In einem Anfall von Jugendlichkeitswahn habe ich ein Exemplar an mich genommen und hineingeguckt. Erinnerungen an unerträgliche Stammtische in grauer Vorzeit kamen in mir hoch. Auch hatte ich schon wieder vergessen, wie grottenschlecht die Beiträge in dieser Zeitschrift durchweg sind.
Mein Auge fiel dabei auf einen Bericht mit dem Titel "Jurist - isolier dich nicht!". Dort vergleicht ein juveniler Kollege das Sozialverhalten von Rechtsanwälten mit dem Verhalten in der Tierwelt. Aber nicht grausame Hetzjagden beim Kampf auf Leben und Tod sind sein Thema, sondern er propagiert die Zusammenrottung Gleichgesinnter in Horden. Er vergleicht Einzelanwälte mit linkshändigen Einsiedlerkrebsen, denen "die Kraft zur Gestaltung der Gesellschaft" fehle. "Der Vergleich zum Einzelanwalt in seiner Kanzlei" dränge "sich hier regelrecht auf". Wenn das Heinz Sielmann wüsste! Als Gegenpol hat der Verfasser des Artikels den europäischen Biber auserkoren. Unvergleichliche Prosa ist hier zu lesen:
"Biber leben in Einehe. Das Revier einer Biberfamilie, die aus einem Elternpaar und zwei Generationen von Jungtieren besteht, umfasst je nach Qualität des Biotops ein bis drei Kilometer Fließgewässerstrecke. (...) Bei den Einsiedler- und Steinkrebsen hingegen leitet sich ihr Name vom griechischen Philosophen Diogenes, der in einem Weinfass lebte, ab."
Genau! Deshalb nannte der selige Prof. Grzimek den Einsiedlerkrebs auch immer Diogeneskrebs. Oder war es Weinfasskrebs? Egal. Es wird noch besser:
"Jeder Jurist in Freiheit muss für sich entscheiden, ob er als Einsiedlerkrebs allein gegen den Rest der Welt sein Hinterteil im Trocknen verbirgt oder ob er als Mitglied in der Bibergemeinschaft den Damm instand hält."
Von den zahlreichen Juristen in zoologischen Gärten und geschlossenen Heimen mal ganz abgesehen. Von denen ist wahrscheinlich im nächsten Heft die Rede. Der aktuelle Bericht wird abgerundet durch ein Photo, das zwei possierliche Biber beim Stammtisch zeigt, wie sie ihn annagen. Das absolute Highlight aber ist die Bildüberschrift:
"Juristerei kann man im Team betreiben wie eine Biberfamilie."
Da schlägt man dann endgültig vor Erstaunen lang hin und schlägt die oberen Schneidezähne in den Schreibtisch.
Bei Wikipedia abgeschrieben hat der junge Kollege auch noch! Ich persönlich hätte den Vergleich mit einer Erdmännchenkolonie bevorzugt! "Im Zuge der Arbeitsteilung hocken mehrere Mitglieder der Gruppe vor den Eingängen, nur auf den Hinterbeinen sitzend, und halten Ausschau nach Feinden." (Quelle: Wikipedia).
AntwortenLöschenUnd da wird die Erfindung der Arbeitsteilung völlig zu Unrecht immer Henry Ford zugeschrieben! Nicht er, die Erdmännchen waren es!
AntwortenLöschenAbzüge in der B-Note, Herr Nebgen:
AntwortenLöschenHenry Ford hat nur als erster die Fließbandfertigung industriell eingesetzt. Die Arbeitsteilung geht auf andere zurück. Bernard Mandeville hat den Begriff 1714 wohl zuerst gebraucht und Frederick Winslow Taylor begründete in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Prinzip einer Prozesssteuerung von Arbeitsabläufen (den sogenannten Taylorismus). (Und ja es stammt nach Guttembergschen Vorbild fast alles ungekennzeichnet aus Wikipedia... *g*)
Da musste ich mich doch mal einmischen - wo Sie doch quasi in meinem Revier wildern. (Schon wieder so eine Tierweltmetapher.) ;-)
In meinem notorisch schräg arbeitenden Gehirn zog ein Bild vorbei, das mir glatt den Mittagsschlaf verhagelt hat:
AntwortenLöschenEin Rudel Bonobos. - Und alles Kirchenrechtler...
Ich weiß nicht was mich mehr empört...
AntwortenLöschenDass das Nebgen referieren darf oder dass man Spiegelbilder seiner Spezies in der Tierwelt antreffen kann.
In diesem Sinne
PS: für den Fall der Fälle... Udo Vetter vertritt mich gerne ;)
Haben sie in dem Einführungsseminar auch die Vorteile eines Blogs dargestellt?
AntwortenLöschenDas wär nun wirklich lustig gewesen.