Donnerstag, 1. September 2011

Raten mit der Staatsanwaltschaft

Der Mandant wurde vom Amtsgericht zu einer ziemlich hohen Geldstrafe verurteilt. Im Urteil hat das Amtsgericht ihm gewährt, die Geldstrafe in monatlichen Raten von EUR 250,00 zu zahlen. Weil der Mandant als Selbständiger ein unregelmäßiges Einkommen hat, wollte der Mandant auf Nummer sicher gehen, und hat zum ersten Termin EUR 1.000,00 gezahlt, also drei Raten im voraus.

Zum fünften Termin hat er es genauso gehandhabt, hat also bisher EUR 2.000,00 gezahlt und liegt damit derzeit EUR 750,00 über seinem Soll.

Daraufhin erreichte ihn ein Schreiben der Staatsanwaltschaft mit der Aufforderung, binnen einer Woche den Restbetrag in deutlich fünfstelliger Höhe zu zahlen. Begründung: Er sei seiner Ratenzahlungsverpflichtung nicht nachgekommen, weshalb diese widerrufen werde. Es sei "der Eindruck entstanden, dass bei Ihnen kein Bedarf nach einer monatlichen Ratenzahlung" bestehe.

Kollege Burhoff meldet hier stattliche drei Fehler in einer Entscheidung, ebenso viele finde ich auch hier, und zwar wie folgt:

1.
Die Staatsanwaltschaft möchte hier ein gerichtliches Urteil eigenmächtig widerrufen. Das geht zum Glück nicht; wahrscheinlich gäbe es sonst gar keine Freisprüche mehr.

2.
Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass man einer Ratenzahlungsvergünstigung auch dann nicht nachgekommen wäre, wenn man sie tatsächlich übererfüllt hat. Das ist bodenloser Quatsch, denn die Ratenzahlung ist - daher der Name - eine Vergünstigung, kein Zwang.

3.
Dass ihre Argumentation nicht so ganz schussfest ist, scheint die Staatsanwaltschaft auch selbst irgendwie geahnt zu haben; warum sonst hätte sie uns noch zusätzlich mitteilen sollen, dass bei ihr der Eindruck entstanden sei, der Mandant hätte eine Ratenzahlung nicht nötig? Unsinnig ist allerdings auch das: Wer in acht Monaten EUR 2.000,00 schuldet und diese auch zahlt, nur eben anders gestückelt, der wird kaum anders zu behandeln sein als derjenige, der brav in der ausgeurteilten Stückelung zahlt.

Es bleibt die Frage: Was soll die unsinnige Verfügung? Will man den Mandanten ärgern? Oder hat dort ein Beamter mal wieder zu wenig zu tun? Und: Glaubt der Beamte den Unsinn, den er da verzapft hat, eigentlich wirklich?

8 Kommentare:

  1. zu 1.: Lesen Sie mal § 459a Abs. 2 StPO - Sie werden staunen!

    zu 2./3.: Jemand, der vier Monatsraten im Voraus zahlen kann, ist offensichtlich nicht mehr so klamm, wie das Gericht bei der Zubillung der Zahlungserleichterung angenommen hat. Dass deshalb überprüft werden muss, ob die Voraussetzungen für eine Ratenzahlung noch vorliegen, ist vollkommen zutreffend.

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  2. Ein typischer "Nebgen".
    - erst laut brüllen
    - dann von den Fakten eingeholt werden

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  3. Wenn die Staatsanwaltschaft, wie jede andere Behörde, einmal lernen würde, ordentliche Bescheide zu fertigen (Tenor, Sachverhalt, Rechtsgrundlage, Subsumtion), statt unüberlegt Zweizeiler herauszublasen, könnten die Bürger und ihre Rechtsbeistände auch prüfen, ob das Begehren der Staatsanwaltschaft Hand und Fuß hat. In dieser Form - wenn sie sich auf den vom Blogautor mitgeteilten Inhalt beschränkt - ist die Verfügung tatsächlich Unsinn.

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  4. @Gast: Auch wenn Nebgen gerne brüllt, bevor er liest, aber die Entscheidung der StA ist Unsinn. Sie hat nicht geprüft, wie sie es annehmen, sondern schlicht entschieden.
    Ob jemand freiwillig unter den vom Gericht anerkannten Selbstbehalt rutscht, um ja die Zahlungserleichterung nicht zu riskieren, ist alleine dessen Entscheidung und kommt durchaus gelegentlich vor.
    Nebenbei: WO sind denn die neuen Tatsachen im Sinne des § 459a StPO? Hat die StA tatsächlich ein höheres Einkommen festgestellt? Nein, sie hat - offenbar ohne vorhergehende Anhörung - ein solches schlicht angenommen.

    Aber die meisten StAe haltens nunmal mit Pipi Langstrumpf...

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  5. "Bei Änderungen zuungunsten des Verurteilten ist der Zweck der Geldstrafe zu beachten. Das Ermessen wird fehlerhaft gebraucht wenn so niedrige Raten oder so weit gesteckte Zahlungsfristen angeordnet werden dass die Geldstrafe den Verurteilten nicht mehr spürbar finanziell trifft."
    Karlsruher Kommentar zur StPO § 495 a RN 5

    Ich bewundere Herrn Nebgens Nonchalance. Immer wieder offenbart er uns seine Ahnungslosigkeit, frisch und frei bloggt er aber weiter.
    Klasse

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  6. Hm, soweit ich den Beitrag verstehe, geht es eben darum, dass der Verurteilte als Freiberufler kein gleichmäßiges, vorhersagbares Einkommen hat. Nun hat er gerade mal ein paar gute Wochen, entscheidet, seinen Verpflichtung in vorauseilendem Gehorsam nachzukommen bzw. zu zahlen, wenn er kann - und dann soll ihm daraus ein Strick gedreht werden? Oder wissen die Damen und Herren von der 'Nebgen ist doof'-Fraktion etwas, was aus dem Text nicht hervorgeht?*


    *Meine Vermutung: Sie können nicht lesen - oder es ist ihnen egal, solange sie nur einen ungeliebten Kollegen anpissen können..

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  7. Solange der Mandant nicht in dealertypischer Stückelung zahlt, ist doch alles im Lack.

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  8. # anonym:
    ich habe eine Diskothek in meiner Mandantschaft, die einen Beratervertrag über EUR 500,00/mtl. mit hat. Das Geld zahlen sie meist aus den Wochenendeinnahmen in bar, und fast immer als ein Bündel Fünfer, mit Banderole drum rum. Ein Berliner Kollege sagte mir, damit solle ich nicht in Berlin der Polizei in die Hände laufen, ich würde "gleich hops" genommen werden, vom Btm-Dezernat. Es bestünde der Anfangsverdacht der Dealerstellung. Der Fünfer hieße "Kreuzberg-Dollar" und es sei eine "szenetypische Stückelung".

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