Montag, 2. Januar 2017

Kontrollillusion in Nafristan


Stellen Sie sich mal vor, Sie wollten in einen Supermarkt einkaufen. Schon am Eingang weist man Sie ab. Sie kämen dort nicht hinein - mit der Begründung: Letztes Jahr um diese Zeit wäre eine Gruppe von Leuten im Supermarkt gewesen, von denen einige vielleicht geklaut hätten. Und Sie sähen einigen aus dieser Gruppe ähnlich. Vorsorglich hat man für Mitglieder aus dieser Gruppe auch schon einen Sammelbegriff gefunden, z. B. KRIKLAUKU (Kriminelle klauende Kunden).

Möglicherweise würde diese Argumentation Sie nicht vollständig überzeugen, die Bezeichnung als krimineller klauender Kunde Sie vielleicht sogar erzürnen.

Die Polizei Köln hätte so eine Argumentation am Silvesterabend ganz normal gefunden. Da verfuhr man nämlich genau so: Man hat kurzerhand alle jene von der Domplatte weg gehalten, denen man eine gewisse Gesichtsähnlichkeit mit Leuten unterstellte, die im Vorjahr dort möglicherweise straffällig geworden sein könnten. Vorsorglich hat man denen auch gleich noch die Bezeichnung "Intensiväter" verpasst, obwohl man noch nicht einmal ihre Personalien kannte.

Der Polizeipräsident und mit ihm das halbe Internet feiert das als großartigen Erfolg für die Sicherheit; es ist wohl eher ein Sieg der Vorurteile und der Dummheit.

Wenn Sicherheit jetzt so geht, dann muss ich wohl froh sein, wenn man mich mit meiner schwarzen Robe nicht für einen PÄKAPRI (Pädophilen katholischen Priester) hält und vorsorglich festnimmt.

"Aber, aber", singt der Chor der Blöden, "war es denn nicht tatsächlich sicherer auf der Domplatte, dieses Jahr?" Ungeachtet des Umstandes, dass es wohl kaum zweimal hintereinander am selben Ort zu vergleichbaren Ausschreitungen gekommen wäre, erinnert diese Logik etwas an den Mann, der auf dem Marktplatz steht und mit den Armen rudert, um die Giraffen zu vertreiben. Wenn Sie jetzt einwenden, dass es auf dem Marktplatz doch gar keine Giraffen gäbe: Da sehen Sie mal, was für eine gute Arbeit der Mann macht.

Das Beispiel mit den Giraffen stammt übrigens nicht etwa von mir, sondern aus dem immer wieder sehr lehrreichen Buch "Die Kunst des klaren Denkens" von Ralf Dobelli. Es illustriert dort den Denkfehler der so genannten Kontrollillusion.

In dem Sinne: Frohes neues Jahr.







5 Kommentare:

  1. Vielleicht sollten sich die Verwaltungsgerichte bzw. das Verwaltungsgericht Köln sich mit der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen beschäftigen. Wie hier http://www.juraforum.de/verkehrsrecht/hautfarbe-darf-kein-kriterium-fuer-polizeikontrolle-sein-553642

    AntwortenLöschen
  2. In der Tat ist das Sortieren von Menschen nach ihrer Hautfarbe rassistisch. Aber was tun, wenn die zu befürchtenden Straftaten tatsächlich und weit überwiegend von Personen einer bestimmten Herkunft und damit zwangsläufig auch eines bestimmten Äußeren begangen werden? Selbst Sascha Lobo hat dieses Dilemma zwischenzeitlich erkannt.

    Ihre gespielte (?) Empörung ist letztlich nichts weiteres als die heiße Luft eines Menschen, der in seiner Filterbubble gefangen ist. Die ganzen jungen Männer nordafrikanischer Herkunft wollten sicherlich nur ausgelassen Silvester feiern, wie alle anderen auch? Ihnen ging es sicherlich nicht darum, die gleiche Gaudi zu haben, wie letztes Jahr? Sie scheinen es jedenfalls zu wissen.

    Kommen Sie mal zu uns auf die Reeperbahn und schauen sie sich mal an, wie vielen Männergruppen südländischer Herkunft der Eintritt in die Clubs und Diskotheken verweigert wird. Das liegt Ihrer Ansicht nach sicherlich an den rassistischen Türstehern und nicht an dem Umstand, das Männer eines bestimmten Alters in Kombination mit einer bestimmten kulturellen Abstammung statistisch gesehen einfach deutlich viel öfter negativ auffallen. Sie täten gut daran, den im Strafrecht wohlberechtigten Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht stets zwanghaft auf andere Lebensbereiche ausdehnen zu wollen.

    Wenn Sie nicht wollen, dass Populisten und Hetzer das Ruder übernehmen, sollten Sie die Augen nicht vor Problemen verschließen. Es gibt nunmal Probleme, die lassen sich nicht intellektuell oder philosophisch lösen.

    AntwortenLöschen
  3. Waren Sie vor Ort, Herr Nebgen?
    In der Presse liest man nämlich, dass abweichend von Ihrer Darstellung die Menschen nicht "von der Domplatte weggehalten" wurden, sondern lediglich kontrolliert - und dann diejenigen weggehalten, die bereits auffällig geworden waren. Alle anderen durfen drauf.

    In Ihrem Beispiel würden also nicht alle Kunden kontrolliert, sondern,sagen wir, wenn zu Beginn des Jahres eine große Gruppe Kunden im Karnevalskostüm gestohlen hätten, sämtliche Kunden im Karnevalskostüm. Und diejenigen, die tatsächlich schon im Laden geklaut haben, kommen eben nicht rein. Klingt schon ein wenig fairer, oder?

    AntwortenLöschen
  4. Nicht alles was hinkt, ist auch ein Vergleich...

    AntwortenLöschen
  5. Das Beispiel ist schon wesentlich älter und stammt aus dem wunderbar klugen Buch "Anleitung zum Unglücklichsein" von Paul Watzlawick. Im Original werden allerdings auf diese Weise die rosa Elefanten vertrieben.

    AntwortenLöschen