Montag, 5. November 2012
Acht Cola, acht Bier
Derartige Bestellungen wie oben im Titel sind ab jetzt möglicherweise wieder strafbar, zumindest im Gerichtsbezirk Karlsruhe, und wenn man sie abkürzt und die Abkürzung in Fußballstadien auf Transparenten hoch hält.
Laut Oberlandesgericht Karlsruhe muss dann das Tatgericht sich nämlich damit auseinandersetzen, ob Polizeibeamte im Innenraum eines Fußballstadions sich durch das Transparent beleidigt fühlen müssen/dürfen. Im Ausgangsfall hatte das Tatgericht dies wohl nicht hinreichend getan und die Urheber der Bestellung freigesprochen. Udo Vetter berichtet in seinem blog außerordentlich seriös und unter Angabe des Aktenzeichens.
Als Strafverteidiger verliert man da die Lust. Ob nun Kollektivbeleidigungen den Tatbestand der Beleidigung erfüllen können oder nicht, mag man ja diskutieren - aber bitte schön mit einem einheitlichen Ergebnis, das dann für alle gilt. Wenn schon, denn schon. Freibier und Frei-Cola für alle, sozusagen. Aber was für Beamte gilt, gilt noch lange nicht für andere Bürger, selbst dann nicht, wenn sie "Organe der Rechtspflege" sind.
Über Strafverteidiger darf man z. B. ungestraft sagen, dass diese aufgrund einer angeblich "veränderte(n) Einstellung auf Seiten der Strafverteidiger" eine Verpflichtung fühlten, in bestimmten prozessualen Situationen unwahr vorzutragen. Kurz zusammengefasst: Alle Strafverteidiger lügen. Noch kürzer: AStVL. Urheber dieser abstrusen Rechtsauffassung ist - die Kenner werden es erkannt haben - der Große Strafsenat des BGH in seiner Entscheidung vom 23.04.2007 zur sogenannten Rügeverkümmerung - BGH GSSt 1/06.
Von einem Strafverfahren, geschweige denn einer Verurteilung der beteiligten Richter wegen Beleidigung ist bis dato nichts bekannt.
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Selbst wenn sich ein Staatsanwalt finden sollte, ist eine Verurteilung ausgeschlossen.
AntwortenLöschenDer 1. Strafsenat des OLG Naumburg hat eindrucksvoll vorgelegt, dass Richter -als Mitglied einer Bande - sogar Rechtsbeugung begehen können, ohne sich dafür zu verantworten (1 Ws 504/07).
Rechtsstaat wird einfach überbewertet.
Unsere Polizeibeamte müssen sehr sensible Seelchen sein, wenn sie sich von einer vierbuchstabigen Abkürzung eines dummen Spruches beleidigt fühlen. Jedenfalls beim Anzeigeerstatter sollte überprüft werden, ob er überhaupt noch polizeidiensttauglich ist.
AntwortenLöschen"Udo Vetter berichtet in seinem blog außerordentlich seriös"
AntwortenLöschenDer war gut!
Allways carry a bible... rät RA Thomas Kümmerle @rakuemmerle.
AntwortenLöschenUnd ich dachte immer, das wäre ein Werbespruch der Malerinnung: all colours are beautiful...? ;-)
AntwortenLöschenSie sollten die von Ihnen verlinkten Entscheidungen vielleicht auch einmal lesen; Sie würden dann feststellen, dass der Große Strafsenat seine Aussage aus der Entscheidung zur Rügeverkümmerung auf repräsentative Aussagen aus der Verteidigerzunft stützt, wonach der Verteidiger hier zur Lüge geradezu verpflichtet sei (Rn. 54 ff.).
AntwortenLöschenNach dem, was Sie hier so über die Jahre von sich gegeben haben, halte ich es zudem für ausgeschlossen, dass Sie dieser Ansicht nicht auch selbst sind.
Muß man sich denn als Verteidiger ständig zurückgesetzt fühlen, schlecht behandelt durch Staatsanwaltschaften und Gerichte? Ich meine: nein. Die Aufgabenverteilung in der Justiz ist doch ganz einfach: der Anwalt argumentiert, der Richter entscheidet.
AntwortenLöschenIch habe mir schon vor Jahren abgewöhnt, mich über Entscheidungen aufzuregen, ganz gleich wie weltfremd und ungerecht sie einem auch vorkommen müßten. Halte ich eine Entscheidung für falsch, trage ich meine Argumente noch einmal ganz sachlich der nächsten Instanz vor. Und wenn am Ende alle Instanzen, notfalls bis hoch zum BVerfG und dem EGMR, die Rechtsauffassung der Erstgerichts bestätigt haben, dann ist das eben Recht im Namen des Volkes. Akte zu, nächster Fall.
Früher hätte ich platzen können, wenn ich auf eine 80-seitige Revisionsbegründung zu hochumstrittenen rechtlichen Fragen einen einzeiligen 349-II-Beschluß zurückerhalten habe. Aber das ist auf Dauer nicht gut für's Herz. Lochen, abheften und dem Mandanten alles Gute im Knast wünschen, ist der Schlüssel zu einem entspannten Schlaf.
Ich tue auch in der Revision nicht mehr als nötig. Die allgemeine Sachrüge ist völlig ausreichend. Die Generalstaats- bzw. -bundesanwaltschaft sowie die hohen Senate prüfen doch eh alles sachkundig und verantwortlich in jede denkbare Richtung. Wer bin ich als kleiner Provinzverteidiger, diese Herrschaften mit meiner unmaßgeblichen Meinung zu behelligen? Und das lustige ist: die Erfolgsquote meiner Revisionen ist sogar gestiegen, seit ich sie nicht mehr begründe. Offenbar mögen es die hohen Senate gar nicht, wenn man ihnen eine Meinung aufdrängen will.