Montag, 26. November 2012

Nur wenige sind auserwählt


Am Freitag * haben einige Anhänger des Hamburger Sport Vereins auf den Rängen mal wieder ein Feuerwerk abgebrannt. Eigentlich ist das strafbar nach § 40 Abs. 1 des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (SprengG). Trotzdem finden sich in den Reihen der sogenannten "Ultras" immer wieder Zeitgenossen, die so etwas wie ein Fan-eigenes Grundrecht auf Feuerwerk statuieren wollen. Unter diesen Zeitgenossen in den Reihen des HSV sollen sich sogar Rechtsanwälte befinden.

Leider geriet die Zündelei dieses Mal etwas außer Kontrolle. Angeblich konnte ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes nur knapp einem in Panik weggeworfenen Bengalo ausweichen. Von den Fans als viel dramatischer empfunden wurde aber der Verlust eines zwölf Jahre alten Banners mit dem Signet einer Fan-Gruppierung, die man mit "Wenige Auserwählte" übersetzen könnte. Das Banner fing Feuer und verbrannte in der Fankurve. "Großes Entsetzen und Trauer" habe das ausgelöst, wird der Geschäftsführer der Fan-Abteilung des Vereins zitiert. Wohlgemerkt bezieht sich das nicht auf den Vorfall an sich, sondern auf den tragischen Verlust des Banners.

Nun sind solche Gruppierungen keinesfalls Anarchisten - wie man denken könnte - sondern haben ihre ganz eigenen Regeln. Die betroffene Gruppierung soll z. B. in ihrer Satzung geregelt haben, dass der Verlust des Banners zwingend die Auflösung der Gruppierung zur Folge habe. Man habe sich daher kurzfristig beraten, ob die Auflösung nun unausweichlich sei. Dabei sei man aber zu dem Schluss gelangt, dass dies - entgegen dem Wortlaut der eigenen Statuten - nicht der Fall sei. Schließlich habe es sich um einen Unfall gehandelt.

Alle Achtung vor so viel juristischem Fingerspitzengefühl! Da hat man schon einiges von richtigen Richtern abgeguckt. Wenn einem das konkrete Ergebnis der Normanwendung nicht passt, interpretiert man einfach die betroffene Norm um.

Bis das Ergebnis wieder passt.

* Hier stand ursprünglich "Samstag". Das ist falsch, das Spiel war schon am Freitag. Nicht, dass es darauf ankäme, aber irgendwer nörgelt ja immer.

4 Kommentare:

  1. Wenn man aber von verbotenen Taten ausgeht, könnte man den Unfall auch als Brandstiftung deklarieren. Dann gäbe es zukünftig ein paar Auserwählte weniger in unserem schönen Stadion.

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  2. Sie haben Recht, Herr Nebgen. Wenn einem das Ergebnis der Normanwendung nicht passt, interpretiert man einfach etwas um. Zur Not auch den Sachverhalt.

    Das machen aber nicht nur Richter, sondern auch Staatsanwälte und Strafverteidiger. Und wenn gar nichts mehr hilft, wird die große oder die kleine Jokerkarte gezogen. Der große Joker heißt "unzulässige Rechtsausübung", der kleine ist "Treu und Glauben".

    Und schon kann man jedes Gesetz ignorieren.

    Ich glaub mir wird übel.

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  3. Die selbstgegebene Norm wurde teleologisch korrekt ausgelegt. Verlust des Banners ist hier im Sinne von "abhanden gekommen" zu verstehen. Nicht nachvollziehbar? Macht nichts, Fankultur ist offensichtlich nicht jedermanns Metier.

    Nichtsdestoweniger, unterhaltsamer Blog!

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  4. @ S. Schmidt

    Und jetzt erklären Sie uns sicher auch noch schnell den teleologichen Unterschied zwischen Verlust und Untergang des Banners?

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