für sich genommen wertfrei. Ihre Verwendung fällt unter den Schutzbereich des ART 5 GG.
AntwortenLöschenEine strafbewehrte Unterlassungerklärung als Medizin gegen morbus zensus dürfte helfen. Wird Sie nicht abgegeben, dürfte der Patient eine längere Kur benötigen. Die Streisand-Kliniken sind sicherlich gerne flankierend behilflich.
Unfaßbar, zu welchen Auswüchsen sich verstiegen wird. Soetwas kann doch nur allgemeines Kopfschütteln auslösen
Die Anspruchsgrundlage für den Unterlassungsanspruch würde mich jetzt aber auch interessieren. So im ersten Nachdenken fällt mir da nichts ein:
AntwortenLöschen1. Aus dem Vertragsverhälnis ?
Hier könnte ein Anspruch auf Veröffentlichung bestehen, in den AGB des Verdächtigen findet sich keinerlei Hinweis auf ein Recht Beiträge "wegen schlechter Erfahrung" vom Netz zu nehmen. Aber gibt dies auch einen Unterlassungsanspruch für die Zukunft ?? Ist wohl eher ein Erfüllungsanspruch...
2. Aus sonstigem Recht ?
UWG? UrhG ? hmmmmm....
@Cledrera: Ich teile die Meinung, widerspreche aber der Sichtweise, der Begriff "Pornografie" sei wertfrei. Ganz im Gegenteil wirst Du Nacktbilder (ob mit oder ohne Darstellung einer sexuellen Handlung) nicht von Pornografie unterscheiden können, wenn Du Wertungen unterlässt. Ich bin _nicht_ sicher, ob jedes Nacktfoto schon deshalb das Label "Porno" verdient. Du schon?
AntwortenLöschenMan könnte allenfalls über eine urheberrechtliche Anspruchsgrundlage nachdenken - das "Abschalten" könnte eine "Entstellung oder sonstige Beeinträchtigung" i.S.d. § 14 UrhG darstellen.
AntwortenLöschenAber so richtig überzeugend finde ich das eher nicht - wäre ja schon eigenartig, wenn man einen Anbieter auf diesem Weg verpflichten könnte, die Seite bis zum Ablauf von 70 Jahren nach dem Tod des Autors zu hosten...
Aber ein netter Flamewar zwischen den Kollegen hier! Wobei ich als gewerblicher Rechtsschützer natürlich beiden Kontrahenten nahe lege, die Grenze zur Beamtenbeleidigung nicht zu überschreiten - sonst gibt das noch ein Ermittlungsverfahren, auf den man gespannt sein darf ;-).