Dienstag, 19. November 2013
Das Paradox der Werbung
Früher haben Rechtsanwälte nicht geworben. Sie durften es nicht, es war ihnen standesrechtlich untersagt. Und überhaupt, man tat das nicht. Werben war eines Rechtsanwaltes unwürdig. Das war eine schöne Einstellung; man hätte es dabei belassen sollen.
Dann aber erklärte das Bundesverfassungsgericht 1987 die Standesrichtlinien für verfassungswidrig. Rechtsanwälte gelten seither als Dienstleister und durften fortan auch werben, zumindest ein bisschen.Wobei man seither streitet, wo dieses "bisschen" aufhört.
Es war aber eigentlich relativ schnell abzusehen, dass es rechtlich anspruchsvoll sein würde, anwaltlichen Dienstleistern das Werben überhaupt zu verbieten. Faktisch dürfte in den Grenzen der allgemeinen Gesetze keine Einschränkung anwaltlicher Werbung mehr geben, weil man eine solche Einschränkung rechtlich einfach nicht begründen kann. Mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine, sie ist mittlerweile herrschende Meinung. Wenn auch längst nicht alle Rechtsanwaltskammern das einsehen.
Rechtsanwälte dürfen also werben, und das tun sie genauso gut (selten) oder schlecht (häufig) wie andere Dienstleister auch. Wobei der Fachmann noch zwischen Werbung (draußen auf dem Plakat) und Marketing (draußen in der Welt) unterscheidet, aber diese feinsinnige Unterscheidung lassen wir hier mal unberücksichtigt.
Zur Qualität einer Werbung gilt allgemein das, das eine Kunsthändlerin mir letztens vor einem ausgesprochen hässlichen Gemälde stehend sagte: "Das ist Geschmackssache". Man mag z.B. Paragraphenzeichen abgedroschen und klischeehaft finden - ich finde das übrigens auch - aber eins muss man ihnen lassen: Sie erfüllen einen gewissen Zweck. Das gleiche gilt für eindrucksvolle Hausfassaden, auch wenn man in Wirklichkeit gar nicht dahinter sitzt.
Ob man potentielle Mandanten tatsächlich etwas vorgaukeln möchte, muss letztlich jeder selbst wissen, aber ich ahne: Es hat einen gewissen Erfolg, sonst täten es nicht so viele.
Schlimm wird es erst, wenn das Klischee beim Mandanten zur Erwartung wird: Wenn der Mandant beim Richter den hölzernen Hammer vermisst und jeden Rechtsanwalt wahlweise für unanständig reich, kriminell oder abgehoben - gerne auch alles drei zusammen - hält. Diesen Erwartungshaltungen sollte man nach Kräften entgegenwirken, aber sie haben immer eine Ursache. Beim hölzernen Hammer liegt diese Ursache in zu vielen US-TV-Serien, bei den Klischees über Rechtsanwälte liegt sie zumindest teilweise in den Rechtsanwälten selbst.
Davon sollte man sich abheben. Das tut man am besten durch Marketing.
Beim Begriff Marketing sind sie auf dem Holzweg (wie so viele andere auch).
AntwortenLöschenMarketing bedeutet verschiedene Komponenten der Geschäftsleitung gemeinsam zu sehen und zu planen (Preispolitik, Produktpolitik, Distribution und Kommunikation, wozu auch Werbung gehört).
In der Öffentlichkeit wird unter Marketing jedoch lediglich als verbesserte Werbung angesehen.
Auf den Hanauer Stadtbusse ist Werbung von einem Rechtsanwalt angebracht.
Ob das sinnvoll ist ?
Ist Bloggen eines Rechtsanwaltes unwürdig?
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