Dienstag, 21. Oktober 2014
Rechtskenntnis kann bei Richtern nicht vorausgesetzt werden
Unwissen schützt vor Strafe nicht, heißt es. Eigentlich. Für die anderen. Für Richter scheint dieser Sinnspruch indes nicht zu gelten. Juristisch formuliert heißt das: "Rechtskenntnis darf einem Richter nicht unterstellt werden" - so der Leitsatz eines Beschlusses des OLG München, nach der Redaktion der StraFo. Ausgabe 10/2014, Seite 422.
Eingesandt und erwirkt hat diesen Beschluss des hochgeschätzte Kollege Strate aus Hamburg und es ging mal wieder um Gustl Mollath. Die Prozessgeschichte, soweit für den Leitsatz relevant, lässt sich in Kürze so zusammenfassen:
Der Kollege hatte für seinen Mandanten ein Klageerzwingungsverfahren betrieben gegen den Nürnberger Amtsrichter, der einst die Unterbringung seines Mandanten in der Psychiatrie angeordnet hatte sowie den Leiter der Klinik für Forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus Bayreuth. Grund für die damalige Anordnung war der Umstand, dass der Mandant sich in einer laufenden Hauptverhandlung geweigert hatte, sich von einem Psychiater untersuchen zu lassen. Also hatte der Richter ihn mal eben zwangsweise einweisen lassen und der Leiter der Klinik hatte den Vollzug der Unterbringung zu verantworten.
Das war unstreitig rechtswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hatte in einer Entscheidung aus dem Jahre 2001 festgestellt, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Beobachtung nicht erfolgen darf, wenn der Beschuldigte sich weigert, sie zuzulassen bzw. daran mitzuwirken.
Über diese Entscheidung hatten sich Amtsrichter und Klinikleiter hinweggesetzt. Das sah auch das OLG München in seinem zitierten Beschluss so. Aber deshalb ist das Verhalten des Amtsrichters noch lange keine Freiheitsberaubung, denn:
"Lediglich aus der vielfachen Veröffentlichung und Kommentierung dieser beiden Entscheidungen" könne noch nicht auf die Kenntnis dieser Entscheidung geschlossen werden. Deshalb entfalle im Zweifel der Vorsatz.
Anders formuliert: Nur weil das Recht irgendwo steht, muss man es ja nicht kennen, nicht einmal als Richter. Und wenn man es nicht kennt, muss man sich auch nicht daran halten. Danke, OLG München, für diese Rechtsausführungen. Ich hatte schon einen Moment gefürchtet, Richter, die das Recht brechen, könnten sich unter Umständen strafbar machen. Puh.
Es versteht sich natürlich von selbst, dass das nur für Richter gilt. Bei Menschen ohne juristische Ausbildung oder Kenntnisse ist das selbstverständlich anders: Die müssen genau wissen, was erlaubt und was verboten ist, sonst werden sie bestraft. Jede Unkenntnis wäre ein vermeidbarer Verbotsirrtum, von dem hier schon das ein oder andere Mal die Rede war, meistens im Zusammenhang mit Polizeibeamten. Alle anderen können ja ins Gesetz gucken.
Von Richtern kann man das laut OLG München nicht erwarten. Holleridudödeldi.
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Wir reden hier aber nicht von Aussagen des Gesetzes, sondern von einer von jährlich 6000 Entscheidungen eines BVerfG-Dreierausschusses, die in der Kommentarliteratur allenfalls mit einem Halbsatz erwähnt wurde.
AntwortenLöschen... aber das würde die Polemik des Kollegen Nebgen ja geradezu ruinieren.
AntwortenLöschenWenn es irgendwann mal tatsächlich eine Fundstelle zu dieser Entscheidung gibt, kann man hierzu qualifiziert Stellung nehmen.
AntwortenLöschenBislang jedenfalls ist die Entscheidung nirgendwo auffindbar.
Ruiniert würde sie auch schon durch den Hinweis, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden.
AntwortenLöschenRichtig ist nämlich zunächst der Ausgangspunkt, dass es heißt, Unwissen schütze vor Strafe nicht; falsch ist, dass dem auch immer so ist, denn grundsätzlich führt Unwissen über die Strafbarkeit einer Handlung als Verbotsirrtum immerhin zu einer fakultativen Strafmilderung oder, wenn der Irrtum unvermeidbar ist, tatsächlich zur Schuldlosigkeit.
Richtig ist dann auch, dass die Anforderungen an die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtum - zu Recht - hoch sind und die Behauptung, das Recht nicht zu kennen, nicht genügt, weil man sich im Zweifelsfall die notwendige Rechtskenntnis (bspw. durch Befragung eines Rechtskundigen) verschaffen muss. Das gilt natürlich auch für Richter (und Rechtsanwälte).
Allein, darum geht es hier gar nicht, denn ein Verbotsirrtum ist nicht Gegenstand der Entscheidung. Vielmehr geht es um die Frage der Rechtsbeugung (wegen der Sperrwirkung dieses Tatebstands als notwendige Vorfrage auch im Hinblick auf den Vorwurf der Freiheitsberaubung), also darum, ob ein Richter sich bewusst (!) und schwerwiegend von Recht und Gesetz entfernt. Das aber kann er denklogisch nur tun, wenn er Recht und Gesetz kennt. Es geht daher nicht - wie beim (vermeidbaren) Verbotsirrtum - darum, ob der Täter das Recht hätte kennen oder sich diese Kenntnis hätte verschaffen müssen (ein typischer Fahrlässigkeitsvorwurf), sondern darum, ob der Täter das Recht tatsächlich kennt und es bewusst bricht.
Man kann ja hinsichtlich des Tatbestands der Rechtsbeugung unterschiedlicher Ansicht sein; dass damit aber keine bloße Unkenntnis sanktioniert werden soll, sondern nur der bewusste Rechtsbruch, scheint mir weitgehend unstreitig zu sein. (Dass ein Staatsanwalt und ein Straf- oder Ermittlungsrichter die Rechtsprechung des BVerfG zu § 81 StPO kennen sollten, ja müssen, oder sich bei Unsicherheit zumindest kurz über die Anwendbarkeit der Norm in der Kommentierung zu belesen haben, scheint mir gleichfalls kaum zu bestreiten zu sein. Strafrechtlich ist das aber nicht von Belang.)
Würde man den Beschluss des Oberlandesgerichts München u.v.a. die vorangehenden, ausführlichen Entscheidungen der GenStA München und der StA Augsburg im übrigen zur Gänze zur Kenntnis nehmen, würde man auch sehen, dass es sich dabei insgesamt nur um Hilfserwägungen handelt - in erster Linie stützen sich die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft darauf, dass ein Verstoß gegen das Recht bereits nicht vorliegt bzw. nicht erweislich ist, und die Entscheidung des Oberlandesgerichts befasst sich v.a. damit, dass ein Klageerzwingungsantrag mit dem Ziel der Aufnahme von Ermittlungen nicht zulässig ist.
Ich frage mich bei solchen Blogbeiträgen immer, was der Hintergrund für sie ist: ein fehlendes Verständnis der Entscheidung und der zugrundeliegenden Rechtslage, oder die bewusst irreführende Darstellung in Kenntnis von Entscheidung und Rechtslage? Und danach frage ich mich dann, was eigentlich schlimmer wäre ...
Lang und falsch. Lesen Sie mal die Entscheidung!
LöschenDas habe ich getan - einschließlich der Vorentscheidungen der Staatsanwaltschaft. Sollten Sie vielleicht auch tun ...
LöschenWer hat da "Bananenrepublik" gerufen?
AntwortenLöschenWenn ich mir im Vergleich dazu die Haftungsrechtsprechung des Anwaltssenats des BGH anschaue..... Anwälte müssen also im Gegensatz zu
AntwortenLöschenRichtern allumfassende Rechtskenntnis haben. Soviel zur "Bestenauslese"...
Warum ist Kommentar 4 "lang und falsch"?
AntwortenLöschenHabe brav die Entscheidung auf der Seite von RA Strate nachgelesen. Wenn mich nicht inzwischen die Demenz hingerafft hat, beschäftigen sich vier von sechs Seiten mit den Gründen für die Unzulässigkeit des Klageerzwingungsantrags aus Sicht des 3. Senats (ob die überzeugend sind, ist eine andere Frage). Aber lediglich ein Absatz auf S. 5 beschäftigt sich mit dem, was Inhalt des obigen Blogs ist, und zwar dem (idR von Verteidigern nicht in Frage gestellten) allgemein anerkannten Grundsatz dass jedenfalls beim Nachweis von Vorsatz Vermutungen iSv "allgemein bekannt oder hätte bekannt sein müssen = Kenntnis" nicht ausreichen. Isoliert betrachtet, ist dieser Gedanke wirklich nicht neu - jedenfalls beim Vorsatz.
ME kann man das schwer mit dem Verbotsirrtum oder der zivilrechtlichen Haftungsrechtsprechung vergleichen. Es geht schlicht darum, dass im Rahmen eines Strafverfahrens Vermutungen bei Erfüllung des subjektiven Tatbestands nicht ausreichen (wenn es für RAe einen der Rechtsbeugung vergleichbaren Tatbestand gäbe, wäre das vermutlich nicht anders; auch beim Prozessbetrug müsste man dem RA nach meinem Verständnis im Übrigen nachweisen, dass er Kenntnis von allen Tatsachen, einschließlich der ganz herrschenden Meinung zu einer bestimmten Rechtsfrage, hatte). Ob die jetzige Fassung des § 339 StGB so glücklich ist und/oder überarbeitet werden sollte, und wie das geschehen sollte, ohne das Spruchrichterprivileg auszuhebeln (und ob überhaupt das Spruchrichterprivileg im Vergleich zur Haftung für Anwälte nicht ein bißchen arg günstig für die Richter ist) sind andere Fragen.
Insofern halte ich den Blogbeitrag tatsächlich für etwas irreführend, wenn ich auch aus anderen Gründen die Empörung des Bloggers nachvollziehen kann.
Was nämlich tatsächlcih nachdenklich stimmt, sind mE die sehr hohen Hürden, die der 3. Senat des OLG München bereits an die Zulässigkeit eines Klageerzwingungsverfahrens und an die für die hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung erforderlichen Tatsachen knüpft. Ich bin kein Spezialist für Klageerzwingung, war aber bisher davon ausgegangen, dass es dieses Instrument gerade gibt, um die StA zur weiteren Ermittlung relevanter Tatsachen zu zwingen. Wie bekannt oder unbekannt die zitierten Entscheidungen des BVerfG dem Strafrichter sein müssen, kann ich nicht beurteilen; ich musste mich nie mit der Frage auseinandersetzen (bin allerdings auch nie auf die Idee gekommen, dass man statt der Ladung des SV zur Erstattung des Gutachtens nach dem Eindruck in der HV auch den Angeklagten hätte unterbringen können...) Wenn aber eine Rechtsprechungslinie allgemein bekannt ist oder zumindest sein sollte, hätte man - insofern gebe ich Herrn RA Nebgen recht - jedenfalls im Stadium vor Anklageerhebung nicht ohne Weiteres den Deckel draufmachen dürfen. Wobei ich andererseits nicht weiß, welche Ermittlungen die StA in dieser Hinsicht bereits unternommen hatte. Wenn eine Verurteilung aber mangels anderer Beweismittel nur dann zu erwarten wäre, wenn der Angeschuldigte aussagt, er aber bereits zu schweigen angekündigt hat, könnte das zuständige Gericht mangels hinreichender Verurteilungswahrscheinlichkeit mit guten Gründen ddie Anklage nicht eröffnen.
"Ich bin kein Spezialist für Klageerzwingung, war aber bisher davon ausgegangen, dass es dieses Instrument gerade gibt, um die StA zur weiteren Ermittlung relevanter Tatsachen zu zwingen."
LöschenDas gerade nicht; im Grundsatz ist das Klageerzwingungsverfahren, wie schon der Name sagt, darauf ausgerichtet, die Staatsanwaltschaft zur Erhebung der Anklage zu zwingen, d.h. es handelt sich um ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung nach § 170 Abs. 2 StPO. Vorliegend geht es aber um eine Entscheidung nach § 152 Abs. 2 StPO - ob das OLG auch die Aufnahme von Ermittlungen anordnen kann, ist aber (wie in der Entscheidung ja dargestellt ist) höchst strittig.
"Wie bekannt oder unbekannt die zitierten Entscheidungen des BVerfG dem Strafrichter sein müssen, kann ich nicht beurteilen; ich musste mich nie mit der Frage auseinandersetzen (bin allerdings auch nie auf die Idee gekommen, dass man statt der Ladung des SV zur Erstattung des Gutachtens nach dem Eindruck in der HV auch den Angeklagten hätte unterbringen können...)"
Die Rechtsprechung sollte man m.E. kennen - die Vorschrift des § 81 StPO allerdings auch. ;) Zugute halten kann man dem beschuldigten Richter nur, dass in der Praxis § 81 StPO unter Beachtung der Rechtsprechung weitgehend leer läuft - wenn eine Exploration genügt, dürfte eine Unterbringung zur Beobachtung jedenfalls unverhältnismäßig sein, wenn eine Exploration nicht stattfinden kann, ist hingegen nach der Rechtsprechung faktisch eine Unterbringung dann meistens unzulässig. Damit muss der ... hm ... Laie ist das falsche Wort; sagen wir: derjenige, der mit der Materie noch nicht solche Erfahrung hat, vielleicht nicht unbedingt rechnen. Wissen sollte er es aber schon, wenn er sich mit dem Strafrecht hauptberuflich beschäftigt.
Andererseits hilft Ihr Vorschlag, stattdessen das Gutachten nach dem Eindruck in der Hauptverhandlung zu erstatten, in den problematischen Fällen nicht wirklich weiter - das beantwortet nämlich nicht die Frage, ob die Voraussetzungen des § 126a StPO vorliegen, und es beantwortet auch nicht die Frage, ob überhaupt und wenn ja wohin Anklage zu erheben ist. Insoweit ist ja grundsätzlich zwischen "Einstellung des Verfahrens, weil § 20 StGB nicht auszuschließen" über "Anklage zum Strafrichter / Schöffengericht, weil Straferwartung < 4 Jahre, ggf. auch deshalb, weil § 21 StGB jedenfalls nicht auszuschließen ist" bis "Anklage oder Antrag ans Landgericht, weil Unterbringung nach § 63 StGB in Betracht kommt" ein weites Feld. Den möglicherweise schuldunfähigen Beschuldigten einfach mal irgendwo anzuklagen (oder auch nicht) und dann zu schauen, was sich so ergibt, stellt sich nicht wirklich als Lösung des Problems dar.
"Wenn aber eine Rechtsprechungslinie allgemein bekannt ist oder zumindest sein sollte, hätte man - insofern gebe ich Herrn RA Nebgen recht - jedenfalls im Stadium vor Anklageerhebung nicht ohne Weiteres den Deckel draufmachen dürfen."
Das wiederum verstehe ich jetzt nicht. Entweder es gibt einen hinreichenden (!) Tatverdacht, oder es gibt ihn nicht. Wenn kein hinreichender Tatverdacht besteht, darf kein Anklage erhoben werden. Das Gesetz sieht es nicht vor, bei fehlendem hinreichenden Tatverdacht die Entscheidung lieber dem Gericht zu überlassen ... Ganz abgesehen davon, dass es hier bereits an einem Anfangsverdacht fehlen soll.
"Wobei ich andererseits nicht weiß, welche Ermittlungen die StA in dieser Hinsicht bereits unternommen hatte."
Bei einer Einstellung nach § 152 Abs. 2 StPO: vermutlich keine.
"Wenn eine Verurteilung aber mangels anderer Beweismittel nur dann zu erwarten wäre, wenn der Angeschuldigte aussagt, er aber bereits zu schweigen angekündigt hat, könnte das zuständige Gericht mangels hinreichender Verurteilungswahrscheinlichkeit mit guten Gründen ddie Anklage nicht eröffnen."
Diese Frage wird sich dem Gericht nicht stellen, weil die Staatsanwaltschaft dann bereits keine Anklage erheben darf.
Nur noch eine Anmerkung zum Unverständnis zu meinem Verständnis für Empörung:
Löschenbei einer dem Ermittlungsrichter durchschnittlicher Art und Güte bekannten Rechtsprechungslinie habe ich ohne weitere Angaben zumindest Schwierigkeiten, gar keinen Anfangsverdacht zu sehen -> insoweit Zustimmung. Inwieweit ausermittelt wurde, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen (ich nehme an, Sie meinen eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO?). Aus anderen Beiträgen lässt sich vermuten, dass des sich bei dem Beschuldigten um einen (überforderten) Berufsanfänger gehandelt haben soll, so dass vieles dafür spricht, dass er es tatsächlich nicht wusste und sich offenbar rechtzeitig auch keine warnenden Bauchschmerzen im Hinblick auf VHM und Grundrechtseingriff (=Griff zum Kommentar und lieber noch mal nachlesen) eingestellt haben. Dann hat er immer noch falsch gehandelt, aber eben nicht vorsätzlich das Recht gebeugt.
Sollte die StA gründlich nachgeforscht haben und auch die Verteidigung keine anderen Beweismittel benennen haben können als die (bereits jetzt erkennbar unbegründete) Hoffnung auf eine geständige Einlassung des Angeklagten, gibt's allerdings, wie Sie zu Recht ausführen, tatsächlich keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine spätere Verurteilung. Dann ist die Entscheidung aber auch in der Hilfserwägung - keine Anklage wegen mangelnden hinreichenden Tatverdachts - weder verkehrt noch überraschend. Und dann verstehe ich wiederum Ihre Empörung nicht.
@Gast
AntwortenLöschenAnders als auch die Beschuldigten vorgetragen haben, handelte es sich bei der BVerfG-Entscheidung (http://dejure.org/2001,1617) keineswegs um eine apokryphe, kuriose Einzelfallentscheidung. Die Rechtsfrage war vielmehr geklärt durch die einhellige Rechtsprechung der Obergerichte vor und nach der BVerfG-Entscheidung (kleine Rechtsprechungsübersicht in http://blog.delegibus.com/2013/02/27/fall-mollath-staatsanwaltschaft-augsburg-si-tacuisses/ , 3. Absatz).
Ob dem beschuldigten Amtsrichter seine Unkenntnis aber tatsächlich vorgeworfen werden kann, ist eine andere Frage. Schon deshalb, weil er er, was das Strafrecht betrifft, Berufsanfänger war (der Fall Mollath war eines seiner ersten Verfahren). Vorwerfbarkeit würde natürlich auch nicht ausreichen, da - anders als § 17 StGB - § 339 StGB Vorsatz hinsichtlich des Rechtsverstoßes voraussetzt.
Hier übrigens die Entscheidung des OLG München, um die es geht: http://dejure.org/2014,16639
Hätte ein RA neben Mollath gesessen, der diese Entscheidung zitiert hätte, wäre möglicherweise alles anders ausgegangen.
AntwortenLöschenUm noch einen Aspekt hinzuzufügen: Für Rechtsbeugung reicht übrigens nicht einmal aus, dass ein Richter sich gegen die "ganz herrschende" Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung wendet, denn Gerichtsurteile erwachsen nicht in Gesetzeskraft (Ausnahme: Entscheidungen des BVerfG, soweit sie ein Gesetz für verfassungswidrig erklären). Jeder kleine Amtsrichter hat das Recht, das was der BGH und das BVerfG schreiben, für Unsinn zu halten, wenn er eine sachliche Begründung dafür hat, die nicht offensichtlich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar bzw. mit dem Gesetz schlechthin unvereinbar ist.
AntwortenLöschenWenn man sich ansieht, was sich so seit den 70er-Jahren in der Rechtsprechung alles geändert hat (durchaus häufig ohne vorherige Gesetzesänderung), ist es auch durchaus gut so, dass ein Leitsatz eines Obergerichts die Rechtslage nicht (vorbehaltlich eines Eingreifens des Gesetzgebers) für alle Zeiten zementiert.