Montag, 2. März 2015

Hexenwahn außerhalb von Niedersachsen


Das Verfahren gegen Sebastian Edathy ist gegen eine Geldauflage eingestellt worden. Das ruft wieder die üblichen Stimmen auf den Plan, die mit metaphysischen Begründungen wie Wahrheit oder Gerechtigkeit nach höheren Strafen und einer Aufweichung der prozessualen Schutzrechte der Beschuldigten rufen. Ich kann es nicht mehr hören.

Wo immer sich Menschen zusammenrotten, um die Bestrafung anderer Menschen ohne sachliche Grundlage zu fordern, ist ein Blick in vergangene Zeiten ganz informativ. Dort, wo unreflektiert gegen die Unschuldsvermutung mit der "Schwere der Tat" argumentiert wird - der Tat, die es prozessual ja noch gar nicht geben kann - überall dort lohnt sich ein Blick zurück. Da hat man es nämlich ganz genauso gemacht; nur mit zeitlichem Abstand wenden sich dieselben Menschen ab mit Grausen, um dann im Hier und jetzt ganz genauso zu verfahren.

Früher - vor der Einführung des so genannten "reformierten Strafprozesses" des Strafgesetzbuches - galt das Inquisitionsrecht. Das war ganz entgegen landläufigen Vorstellungen nicht wild und regellos; es folgte vielmehr strengen Regeln, die sich allerdings als nicht ganz fair erwiesen haben. Selbst diese Regeln wollten die Strafverfolger ständig unterlaufen, z. B. indem man Deliktsgruppen schuf, die man für so schlimm hielt, dass man sich angesichts solch gemeiner Gefahr gleich an gar keine Regeln mehr halten wollte. Die berühmteste dieser Deliktsgruppen ist die Hexerei.

Die sollte nach dem Hexenhammer (Malleus Maleficarum) des berüchtigten Dominikanermönchs Heinrich Kramer ein "Sonderdelikt" sein, so schlimm, dass man jeden Verdächtigten faktisch ohne Beweis sogleich auf den Scheiterhaufen schicken konnte.

Das ist scheinbar ein menschlicher Denkfehler, der auch heute noch häufig begangen wird. Liest man Gesetzesvorschläge zur Reform des Strafprozessrechts, begegnet einem diese Vorstellung immer wieder.




5 Kommentare:

  1. Die Strafbarkeit der Konsumenten von Kinderpornographie ist Ihrer Ansicht nach "Bestrafung anderer Menschen ohne sachliche Grundlage"? Sowas Ähmliches wie mittelalterliche Hexenverfolgung?? Echt jetzt??? Das wird ja immer gruseliger hier.

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    1. Gruselig ist, dass Sie den Blogeintrag, welcher sich keiner besonders schwierigen Sprache bedient hat, nicht verstanden haben.

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  2. Ein Organ der Rechtspflege, das von "metaphysischen Begründungen wie Wahrheit oder Gerechtigkeit" nichts wissen will. Traurig. Und ich dachte, das wären die Werte, nach denen man (im Rahmen der geschriebenen Gesetze) streben sollte.

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