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Montag, 12. Dezember 2011

Wenn Polizisten vor Erschöpfung fälschen

Burn Out ist in aller Munde. Die chronische depressive Verstimmung kann jeden packen, vom Fußballtrainer bis zur Universitätsprofessorin. Warum also sollte sie vor Polizeibeamten halt machen?

In Heidenheim ist jetzt ein Polizeibeamter aufgefallen, der in mindestens dreizehn Fällen Drogengutachten verfälscht hat, allesamt zum Nachteil der kontrollierten Beschuldigten. Alle Beschuldigten hatten daraufhin zu Unrecht ihre Fahrerlaubnis verloren. Als Grund für sein Verhalten hat der stellvertretende Leiter einer Drogenermittlungsgruppe unter anderem angegeben, einen Burn Out gehabt zu haben. Der Spiegel berichtet hier.

Da ist dem armen Polizeibeamten das Mitleid aller sicher. Obwohl man sich schon fragen kann, warum ein angeblich ausgebrannter Polizeibeamter sich die zusätzliche Mühe macht, negative Gutachten zu verfälschen. Ein wirklich Depressiver hätte sich wohl eher Arbeit erspart als zusätzliche Arbeit gemacht. Das scheint mir die zweite angegebene Diagnose wesentlich wahrscheinlicher: Geltungsdrang oder schlicht: Kriminelle Energie.

Aber stellen Sie sich vor, ein Verteidiger hätte in Prozess behauptet, die Polizei hätte ein Gutachten verfälscht. Dem Verteidiger wäre die Anklage mindestens wegen Übler Nachrede sicher gewesen, möglicherweise sogar vor dem Landgericht. So wie z. B. in diesem Fall hier.

Freitag, 4. November 2011

Notwehr und die Polizei

Der BGH hat ein Mitglied der Hells Angels freigesprochen, der aus - irrtümlicher - Furcht um sein Leben einen Polizeibeamten erschossen hat. Anders als das Landericht Koblenz wertete der BGH diese Situation als Putativnotwehr. Eine sehr sachliche Darstellung findet sich bei Udo Vetter, weniger sachliche Darstellungen finden sich in den Massenmedien, allen voran natürlich erwartungsgemäß mal wieder die BILD-Zeitung.

Dabei ist bemerkenswert, dass es insbesondere die BILD mal wieder nicht für nötig hält, den Sachverhalt vollständig mitzuteilen, schließlich schadet das ja auch der eigenen Meinung: Von zentraler Bedeutung für den Freispruch dürfte nämlich sein, dass die Polizeibeamten vor der Tür des Rockers sich auch auf Zuruf nicht als Polizeibeamte zu erkennen gegeben hatten. Auch hatten sie sich nicht die Mühe gemacht zu klingeln, sondern hatten gleich begonnen, die Tür aufzuhebeln.

Es sind diese Feinheiten, die aus Sachverhalten Rechtsfälle machen. Die Presse tut sich und ihren Lesern sicher keinen Gefallen, über diese Feinheiten mit Empörung hinwegzugehen und stattdessen Stimmung zu machen. Aber während man es von den Revolverblättern kaum anders erwartet, stimmen leider auch immer wieder offizielle Stimmen in die Hetze ein.

Wie zu erwarten war, hat nämlich auch die Gewerkschaft der Polizei sich zum Urteil des höchsten deutschen Gerichts geäußert. Dessen Landesvorsitzender nennt das Urteil eine "Katastrophe". Der Trierische Volksfreund zitiert den Landesvorsitzenden mit den Worten:

"Damit wird Menschen, die im Rockermilieu leben und sich ständig von konkurrierenden Banden bedroht fühlen, ein Freibrief zum ungehinderten Schießen erteilt. Das ist entsetzlich."

Da lohnt es sich, diesen Ausspruch näher zu untersuchen, denn er er verrät einiges über den Horizont seines Urhebers:

Was stellt sich der Herr Gewerkschaftsvorsitzende beispielsweise unter "Rockermilieu" vor? Der Vorfall fand in bzw. vor der Wohnung des Angeklagten statt. Ist das etwa schon "Rockermilieu" - was immer das sein soll - nur weil vielleicht eine Kutte an der Wand hängt? Wer "sich ständig von konkurrierenden Banden bedroht fühlt", verdient der nicht eher den Schutz der Polizei? Deren Aufgabe ist es doch schließlich, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.

Und aus einem Freispruch wegen entschuldigtem Tuns einen "Freibrief zum ungehinderten Schießen" zu machen, strotzt vor Rechtsunkenntnis und Polemik. Was meint der Herr Landesvorsitzende übrigens wohl mit "ungehindert"? Hätte die Polizei vielleicht nicht nur die Tür aufbrechen, sondern auch gleich den Angeklagten am Schießen hindern sollen? Möglicherweise, in dem sie - rein präventiv natürlich - zuerst geschossen hätte?

Eins steht jedenfalls fest: Hätte sie es getan, und wer der Angeklagte das Opfer geworden, dann hätte die Polizei sich mit derselben Empörung ihrerseits auf Notwehr berufen. Wie z. B. in diesem Fall, in dem ein Polizeibeamter eine psychisch kranke Frau erschossen hat.

Übrigens, ohne vorher einen Warnschuss abzugeben.

Montag, 10. Oktober 2011

Chuck Norris schläft nicht

Eine Bußgeldsache aus dem Straßenverkehr vor dem Amtsgericht. Der Betroffene soll unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln sein Auto gelenkt haben. Es gibt eine Blutprobe. Und wie so häufig ist streitig, unter welchen Umständen die Ermittlungsbehörden an diese Blutprobe gekommen sind.

Der Betroffene beteuert, niemals darüber aufgeklärt worden zu sein, dass er die Blutabnahme auch verweigern könne. Vielmehr habe man ihm vermittelt, dass keine Alternative bestünde. Von einem Richtervorbehalt habe er nichts gewusst oder gehört. Gleichwohl liegt die Blutprobe vor und es muss also geklärt werden, wie es dazu kam.

Zu diesem Zweck werden die eingesetzten Polizeibeamten gehört. Deren Auftritt ist eine Schau für sich. Der Beamte erscheint schlurfenden Schrittes, schlecht frisiert und ungekämmt in einem dreckigen T-Shirt mit dem Aufdruck "Chuck Norris schläft nicht - er wartet". Der Beamte lümmelt sich in den Zeugenstuhl und gibt widerwillig Auskunft. Auf Fragen der Verteidigung fragt er das Gericht, ob er sich das gefallen lassen müsse und statt zu antworten, referiert er minutenlang das, was er für die Rechtslage hält.

Ein Angeklagter hätte sich für dieses Verhalten bereits nach einer Minute eine heftige Standpauke anhören müssen; jeder von der Verteidigung benannte Zeuge hätte spätestens nach der ersten rotzigen Antwort die Androhung eines Ordnungsgeldes gefangen.

Nicht so, wenn der Zeuge Polizeibeamter ist. Denn der wird gebraucht; sonst wird das ja mit der Verurteilung nichts. Deswegen ist auch ziemlich egal, was der Zeuge eigentlich sagt. Dass seine Aussage inhaltlich ans Abwegige grenzt, hindert jedenfalls die Verurteilung nicht.

Da fragt man sich mitunter schon, wozu es Gesetzte eigentlich gibt, wenn nur eine Hälfte der Bevölkerung sich daran halten muss.


Donnerstag, 8. September 2011

Lustig ist das Polizistenleben

Was machen sächsische SEK-Beamte eigentlich abends, wenn sie in Hamburg tagsüber auf einer Schulung waren? Richtig, sie gehen auf die Reeperbahn. Kennt man ja.

Dumm nur, wenn man dann im Bordell mit den Prostituierten in Streit gerät und es mitsamt Baseballschläger zur handfesten Prügelei mit den Wirtschaftern kommt. Bis die Kollegen von der berühmten Davidwache anrücken müssen, um das Sondereinsatzkommando aus der Lausitz vor dem Hamburger Nachtleben zu retten. Nachzulesen in der Hamburger Tagespresse hier.

Ja, was soll man dazu sagen?

Donnerstag, 28. Juli 2011

Einen Sheriffstern für Herrn Haseloff

Es gibt Haselmäuse, Haselnüsse, es gibt das Haselhörnchen (sehr empfehlenswert!) und es gibt Haseloff - Reiner Haseloff, der gerne auch mal auf eine gewisse Namensähnlichkeit mit David Hasselhoff hinweist. Reiner Haseloff ist seit einiger Zeit Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Ob er auch soviel trinkt wie sein Fast-Namensvetter aus Amerika ist nicht bekannt, wenn man aber Herrn Haseloffs jüngste Äußerung zur Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten so liest, dann könnte man da auf gewisse Ideen kommen.

Herr Haseloff lehnt Namensschilder für Polizeibeamte ab. Und er tut das aus guten Grund; er sagt:

"Auch aus der deutschen Geschichte halte ich eine Kennzeichnungspflicht für Menschen schlicht und einfach für unerträglich und inaktzeptabel." (O-Ton Haseloff, zitiert z. B. hier)

Der Zentralrat der Juden in Deutschland ist empört. Die Kennzeichnung der Polizei mit dem Judenstern zu vergleichen, sei "an den Haaren herbeigezogen". Da hat der Zentralrat der Juden sowas von Recht - aber der Haseloff rudert zurück. Die Juden habe er gar nicht gemeint.

Und nun geht das Rätselraten los: Welches geschichtliche Ereignis mag der Herr Haseloff wohl stattdessen gemeint haben, das ihm die Freude an Namensschildern für Polizisten so nachhaltig vergällt hat? Oder wollte sich Herr Haseloff einfach nur ins Gespräch bringen, und sei es um den Preis der Nominierung für die dümmste öffentliche Äußerung 2011?

Vielleicht kann sich Herr Haseloff für solcherlei Unfug auch irgendwann etwas ans Revers stecken, einen Sheriffstern vielleicht.

Dienstag, 16. November 2010

Es fehlte einfach ein Stück Film

Es gibt keine Kennzeichnungspflicht für Beamte. Weil der zugrunde liegende Sachverhalt so empörend ist, hier nochmal der link zur bereits zitierten Erklärung des Innenministeriums des Landes Sachsen-Anhalt.

Bei der Diskussion denkt sich der Normalbürger vielleicht zunächst, wozu auch sollte es so eine Kennzeichnungspflicht geben? Beamte sind ja Staatsdiener, die sind auf die Verfassung vereidigt, warum sollte man die unter Generalverdacht stellen? Im Gegenteil: Die armen Säue müssen für uns wackere Bürger regelmäßig den Kopf hinhalten, wenn wieder mal ein paar Chaoten die Revolution proben.

Und dann passiert einem vielleicht so etwas wie dem Jura-Studenten einer privaten Hochschule vor einigen Jahren. Der hatte friedlich für bessere Studienbedingungen demonstriert und bei einem Polizeieinsatz schwere Verletzungen davon getragen. Er hatte nicht provoziert, er hatte keine Gewalt angewendet, er kam aus einem vornehmen Teil der Stadt und war entsprechend gekleidet. Mehrere Polizeibeamte hatten ihn aus dem Demonstrationszug weg in einen Vorgarten gedrängt und dort nach Strich und Faden vermöbelt.

Aber der Demonstrationszug wurde von der Polizei gefilmt. Es gab also Videoaufzeichnungen von allem, und die Polizei musste diese Aufzeichnungen herausgeben. Auf dem Film sah man den Studenten, man sah, dass er einfach nur die Straße entlang lief, man sah, dass er in keiner Weise gewalttätig war oder provozierte, und man sah, wie einige Polizeibeamte auf ihn zukamen. Dann folgte ein Schnitt. Oben rechts in der Ecke sprang die in Echtzeit mitlaufende Uhr um zehn Sekunden nach vorne. Danach sah man, dass der Student verletzt am Boden lag. Die zehn Sekunden dazwischen fehlten. Einfach weg. Von wem gelöscht? Keine Ahnung. Ist auch egal. Jedenfalls konnte man den Polizeibeamten nichts nachweisen, denn Beweise gab es ja keine.

Wenn man so etwas das erste Mal erlebt, mag man nicht glauben, dass so etwas in einem demokratischen Rechtsstaat nicht nur möglich ist, sondern auch noch ungeahndet bleiben kann. Aber seither haben mir immer wieder Kollegen erzählt, dass sie ganz ähnliche Fälle bearbeitet hätten.

Nur komischerweise scheinen bestimmte Politiker von diesen Geschehnissen nie Kenntnis zu erlangen. Oder wie ist es möglich, dass diese Politiker sogar ernsthaft dafür plädieren, auch noch jegliche Identifizierung von Polizeibeamten unmöglich zu machen?

Montag, 15. November 2010

Es gibt keine straffälligen Polizisten. Punkt.

Vor einigen Jahren bekam ich Kenntnis von einem Vorgang in einem nördlichen Bundesland. Ein Mandant war auf seinem Motorrad von einem Kraftfahrzeug erfasst worden, dessen Fahrer die Vorfahrt missachtet hatte. Der Mandant hatte dabei schwerste Verletzungen erlitten, die eine dauerhafte Behinderung zur Folge hatten.

So weit, so traurig. Aber das Unfallfahrzeug war kein gewöhnliches Fahrzeug. Es war ein Polizeifahrzeug. Und deshalb weigerten sich die von Unfallzeugen herbeigerufenen Kollegen schlichtweg, den Unfall aufzunehmen. Es gab kein Unfallprotokoll, es wurde keine Akte angelegt. Der Notarzt wurde von Zeugen gerufen.

Die Polizei rückte mitsamt den Unfallfahrern und deren Fahrzeug wieder ab. Es wurde nie geklärt, um welches Polizeifahrzeug es sich gehandelt hatte und wer Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt geführt hatte. Schadenersatz oder Schmerzensgeld bekam der Mandant nicht, weil der Unfallgegner nicht ermittelt werden konnte. Die Führung der Polizei weigerte sich hartnäckig, irgendwelche Daten herauszugeben.

Ich erinnere mich an einen Vorfall in Hamburg vor etwa fünfzehn Jahren, bei dem ein Journalist am Rande einer Kundgebung mit dem mittlerweile verstorbenen Jörg Haider von einer ganzen Polizeimannschaft invalid getreten oder geschlagen wurde. Die Täter konnten nie dingfest gemacht werden, weil die Polizei sich weigerte, die Namen der eingesetzten Beamten preis zu geben. Wenn ich mich richtig erinnere.

Und jetzt behauptet der Sprecher des Sachsen-Anhaltinischen Innenministeriums, es gäbe keine Notwendigkeit zur Kennzeichnung von Beamten, weil noch nie ein Strafverfahren daran gescheitert wäre, dass man einen Beamten nicht hätte identifizieren können. So liest man zumindest hier.

Dazu fällt einem nichts mehr ein. Zumindest nichts, das nicht gleichzeitig einen Straftatbestand erfüllen würde.

Dienstag, 26. Oktober 2010

Zehn Tricks, wie ich trotz Belehrungspflicht eine Aussage erhalte

Gerade sind mir wieder zwei schöne Beiträge über Belehrungen begegnet, einer von der Kollegin Braun und einer vom Kollegen Vetter. Einen bunten Strauß blödsinniger Rechtsumgehungen finden wir da, den Polizei und Justiz gerne anrichten, um die Rechte der Bürger zu unterwandern.

Ermittlungsbehörden und Richter müssen Beschuldigte darüber belehren, dass diese nicht verpflichtet sind, eine Aussage zu machen. Sie müssen Zeugen belehren, dass diese das Zeugnis verweigern können, wenn sie sich selbst oder ein enges Familienmitglied belasten würden. So steht es im Gesetz.

Das ist eigentlich ganz einfach, aber ach: Es erschwert die Überführung des Beschuldigten, pardon: die Aufklärung des Sachverhalts - doch manchmal allzu arg. Deswegen greift der gewiefte Aufklärer zu immer neuen abenteuerlichen Strategien, nicht zu belehren oder die Belehrung wenigstens so zu fassen, dass die Zielperson trotzdem etwas sagt. Hier ein exklusiver Service für unsere wackeren Strafverfolger, mit tollen Tricks, wie man möglichst viele Aussagen erhält:

Trick 1: Möglichst bis kurz vor der Anklageerhebung nicht entscheiden, wer Zeuge und wer Beschuldigter ist und derweil "informatorische Befragungen" aller möglicherweise Beteiligten durchführen. Das Ergebnis dieser Befragungen kann später auch ohne weiteres verwertet werden, weil alle Angaben ja freiwillig gemacht wurden. Gerne praktiziert bei unübersichtlichen Turbulenzgeschehen, in denen nicht ganz klar ist, wer der böse Bube ist.

Trick 2: Einfach gar nicht belehren und hinterher behaupten, man hätte belehrt. So einfach und doch so wirkungsvoll! Denn Gerichte glauben einem Polizisten eigentlich immer, dass er ordnungsgemäß belehrt hat, schließlich ist er ja Polizist und macht das täglich! Notfalls einige Kollegen mitnehmen, die das auch so machen und als Zeugen aussagen können.

Trick 3: Wenn man unbedingt belehren muss, z. B. weil eine junger engagierter Auszubildender dabei ist, der mit den Usancen bei den Ermittlungsbehörden noch nicht so vertraut ist, dann sollte man jedenfalls so belehren, dass der Beschuldigte / Zeuge es nicht versteht. Dafür stehen je nach Pfiffigkeit des ermittelnden Beamten verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.

Trick 4: Die Belehrung auf einen Zettel schreiben und hinterher behaupten, man hätte diesen Zettel dem zu Belehrenden ausgehändigt. Beweis: Weil wir das immer so machen. Über diese Strategie sollten vorher unbedingt alle Kollegen informiert werden, damit sie notfalls als Zeugen für die Aushändigung des Vordrucks herhalten können. Im Optimalfall kann die Vornahme der Belehrung dann später sogar als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden.

Trick 5: Einfach Belehrung sagen oder schreiben, es aber trotzdem nicht tun. Diese Strategie ist nur für Fortgeschrittene geeignet und erfordert einen gewissen Erfindergeist. Ein Prachtbeispiel für die gelungene Scheinbelehrung ist das von der Kollegin Braun dargestellte Formular, mit dem nicht belehrt, sondern einfach auf die Nummern der einschlägigen Paragraphen verwiesen wird. Da hätte ja jeder nachgucken können. Selbst schuld, wer sein Strafgesetzbuch nicht dabei hat!

Trick 6: Die Belehrungsformel sehr leise sagen und danach sehr laut fragen, ob man aussagen wolle und dabei drohend gucken.

Trick 7: Die Belehrungsformel sehr schnell aufsagen und im Anschluss laut, langsam und deutlich feststellen, wie sehr man sich darüber freue, dass der so Belehrte jetzt seine Aussage machen wolle.

Trick 8: Die Belehrung mit der Drohung verbinden, dass man bei Aussageverweigerung noch einmal fragen würde, notfalls mit Gewalt. Eine erst im Vordringen befindliche Taktik, von deren schriftlicher Ausprägung der Kollege Vetter hier berichtet. Bedenken Sie unbedingt: Der Ton macht die Musik. Je fordernder, desto besser.

Trick 9: Wenn gar nichts mehr hilft, sollte man sich auch nicht scheuen, positive Anreize zu setzen, um die erfolgte Belehrung wenigstens zu konterkarieren: "Wenn sie jetzt hier aussagen, kriegen sie später vor Gericht mildernde Umstände". Das stimmt zwar nicht, ist aber unheimlich Erfolg versprechend. Der Zweck heiligt die Mittel. Wozu Gesetze, wenn es anders viel besser klappt?

Trick 10: Wenn der positive Anreiz allein nicht verfängt, sollte man ihn deutlich von den ansonsten drohenden negativen Konsequenzen abgrenzen: "Wenn sie sich weiter so unkooperativ zeigen, wirkt sich das negativ auf die Straferwartung aus.".

Montag, 13. September 2010

Man fühlt sich sicher

Gestern, am 12.09., setzte ich mich im Abflugbereich des Flughafens Wien auf eine Wartebank. Kurz darauf sprach mich ein Herr vom Flughafenpersonal an, ob die Tasche neben mir mir gehöre. Da bemerkte ich, dass neben meinem Sitz eine schwarze Notebooktasche stand. Sie gehörte mir nicht, was ich auch wahrheitsgemäß angab.

Daraufhin trollte sich der Flughafenbedienstete zunächst und kam wenig später mit einer Dame zu seiner Verstärkung wieder. Die Dame richtete einen kurzen Blick auf die Tasche, fragte mich nochmals ob diese mir gehöre. Tat sie nicht. Dann fragte sie ihren Kollegen, wie lange die Tasche denn da schon herrenlos stünde. Das wusste der nicht.

Man bat mich nebst Begleitung (ja, es war Mausi) aufzustehen und uns zu entfernen. Jetzt stellte sich die Flughafenbedienstete neben die Tasche und scheuchte fortan alle Personen fort, die sich in unmittelbarer Nähe der Tasche setzen wollten. Kurz darauf kam ein Durchruf über Lautsprecher, dass die Polizei herrenloses Gepäck vernichten würde.

Dann kam die Polizei höchstselbst. Zwei Beamte inspezierten die Tasche, einer hob sie sogar hoch! Nach kurzer Beratung entschloss man sich, die Tasche zur Abfertigung zu tragen und einmal durch die Röntgenkontrolle fahren zu lassen. Offenbar ohne Befund; wenig später kam der Beamte mit der Tasche wieder zurück. Er übergab sie seinem Kollegen, der sie außer Sichtweite trug.

Und ich hatte einen kurzen Moment lang schon gedacht, sie würden jetzt den Flughafen räumen!

Freitag, 4. Juni 2010

Mit dem Bauch gegen die Staatsmacht

Udo Vetter widmet sich hier nochmals der angeblichen Zunahme von Straftaten gegen Polizeibeamte und dem Vorschlag des niedersächsischen Innenministers, doch die Strafandrohung für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte anzuheben. Zum rechtlichen ist den Worten des Kollegen Vetter nichts hinzuzufügen, höchstens einigen der Kommentare.

Zum Thema Abschreckung - und warum es sie nicht gibt - ist eigentlich auch schon alles gesagt, deshalb möchte ich hier stattdessen von einem erschütternden Fall exzessiver Gewalt gegen Polizeibeamte berichten.

Der Mandant, ein etwa einen Meter sechzig großer Rentner mit einem veritablen Körperumfang, war - wie sich später herausstellte, unberechtigt - in den Verdacht geraten, unter Alkoholeinfluss ein Kraftfahrzeug geführt zu haben. Also suchten ihn des Nachts mehrere Polizeibeamte in seiner Wohnung auf, wo sie meinen Mandanten bereits im Schlafanzug antrafen. Nachdem sich die Beamten Zugang zur Wohnung verschafft hatten, kam es zum Showdown in der Küche, wo sich der größere der beiden Beamten - nur knapp über 190 cm - an meinem Mandanten vorbei ins Kücheninnere drängeln wollte. Dabei verlor der Beamte zeitweise die Balance.

In der Anklageschrift las man dann, der Mandant hätte eine Widerstandshandlung gegen einen Vollstreckungsbeamten verübt, indem er den Polizeibeamten mittels seines Bauches durch Herausfahren desselben umgestoßen habe.

Die Anklage wurde ernsthaft erhoben, zugelassen und der Mandant verurteilt. Dass nicht einmal die Amtshandlung der Beamten rechtmäßig gewesen war, hat dann auch keinen mehr gestört.

Donnerstag, 22. April 2010

Leere Belehrungen

Die Mutter einer Mandantin sollte zur Betreuerin ihres schwerkranken Bruders bestellt werden. Der Oberarzt gibt an, die Frau etwa eine halbe Stunde über die Rechte und Pflichten eines Betreuers belehrt zu haben. Daraufhin habe sie der Bestellung zur Betreuerin zugestimmt.

Die Mutter der Mandantin kann sich an ein solches Gespräch nicht erinnern. Mit ihr habe überhaupt niemand über Betreuung gesprochen. Allerdings hätten irgendwann einige Ärzte auf sie eingeredet. Was die gesagt hätten, wisse sie nicht mehr.

So unterschiedlich kann Wahrnehmung sein.

Wann aber werden Richter, Ärzte, Polizisten und alle, die regelmäßig Personen über deren Rechte und Pflichte belehren müssen, endlich lernen, dass eine Belehrung kein Selbstzweck ist. Ihr Zweck ist auch nicht etwa, den Atemluftanteil in der Raumluft zu erhöhen. Ihr Zweck ist, dem Belehrten ein vorgegebenes Wissen zu vermitteln. Erst wenn der Belehrte dieses Wissen erlangt hat, war die Belehrung erfolgreich. Und dazu genügt es in der Regel nicht, abstrakte Rechtsausführungen von einem Zettel herunterzuleiern und hinterher zu behaupten, man hätte aber belehrt.