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Dienstag, 21. Juni 2011

Der Innenminister aus Schleswig-Holstein übt sich in Fürsorge

In Elmshorn hat das dortige Amtsgericht einen Polizeibeamten wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe verurteilt, weil dieser nach Auffassung des Gerichts rechtswidrig Pfefferspray gegen einen Menschen eingesetzt hatte. Über den Fall berichtet shz.de hier.

Etwa eine Woche nach diesem Vorfall bekam die zuständige Richterin (!) einen Brief des Innenministers (!), den man hier lesen kann. Der Herr Innenminister rügt das Urteil des Amtsgerichts und schreibt der Richterin in seinem Brief, er "räume ein", dass er "im Rahmen meiner dienstlichen Fürsorge für die Beamtinnen und Beamten die möglichen Folgen Ihrer Entscheidung für nicht unproblematisch" halte.

So laut, wie man da schreien möchte, schaffen selbst die Lungen eines Nichtrauchers kaum. Das beginnt mit der verbrämend euphemistischen und grammatisch völlig falschen Verwendung des Wortes "einräumen" (das ein Entgegenkommen ausdrücken soll, hier aber einen offenen Vorwurf einleitet) und endet mit dem Umstand, dass der Herr Minister seine Kompetenzen in so ziemlich alle Richtungen überschreitet, die nur denkbar sind. Das dann auch noch mit einer "Fürsorge" (gemeint wohl: "Fürsorgepflicht") zu begründen, kann nur als Hohn und Spott gegen die Justiz sowie alle Opfer von Polizeigewalt gemeint gewesen sein.

Da scheinen dem Herrn Innenminister sämtliche Errungenschaften aus zweitausend Jahren Demokratiegeschichte entfallen zu sein. Gewaltenteilung? Alberner Unfug. Richterliche Unabhängigkeit? Bitte nur, wenn es uns nützt. Abgesehen davon, dass der Herr Innenminister bereits an der Einsicht scheitert, dass das Urteil formal nicht von der Richterin, sondern dem Gericht- nämlich dem Amtsgericht Elmshorn - gesprochen wurde.

Der Herr Innenminister lädt die Richterin zum unrühmlichen Abschluss seines Schreibens dann auch noch ein, "einmal mit mir in einer Nachtfahrt Polizeibeamte in ihrem Dienst zu begeleiten" (Schreibfehler übernommen).

Hier sollte man ansetzen. Wie wäre es mit einer Strafanzeige wegen Versuchs der Vorteilsgewähr?

Abtreten. Bitte.

Dienstag, 29. Juni 2010

Drin oder nicht drin...

... das ist nicht nur bei Jörg Kachelmann die Frage, sondern seit vorgestern wieder vermehrt auch beim Fußball.

Besorgte Leser fragten an, ob es denn wirklich sein könne, dass der Schiedsrichter seine als falsch erkannte Entscheidung nicht revidieren könnte.

Juristenantwort: Jein. Kann er nicht. Darf er nicht. Entschieden ist entschieden. Wenn er es allerdings trotzdem getan hätte - der Schiedsrichter - hätte dagegen auch niemand so recht etwas unternehmen können. Schließlich entscheidet der Schiedsrichter und niemand sonst. Mutige, selbstkritische oder einfach nur unentschlossene Schiedsrichter haben sich in der Vergangenheit auch schon mal umentschieden.

Aber vor der WM hat angeblich der Herr Blatter - das ist der Chef aller Fußballtreibenden weltweit - angedroht, dass, wer sich als Schiedsrichter vorher, nachher oder währenddessen auf technisches Zauberwerk einlasse, hinterher selbst entlassen werden würde. Als Schiedsrichter. Damit hat der Herr Blatter viele Schiedsrichter so verschreckt, dass sie jetzt ganz verunsichert sind, die Armen. Laufen nur noch so herum und wissen nicht recht, wie sie pfeifen sollen, die Armen.

So ist das mit den Schiedsrichtern.

Sonntag, 6. Juni 2010

Der Tor ohne Zweifel

Im Zweifel für den Angeklagten heißt es im Strafprozess. Und zur Fußball-WM: Im Zweifel kein Tor, wie man hier nachlesen kann.

Aber der Zweifel ist ein flüchtig Ding: Manch einer hat ihn nicht einmal, wenn er ihn haben müsste. Der Fußballschiedsrichter aus dem oben verlinkten Zitat z. B. müsste Zweifel an einem regelgerechten Tor immer dann haben, wenn der Ball mit einer bestimmten Geschwindigkeit auf die Linie knallt. Den Zweifel hat der Schiedsrichter tatsächlich aber praktisch nie, denn um die Gesetze der Physik wissen nur die wenigsten.

Ähnlich geht es auch dem Strafrichter: Je weniger Sachwissen er hat, desto weniger Grund zum Zweifel wird er auch. Wer z. B. kein psychologisches Fachwissen hat, dem wird auch nie ein Zweifel daran kommen, dass z. B. die Frau, die Kachelmann belastet hat, die Unwahrheit gesagt haben könnte.

Das wäre doch ein Grund, eine Fortbildungspflicht für Richter gesetzlich zu statuieren, und zwar eine Fortbildungspflicht nicht nur auf juristischem Gebiet ("Wie schreibe ich ein revisionssicheres Urteil?"), sondern insbesondere eine Fortbildungspflicht auf verwandten Fachgebieten wie Psychologie oder Psychiatrie. Dem steht aber etwas entgegen - nämlich die richterliche Unabhängigkeit.

Das ist in diesem Falle das Vorrecht des Richters, doof zu bleiben, deshalb keine Zweifel hegen zu müssen und unbeschwert verurteilen zu dürfen. Zu Lasten der Angeklagten.

Ein Tor, wer Böses dabei denkt!