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Montag, 5. Juli 2010

Warum Polizisten NIE ins Gefängnis müssen

Die BILD berichtet hier über das Urteil gegen einen Polizeibeamten, der vom Landgericht Neuruppin wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt wurde, weil er in einer Mischung "aus Übereifer, Stress und Angst" achtmal auf einen flüchtenden Mann geschossen hatte, wobei dieser zu Tode kam.

Da könnte ich jetzt vergleichbare Fälle zitieren, in denen das Gericht bei vergleichbarer Tat noch das vierfache der Strafe für überaus maßvoll hielt - in all diesen Fällen war der Täter übrigens nicht Polizeibeamter. Ich könnte auch darüber sinnieren, das auch der einen oder anderen Kindesmisshandlung "Übereifer, Stress und Angst" zugrunde lag, ohne dass das irgendein Gericht weiter gekratzt hätte. All das tue ich nicht; sollen das andere tun.

Eines aber möchte ich dann doch noch erwähnen:

Laut BILD hat das Gericht in seiner mündlichen Urteilsbegründung die Aussetzung zur Bewährung damit begründet, dass der Täter

"als Polizeibeamter ... besonders haftempfindlich (wäre), da er mit denen im Knast sitzt, die er sonst bekämpft."

Da kann ich jetzt nur allen denen, die noch einen Mord, Totschlag oder Bankraub, eine Vergewaltigung oder ein Sprengstoffattentat planen, raten, möglichst vorher in den Polizeidienst zu wechseln, um sich eine weitere staatliche Wohltat zu sichern: Die erhöhte Knastempfindlichkeit infolge vorheriger Verfolgungstätigkeit.

Verzeihung, aber eine Frage habe ich noch: Reicht dafür vielleicht auch die Zugehörigkeit zu einem privaten Sicherheitsdienst?


Mittwoch, 30. Juni 2010

Strafschärfend zu werten ist die Begehung der Tat

§ 46 StGB lässt Gerichten relativ weiten Spielraum, welche Umstände es bei der Strafzumessung berücksichtigen darf. Während sich die Berücksichtigung entlastender Momente jedoch zumeist im Fehlen von Vorstrafen, geständiger Einlassung oder Schadenswiedergutmachung erschöpft, entwickeln Richter bei der Suche nach belastenden Umständen mitunter wahre Kreativität:

Der Angeklagte ist angeklagt, seine Lebensgefährtin erschlagen zu haben. Strafschärfend wertet das Landgericht in seinem Urteil, dass er damit deren zwei Kindern die Mutter genommen hat.

Das liest man erstmal so und ist unangenehm berührt ob der Tragik des Geschehens. Wenn man allerdings etwas darüber nachdenkt, kommt einem das kalte Grausen bei dieser Logik des Gerichts:

Berücksichtigt hat es in Wahrheit nämlich zwei Umstände:
  • Zum einen den Umstand, dass das Opfer zwei Kinder hatte - das ist allerdings kein Umstand der Tat und daher irrelevant;
  • zum anderen den Umstand, dass der Angeklagte das Opfer getötet hat - das ist identisch mit dem verwirklichten Tatbestand.
Letztlich hat das Gericht also - wieder einmal - allein die Tatbestandsverwirklichung als solche nochmals strafschärfend gewertet und das offenbar auch noch ernst gemeint. Da fragt man sich schon, wo diese Richter das Denken gelernt haben.