Jauch gucken bildet. Wer gestern wieder hingeschaut hat, der wurde Zeuge einer weiteren Diskussionsrunde um den bekannten bayrischen Fußball-Funktionär, der neuerdings einer Steuerstraftat bezichtigt wird. Diese Chance hat Heribert Prantl - Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung - genutzt, um dem einfachen Mann von der Straße mal zu erläutern, wie das mit dem Haftbefehl eigentlich so läuft.
Das ist sehr interessant, zumal Heribert Prantl zwar auch Jurist ist, aber eben nicht in dieser Rolle spricht. Seine Darstellung dürfte damit weitgehend unverdächtig sein, einer berufsbedingten Verzerrung zu unterliegen, wie sie bei Strafverteidigern, Staatsanwälten oder Richtern mitunter auftreten dürfte.
Hier die Worte von Heribert im Prantl im Original-Wortlaut, zu sehen etwa ab Minute 11:00 in der Aufzeichnung der ARD:
"Sie (die Staatsanwaltschaft) hat Fluchtgefahr angenommen. Fluchtgefahr besteht eigentlich nicht. Es ist so, dass es sich eingebürgert hat, dass man bei schweren Straftaten quasi automatisch einen Haftbefehl erwirkt, auch natürlich, um ein bisschen zu erschrecken."
Es lohnt sich, diesen Ausspruch sich etwas gründlicher anzusehen. Dabei bin ich davon überzeugt, dass Heribert Prantl sich der Bedeutung seiner Worte vollständig bewusst ist und er willentlich und wissentlich abbildet, wie er die Justiz erlebt. Man muss es sich eben nur auf der Zunge zergehen lassen:
- Richter scheinen nach dieser Aussage am Erlass eines Haftbefehls gar nicht mitzuwirken. Sie tauchen in der ganzen Darstellung nicht einmal am Rande auf. Subjekt des Satzes ist die Staatsanwaltschaft; sie erwirkt, und dass "quasi automatisch". So als würde niemand ernsthaft erwarten, dass darüber noch ein Gericht entscheidet, und das auch noch unabhängig. Jeder Richter müsste da eigentlich laut vor Empörung aufschreien, und sei es aus Empörung über sich selbst.
- Die Verwendung des Wortes "einbürgern" ist bemerkenswert. Es habe sich danach "eingebürgert", dass die Staatsanwaltschaft bewusst gegen das Gesetz handelt, also offen das Recht bricht. Dabei signalisiert das Wort "einbürgern" zum einen, dass das Handeln der Staatsanwaltschaft gerade nicht mehr auf geltendem Recht beruht, zum anderen aber auch, dass offenbar keiner sich daran stört. Der Rechtsbruch wurde "eingebürgert" und wohnt jetzt gleich nebenan. Na dann, Prost.
- Der Rechtsbruch wird begangen, nicht etwa, um irgendjemandem zu nutzen, sondern, um "ein bisschen zu erschrecken". Wenn schwerste Eingriffe in verfassungsgemäß gewährleistete Grundrechte - wie das Recht auf Freiheit - vom Staat eingesetzt werden, nur um seine Bürger zu erschrecken, ist das schon schlimm genug. Durch den Zusatz "ein bisschen" kommt aber auch noch eine wahrhaft zynische Geringschätzung dieser Rechte zum Ausdruck. Womit muss man wohl rechnen, wenn der Staat seine Bürger ganz doll erschrecken möchte? Höhere Steuern?
Wie gesagt, ich glaube, Heribert Prantl weiß, wovon er spricht. Und das sollte jedem ganz ernstlich zu denken geben.
Ich glaube, Herr Prantl weiß überhaupt nicht, wovon er spricht und redet unter Berufung auf seine angeblichen Erfahrungen von vor 30 Jahren, als er mal kurz in der Justiz war,Stuß.
AntwortenLöschenHerr Hoeness müsste z.B. entgegen den Mutmaßungen von Prantl nicht nach Südamerika oder Südafrika, die Schweiz würde vollkommen ausreichen, weil sie bekanntermaßen bei Steuerhinterziehung nicht ausliefert. Dort soll Hoeness außerdem auch sein Konto haben. In der Schweiz kann man dann komfortabel die 5 Jahre Verjährungsfrist aussitzen (5 Mio waren ja noch locker, das wären pro Jahr 1 Mio € zum Leben).
Das würde sein Image unwiederbringlich zerstören und ist daher sehr unwahrscheinlich. Für Fluchtgefahr muss auch überlegt werden, ob eine Flucht für den Beschuldigten wirklich in Frage käme, nicht ob er theoretisch flüchten könnte.
Löschen*lol*@ höhere Steuern
AntwortenLöschenSo läuft es aber in der Praxis. "Die Schwere des Tatvowurfs ... hohes Strafmaß ... hoher Fluchtanreiz" und fertig ist der HB.
AntwortenLöschenDas war leider auch nicht der einzige Moment in dem Herr Prantl Unsinn erzählt hat ... ich glaube daher auch eher, dass seine Rechtskenntnis schon etwas "verschwommen" ist.
AntwortenLöschenAlso zu behaupten, dass irgendeine Darstellung von Prantl heutzutage hinsichtlich beruflicher (Journalist ist ja tatsächlich auch ein Beruf) oder politischer Verzerrung unverdächtig ist, kann eigentlich nur damit erklärt werden, dass man schon länger keine Äußerungen von Prantl mehr zur Kenntnis genommen hat - oder natürlich mit eigener beruflicher Verzerrung ;-)
AntwortenLöschenIch verstehe Herrn Prantl bei Fersehauftritten teilweise akkustisch sehr schlecht. Halt Bayern. Ansonsten bin ich mit 52 Lenzen inzwischen so desillusioniert in Bezug auf die Strafjustiz, daß ich ihm - oder seinen Kollegen - nur noch zuhöre, wenn ich die Fernsteuerung oder den Aus-Knopf nicht schnell genug erreichen kann. Ansonsten haben Sie mit Ihren Ausführungen für mich voll ins Schwarze getroffen.
AntwortenLöschenIch habe Prantl nicht so verstanden, dass er gemeint hätte, es ginge auch ohne Richter. "Automatisch" in dem Sinne, dass jeder Richter einem derartigen Gesuch ohne Umschweife zustimmt.
AntwortenLöschenDie Praxis lehrt ja die meisten Verteidiger, dass es doch eine Reihe Richter gibt, die jeden Haftbefehl, den sie von der StA bekommen, blind unterschreiben
LöschenMir fiel Prantl, weil er mal wieder Unsinn erzählte. Lediglich zwei Gründe für Untersuchungshaft gäbe es, behauptete er; Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Und was ist mit Wiederholungsgefahr?
AntwortenLöschenMglw. meinte er damit, dass § 112a StPo, der die Wiederholungsgefahr regelt, eigentlich kein wirklicher Haftgrund ist, da er nicht der Sicherung des Verfahrens dient, sondern der Prävention und somit in der StPO eig. nichts verloren hat.
LöschenWiederholungsgefahr ist kein allgemeiner Haftgrund, sondern ein Spezialfall für gewisse Delikte, die bei Herrn Hoeneß nicht einschlägig sind.
LöschenDie besprochenen Passagen zum HB fielen mir auch auf und ich denke, dass sie realitäts- und praxisnahe sind, was jedem zu denken geben sollte.
AntwortenLöschenAuch wenn die Ausführungen des Herrn Prantl dogmatisch nicht korrekt sein mögen, so treffen sie im Kern einen Punkt, mit dem sich Strafverteidiger in ihrem Alltag regelmäßig herumschlagen müssen: den sogenannten apokryphen Haftgründen.
AntwortenLöschenauch wenn hier "besserwisser" dem prantl watschen verpassen, so ist doch (auch hier) eine unglaubliche dumme arroganz zu verspüren..der "deutschen justiz" MUSS wiedermal ganz kräftig auf die finger geklopft werden. die justiz ist für den bürger da,nicht umgekehrt....
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