Das Ergebnis der Studie, bei der immerhin 11.428 Personen befragt wurden, entspricht in etwa dem, was man als Strafverteidiger so im Berufsalltag mitbekommt. Missbrauchsfälle gehen zurück; Täter sind in der Regel eher Bekannte oder Verwandte als der titelgebende Mann aus dem Gebüsch. Insbesondere die Auffassung, was Missbrauch ist und was nicht, dürfte sich in den letzten Jahrzehnten drastisch geändert haben.
Das alles ist - zumal aus dem Hause Pfeiffer - wenig überraschend, wäre da nicht die Stellungnahme des "Chefs" des "Netzwerkes Betroffener sexualisierter Gewalt". Der meint, viele Opfer hätten "ihr Leid verdrängt" und könnten daher über Missbrauchsfälle keine Auskunft geben.
Da ist es wieder, das Märchen von der Verdrängung infolge posttraumatischer Belastungsstörung, bei dessen Erwähnung die erfahrenen Strafverteidiger mittlerweile in die Tischplatte beißen dürften. Verdrängung ist ein Begriff aus der Physik und bezeichnet das Verhalten fester Gegenständen in Flüssigkeit, auch Archimedisches Prinzip genannt. Siegmund Freud hat diesen Begriff entliehen und damit seine Theorie bezeichnet, wonach durch psychische Prozesse angeblich der Zugang zu eigenen Erinnerungen verhindert werden könnte.
Nur fehlt für diese Theorie bisher jeder Beweis, mehr noch: Tausende von Studien haben diese Theorie seither widerlegt. Sie kann damit wissenschaftlich erwiesenermaßen als falsch angesehen werden. Bewiesen ist vielmehr das Gegenteil: Traumatische Erlebnisse werden vom Gedächtnis ganz besonders gut gespeichert, was bei den Betroffenen häufig zu Schlafstörungen führt.
Aber auch diese selbst in der seriösen Wissenschaft selten einhellige Auffassung hindert einige Menschen offenbar nicht, weiter den Unsinn von der Verdrängung zu verbreiten, auf dass es in der Öffentlichkeit weiter Schaden anrichte.
Man mag sich fragen, was solche Menschen eigentlich reitet.