Vieles ist schon geschrieben worden über den Herrn H. aus M. und dessen reichlich milde Strafe von drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsentzug; eine sehr gute Zusammenfassung findet sich z. B. beim Kollegen Pohlen hier.
Eine Frage lässt mich als Strafverteidiger aber nicht ruhen, und zwar die im Folgenden ausgeführte: Nicht nur von der Verteidigung wurde als Strafmilderungsgrund etwas angeführt, dass in der Regel die "Lebensleistung" des Angeklagten genannt wird. Allerorten habe ich hierzu nur wohlgefällige Anmerkungen gelesen, bis hin zu wahren Jubelarien auf das Sozialverhalten des Herrn H.
Aber ist das für die Höhe der Strafe eigentlich relevant? Erlebt habe ich so etwas in fünfzehn Jahren Praxis als Strafverteidiger noch nicht. Und siehe da: Der Bundesgerichtshof hat sich schon sehr früh dazu geäußert. Bereits im fünften Band der öffentlichen Entscheidungssammlung findet sich eine Entscheidung, in der es heißt:
"Die Art der Lebensführung ist allenfalls von Bedeutung, soweit sie in Beziehung zur Tat steht."Die Lebensführung müsse zudem
"Rückschlüsse auf die Tatschuld"zulassen. Dachte ich es mir doch. Wo war jetzt noch gleich der Zusammenhang zwischen der "Lebensleistung" des Herrn H. und dem immensen Ausmaß an von ihm hinterzogener Steuern? Wir werden es nie erfahren, denn der Bundesgerichtshof hat keine Möglichkeit mehr, sich dazu zu äußern. Das Tatgericht braucht dies ebenfalls nicht mehr zu tun, nachdem die Staatsanwaltschaft auf die Revision verzichtet hat.
Unbefriedigend.