Vor Gericht wird gefeilscht, auch vor dem Strafgericht. Das war schon immer so, dass wird immer so sein, und seit einiger Zeit ist es sogar legal.
Die meisten Strafverteidiger haben die gesetzliche Regelung der Verständigung ("Deal") immer abgelehnt, und zwar mit Recht. Denn von den Regelungen des Deals ausgenommen ist ausgerechnet auch der Punkt, der allen Parteien am meisten am Herzen liegen muss, nämlich der Rechtsmittelverzicht. Jede Einigung ist für den Angeklagten - und teilweise auch der Staatsanwaltschaft - nur dann etwas wert, wenn ihr Bestand auch gesichert ist. Schließlich hat der Angeklagte viel zu verlieren. Seine Gegenleistung bei der Verständigung ist schließlich ein Geständnis, das später noch verwertet werden könnte.
Deshalb war von Anfang an klar, dass es neben den gesetzeskonformen Verständigungen weiterhin auch die paralegalen Verständigungen geben würde. Wer ist bloß auf die Idee kommen, dass Parteien aufhören würden, sich bei beidseitigem Nutzen auch auf gesetzwidrige Weise zu verständigen? Schließlich hat man das jahrzehntelang getan. Warum hätte man aufhören sollen? Nun hat man eine kuriose Gemengelage aus legalen und paralegalen Verständigungen, was wegen der Grauzone das Streitpotential wiederum deutlich erhöht.
Und keiner kann sagen, dass man es nicht hätte kommen sehen. Die Einwände gegen die Verständigung sind nicht neu, sie sind von Seiten der Verteidiger und teilweise von der Staatsanwaltschaft seit jeher vorgebracht worden. Nur hat sich der Gesetzgeber nicht darum gekümmert. Relativ neu ist, dass auch ein Richter das so analysiert: Thomas Fischer im Interview mit dem Spiegel.
Für mich erscheint am Deal problematisch, dass dessen Ergebnis sehr stark von den Befindlichkeiten der beteiligten Personen abhängt -wesentlich mehr als bei einem "normalen" Verfahren.
AntwortenLöschenZudem besteht immer wieder die Gefahr, dass auf den Angeklagten Druck ausgeübt wird, einen Deal einzugehen, da er ansonsten eine wesentlich härtere Strafe erwartet.
Das Interview mit Fischer ist 1,5 Jahre alt.
AntwortenLöschenEin guter Beitrag von Ihnen, an dem ich ausnahmsweise nichts auszusetzen habe. Nur das Interview ist uralt.
AntwortenLöschenEs wäre nicht überraschend, wenn die Verfassungsmäßigkeit der Verständigungsregeln negativ beschieden würde. - Besser wäre ein Tat- oder Schuldinterlokut, da bei dieser Verfahrensart auch die Schöffen ausreichend eingebunden sind.
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