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Freitag, 28. Januar 2011

Nichts zu beweisen

Zivilklage. Einer hat für den anderen etwas bezahlt, der andere hat es verbraucht. Der eine will von dem anderen den Kaufpreis erstattet haben, der andere zahlt nicht. Der eine verklagt den anderen, und jetzt stehen wir vor Gericht. Ich vertrete den einen.

Das ist eigentlich ein Selbstgänger, könnte man denken. Aufwendungsersatz aus Auftrag, § 670 BGB, notfalls - bei nicht nachweisbarem Auftrag - identischer Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag, § 683 BGB. Ganz einfach. Grundstudium, zweites Semester. Hätte ich solch einen Sachverhalt als Vertreter des Beklagten, ich könnte gar nicht so schnell gucken, wie das Gericht meinen Mandanten verurteilen würde.

Ganz anders allerdings, wenn ich den Kläger vertrete, der einfach nur sein Geld zurück möchte. Es kommt nämlich ein Hinweis des Gerichts: Wir hätten die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass mein Mandant der Gegenseite keine Schenkung gemacht hätte. Auf sowas kann man eigentlich nur kommen, wenn man sämtliche Grundprinzipien des Zivilprozessrechts nicht verstanden hat.

Warum ist so ein Richter nicht auch einmal zuständig und macht solchen Unfug, wenn mein Mandant in aussichtsloser Position ist? Warum sind die Doofen immer auf der Seite der anderen? Why does it always rain on me?

Mittwoch, 19. Januar 2011

Zivilprozess nackt

Zivilprozess, eng terminiert: Wir drinnen, die nächsten warten schon draußen.

Während wir verhandeln, betritt der Kollege in der nächsten Sache den Raum und fragt, wie lange es wohl noch dauere. "Nicht mehr so lange", erwidert der Richter und fährt fort: "Sie können sich draußen ja schon mal vergleichen."

Ja ja, so läuft's.

Mittwoch, 3. November 2010

Fragen Sie jemanden, der sich damit auskennt

Zivilgericht, Verkehrsunfallsache, junge Richterin.

Das parkende Fahrzeug des Mandanten hat einen rechten Schaden erlitten, weil es von dem bei der Gegenseite versicherten Fahrzeug gerammt wurde. Der Unfallhergang ist strittig, aber es gibt eindeutige Abriebspuren, die sich dem gegnerischen Fahrzeug eindeutig zuordnen lassen.

Die Richterin führt in den Streitstand ein, würdigt die Beweislage und guckt mich traurig an. Da begreife ich den Ernst der Lage und frage nach, ob ihre Worte etwa bedeuten sollen, dass mein Mandant die Klage verlieren könnte. Die Richterin nickt.

Das lässt mich aufgrund der aus meiner Sicht eindeutigen Beweislage einen Moment sprachlos, dann bringe ich einige Worte zur Darlegungs- und Beweislast heraus, die ich glücklicherweise mit einem höchstrichterlichen Urteil belegen kann. Sowas hilft bei jungen Richtern ja häufig.

Die Richterin hört sich meine Worte an. Auf meine Frage, ob meine Rechtsausführungen sie möglicherweise hätten umstimmen können, sagt die Richterin:

"So genau weiß ich das noch nicht. Da muss ich erst einmal jemanden fragen, der sich damit auskennt."

Derjenige, der sich damit auskennen soll, ist ihr Dezernatskollege, der viel mit Verkehrsrecht mache, der sei aber noch einige Wochen im Urlaub. Deswegen beraumt sie einen langfristigen Entscheidungstermin an, zu dem ein uns vollumfänglich Recht gebendes Urteil ergeht.

Da hatte die Richterin offenbar doch noch jemanden gefunden, der sich damit auskannte.

Freitag, 25. Juni 2010

Zivilrecht am Abgrund

Heute war ich vor dem Landgericht. In Zivilsachen.

Es ging um einen Verkehrsunfall aus dem Jahre 2002 (!), bei dem der Kläger angeblich derart schwer verletzt wurde, dass er seinen Beruf als Fachverkäufer nicht mehr soll ausüben können. Der psychiatrische Sachverständige spricht eher von chronischer Vermeidungshaltung. Na ja.

Der Kläger hatte im Jahre 2004 zunächst auf Feststellung geklagt, seinen Antrag im Jahre 2007 um einen bezifferten Leistungsantrag ergänzt und hinsichtlich des Leistungsantrags PKH beantragt. Begründet hat er diesen Leistungsantrag bis heute nicht.

Das hat das Landgericht Hamburg nicht gehindert, PKH zu gewähren. Als man den Irrtum bei Gericht bemerkt hat, war die Feststellungsantrag bereits in der Berufungsinstanz. Man hat dann den PKH-Antrag nebst Bewilligungsbeschluss einfach aus der laufenden Akte entfernt und damit eine neue Akte mit neuem Aktenzeichen angelegt. Sämtliche Stellungnahmen der Beklagten hierzu hat man der Einfachheit halber in der Ausgangsakte belassen und diese nach Rechtskraft des Feststellungsurteils abgelegt.

Das Landgericht verhandelt seit nunmehr drei Jahren einen Leistungsantrag, den der Kläger bis heute nicht einmal begründet hat. In diesem "Verfahren" hat das Landgericht heute den dritten Sachverständigen gehört - diesmal zur Frage der Wiedereingliederungsmöglichkeiten des Klägers auf dem Arbeitsmarkt. Meine Hinweise darauf, dass der Beklagte bereits im Jahre 2008 verstorben ist, wurden vom Gericht bisher ebenso hartäckig ignoriert wie den Umstand, dass kein Sachverständiger bisher irgendeine Behauptung des Klägers (sämtlich noch aus dem Feststellungsverfahren) bestätigt hätte. So verhandelt man jetzt im insgesamt siebten Jahr lustig vor sich hin.

Auf dem Gerichtsflur sagte mir die Vorsitzende Richterin dazu wörtlich: "Der Kläger soll mit einem Urteil ja auch zufrieden sein".

Zivilrecht, wohin gehst Du?