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Freitag, 5. August 2011

Richter Hold und die juristische Kreativität

Heute früh, als ich den Fernsehr anschaltete, sah ich ein Gesicht, das mir aus der Fernsehzeitung bekannt vorkam, also schaltete ich den Ton an. Es handelte sich um den bekannten Nachmittagsrichter Alexander Hold. Er sprach im Frühstücksfernsehen von SAT 1 zum Thema Schmerzensgeld für Kindermörder.

Über das Thema dürfte mittlerweile alles gesagt sein, z. B. hier (Udo Vetter), hier (Thomas Wings) oder hier (Carsten R. Hoenig), aber der brünett gelockte Richter Hold fügte dem eine Äußerung hinzu, die mir den Kaffee in der Tasse hat gefrieren lassen. Nach dem obligatorischen Rekurs über Bürger, Gerechtigkeit und Volksempfinden sagte er nämlich, er hätte sich gewünscht, dass

"das Gericht nicht nur streng das Gesetz angewendet hätte, sondern auch etwas juristische Kreativität gehabt hätte",

um den Anspruch des Klägers abzulehnen.

Und schlagartig wurden mir einige Urteile klar, die ich mir bis dato mit Recht und Gesetz nicht erklären konnte! Das war wohl juristische Kreativität, die hier am Werke war! Bisher hatte ich es schlicht für Rechtsbeugung gehalten.


Dienstag, 14. Dezember 2010

In Herford sind Autofahrer Terroristen

Der Herforder Amtsrichter, der Dutzende Temposünder freigesprochen hat, ist hinlänglich bekannt. Jetzt sind es auch seine Gründe, und die sind toll. Der Kollege Vetter fasst sie hier zusammen.

Besonderes Augenmerk verdient der erste Grund, der tatsächlich wortwörtlich so im Urteil steht, wie Udo Vetter ihn zitiert:

"Aus Sicht eines Betroffenen stellt sich die Anwendung dieses „Terroristenparagraphen“ jedoch als justizpolitische Katastrophe dar. Es dürfte einem normalen Kraftfahrer nicht zu
vermitteln sein, dass er bezüglich der Anfertigung von Bildaufnahmen auf die gleiche
Stufe wie ein Schwerverbrecher gestellt wird."

Mit "Terroristenparagraph" meint der Herr Richter am Amtsgericht übrigens § 100h Abs. 1 Satz 1 StPO, der als Rechtsgrundlage für Bildaufnahmen dient. Wo aber liegt die Katastrophe? Warum soll man einem Kraftfahrer nicht vermitteln können, dass auch er keine Straftaten begehen darf?

Und vor allem: Es schert doch auch sonst niemanden, ob man einem Delinquenten den Grund seiner Beobachtung oder Sanktionierung "vermitteln" kann. Nur in Einzelfällen wird das mal berücksichtigt, und zwar im Strafmaß: strafschärfend. Wegen Uneinsichtigkeit besonders bornierter Überzeugungstäter.

Die Fertigung von Bildaufnahmen setzt nach dem Gesetz übrigens nicht einmal eine besondere Schwere des Delikts voraus, es genügt, wenn keine andere Möglichkeit des Beweises besteht. Die Bezeichnung als "Terroristenparagraph" ist daher ebenso irreführend wie schlicht falsch. Autofahrer mögen nur eben genauso ungern eines Delikts überführt werden, wie andere Delinquenten.

Warum sie deshalb allerdings contra legem geschützt werden sollen, weiß nur der Herr Amtsrichter aus Herford.

Freitag, 4. Juni 2010

Richter kennen keine Gebühren, sie kriegen Gehalt

Vor einiger Zeit habe ich einen Kollegen vor dem Amtsgericht Rostock in einer Honorarklage vertreten. Es war beeindruckend zu sehen, zu was Richter fähig sind, wenn eine Partei ein Rechtsanwalt ist. Der Hass und Neid auf selbständige Rechtsanwälte muss wirklich sehr tief sitzen.

Der Kollege hatte einen eher wohlhabenden Mandanten erbrechtlich beraten. Er hatte dessen gesamte Familiensituation aufgenommen, über grundsätzliche Gestaltungsmöglichkeiten unterrichtet und ein bereits vorhandenes Testament überprüft. Die gesamte Besprechung hatte etwa eine Stunde gedauert.

Danach meldete sich der Mandant nicht mehr wieder. Die abgerechnete Beratungsgebühr - noch aus Zeiten der gesetzlich geregelten Beratungsgebühr der Nr. 2100 VV RVG - bezahlte er nicht, so dass wir Klage einreichten.

In der mündlichen Verhandlung vertrat der vorsitzende Richter die Rechtsauffassung, für eine Stunde juristischer Arbeit wäre gleichwohl keine Gebühr angefallen, schließlich sei dem Mandanten kein Rat erteilt worden. Meinen zarten Hinweis, dass diese Rechtsauffassung im krassen Gegensatz zur Gesetzeslage wie auch zur Rechtsprechung aller bundesdeutschen Gerichte seit Gründung der Bundesrepublik stünde, ignorierte der Vorsitzende. Meine Bitte, wenigstens die Berufung zuzulassen, ignorierte er ebenfalls.

Vielleicht hätte der Kollege dem Mandanten zum Abschluss des Beratungsgesprächs den Weg zur Tür weisen sollen, dann hätte er nach der Auffassung dieses Richters wenigstens seine Gebühr verdient.

Dazu fällt einem nichts mehr ein. Außer vielleicht ein Ausspruch des großartigen Egon Schneider, den ich hier (sinngemäß) zitieren möchte:

"Wenn Richter immer so viel Sorgfalt an den Tag legen würden, wie dabei, Rechtsanwälten ihre mühsam verdienten Gebühren streitig zu machen, dann hätten wir eine bessere Rechtsprechung."


Mittwoch, 28. April 2010

Sitzordnung vor Gericht

Heute habe ich in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Hamburg-St.Georg einen Antrag zur Sitzordnung gestellt des Inhalts, dass das Gericht meinem Mandanten einen Platz neben mir - seinem Verteidiger - zuweisen möge. Das Gericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass der Richter die Verhandlungsleitung habe (!)

Mein Hinweis darauf, dass der Richter sich bei seiner Verhandlungsleitung wohl an das Gesetz halten müsse und das Gesetz dem Angeklagten zugestehe, in jeder Phase des Verfahrens das Gespräch mit seinem Verteidiger suchen zu können, fand ebensowenig Zustimmung wie mein Hinweis auf die insoweit einheitliche Rechtsprechung aller Obergerichte seit 1961.

Nach der Verhandlung sprach mich der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft an, um mir mitzuteilen, dass er meinen Antrag für "unverhältnismäßig" halte. Ich solle doch auch bedenken, welche Auswirkungen ein solcher Antrag auf das Urteil gegen den Mandanten habe.

Dass er damit den Vorsitzenden Richter auch noch implizit der Rechtsbeugung bezichtigt, hat der Staatsanwalt nicht einmal gemerkt.