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Mittwoch, 26. Mai 2010

Zivilisten telefonieren nicht

1876 hat Alexander Graham Bell erstmals ein Telefon zur praktischen Anwendung gebracht. Seither erfreut sich der Fernsprechapparat zunehmender Beliebtheit. Ich zum Beispiel besitze deren drei und mir sind Kollegen bekannt, die sogar eine zweistellige Anzahl dieser Geräte ihr eigen nennen.

Telefone sind praktisch, denn es lassen sich viele zwischenmenschliche Fragen damit schnell und unkompliziert lösen. Indem man nämlich einfach mit demjenigen spricht, mit dem man etwas zu klären hat. Mein Lieblingsbetrüger Gert Postel feiert das Telefon als größte Errungenschaft für seine Zunft: Früher habe man mühevoll Kleider und Kutschen anmieten müssen, wenn man bei jemandem habe Eindruck schinden wollen. Heute reiche ein einziges Telefonat, um anderen einen ganzen Hofstaat - in seinem Fall eine psychiatrische Klinik - vorzuschwindeln. Kurz: Das Telefon erleichtert Kommunikation enorm.

Trotzdem telefonieren viele Menschen offenbar äußerst ungern. Einige kommunizieren gar nicht, andere verstecken sich lieber hinter wortgewaltigen Schriftsätzen, wenn sie etwas mitteilen möchten. Der "Enforcer" berichtet hier über einen solchen Fall. Gerade Ziviljuristen gehören nach meiner Erfahrung eindeutig zur Spezies der Telefonverächter.

Da werden lange unpersönliche, umständliche und dadurch häufig missverständliche Ausführungen schriftlicher Art in schwerfälligem Deutsch auf teures Papier gequält, mehrfach kopiert und dem anderen kommentarlos überlassen. Unüberlegt eingesetzt kann man mit solchen Worthalden aus einem kleinen Missverständnis ein großes Missverständnis machen, unnötigerweise alle Fronten verhärten und jede konstruktive Lösung in weite Ferne rücken. Außerdem schadet es dem Wald.

Vieles wäre so viel einfacher, riefe man sich einfach öfter mal an. Mündlich streitet es sich auch viel effektiver! Und mancher, der böse schrieb, wird am Telefon plötzlich ganz zahm.

Und falls nicht: Auflegen kann man dann ja immer noch.

Sonntag, 9. Mai 2010

Wie lang ist zu lang?

Ein möglicherweise vornehmlich im Zivilrecht tätiger Kollege (?) mokiert sich über die von mir an anderer Stelle erwähnte 100 Seiten lange Revisionsbegründungsschrift.

Dem ist zunächst einmal zuzustimmen. Alles was man ausdrücken kann, kann man auch einfach ausdrücken, und das geht meist auch kurz. Das gilt insbesondere im Zivilrecht. Außer wenn es - der Kollege erwähnte es -um die berüchtigten Punktesachen im Baurecht oder z. B. um Provisionsrückforderungen gegen Handelsvertreter geht . Die meisten Sachvorträge im Zivilrecht ließen sich ohne Verlust - meist sogar mit Gewinn - auf maximal der Hälfte des Platzes darstellen.

Wir kennen die Revisionsbegründungsschrift unseres neuen Kollegen nicht. Vielleicht stand viel Wahres darin, vielleicht auch viel Überflüssiges. Wir wissen es nicht.

Sicher ist aber, dass die Anforderungen des Bundesgerichtshofes an die Darstellung insbesondere von Verfahrensrügen ein solches Ausmaß bei Revisionsbegründungen geradezu provozieren. Da der Bundesgerichtshof - gegen jede Vernunft - mittlerweile auch die vollständige (!) Darlegung von negativen Verfahrenstatsachen fordert, damit eine Verfahrensrüge auch nur zulässig sei, sind 100 Seiten schnell voll.

Das ist weder schön noch sinnvoll, aber traurige Tatsache.