Dienstag, 30. April 2013
Was wird die Oberhessische Presse über Beate schreiben?
Jeden Tag gibt es in Deutschland unzählige Strafprozesse mit den unterschiedlichsten Themen. Wahre Tragödien sind darunter, Beziehungsdramen oder Moritaten der organisierten Großkriminalität. Diese Verfahren zu verfolgen ist häufig ungemein spannend und man kann viel daraus lernen. Erstaunlicherweise interessiert sich für die allermeisten dieser Verfahren kein Mensch.
In den allermeisten Fällen ist der Öffentlichkeitsgrundsatz ein Farce, weil niemand im Zuschauerraum sitzen will. Aber jetzt in München, da wollen auf einmal alle teilhaben. Man kann das verstehen bei den Angehörigen der Opfer, die immer auch Aufklärung und so etwas wie Genugtuung suchen. Aber sie sitzen nicht im Zuschauerraum, sondern sie sitzen als Beteiligte des Verfahrens im Innenraum.
Für Zuschauer wird der Prozess - so fürchte ich - eine furchtbar langweilige Angelegenheit werden. Aller Voraussicht nach wird die Hauptangeklagte schweigen. Das Verhalten der Staatsanwaltschaft wird vorrangig darauf zielen, Beate Z. eine irgendwie aktive Beteiligung an den Taten ihrer verstorbenen Freunde nachzuweisen. Dabei wird es in haarkleinen Details darum gehen, wer wann wo gewesen ist, wer wann was gesehen oder gesagt hat und welche Schlussfolgerungen man juristisch zulässig daraus gerade noch ziehen kann.
Gerade für Presseorgane, deren Hauptbetätigungsfeld sonst nicht gerade die Prozessberichterstattung ist, wird das eine eher zähe Angelegenheit werden. Was will Ebru TV senden, wenn einen Tag lang Zeugen vom Hörensagen über Begebenheiten vernommen werden, deren Bedeutung den Beobachtern verschlossen bleibt? Was will die Brigitte schreiben, wenn tagelang Beamte vernommen werden, die allesamt erst zum Geschehen gestoßen sind, als bereits alles vorbei war?
Eine ähnliche Konstellation gab es vor einiger Zeit im späten Prozess gegen Verena Becker. Es war ein 100-tägiger Prozessmarathon mit schweigenden Zeugen, in dem es letzten Endes um die juristisch außerordentlich undeutliche Abgrenzung zwischen Beihilfe und Mittäterschaft ging - eine Thematik, die dem Normalbürger schon durch "seriöse" Medien kaum zu vermitteln ist. Entsprechend war die Pressereaktion während des Prozesses gering, man fragte sich zeitweise, ob der Prozess überhaupt noch lief. Wie aber wird sich nun die "Brigitte" in so einer Situation verhalten? Wie werden die Oberhessische Presse oder die Allgäuer Zeitung mit den zu erwartenden eher theoretischen Fragen umgehen?
Oder werden ihre Vertreter nach etwa fünf Verhandlungstagen gelangweilt Ihre Akkreditierung zurückgeben? Werden die Vertreter von Al Jazeera (Büro Istanbul) entnervt die Berichterstattung einstellen, wenn am zwanzigsten Verhandlungstag immer noch nichts passiert ist, das sie ihren Lesern so richtig vermitteln könnten?
Dann könnte es sein, dass das Gericht den Saal schnell leer singt. Auch das wäre nicht unbedingt ein Sieg für den Rechtsstaat.
Wie ist die letzte Bemerkung zu verstehen? Wäre es aus Ihrer Sicht "ein Sieg für den Rechtsstaat", wenn das Gericht die Sache auf, sagen wir, zehn Hauptverhandlungstage zusammendampfen würde, damit es für die "Brigitte" und ihre Leser spannend bleibt?
AntwortenLöschenIch denke nicht, dass das die Aussage von Herrn Nebgen sein sollte, Gast 06:57.
AntwortenLöschenIm Kern hat er recht. Es wird schnell leer werden, wenn bei 10 Mordfällen die Spurensicherung verliest, wo welcher DNA-Abstrich genommen wurde, wo welcher Blutspritzer war, wo welches Asservat gefunden und gesichert wurde etc.
Bei Demjanjuk haben sich anfangs auch alle aufgeregt, dass sie vor dem Gebäude am 1. Prozesstag anstehen mussten. Und dass das OLG das "Unwort" Sammelstelle benutzte, um die Meute auf einem Fleck zu halten,damit sie nicht den Personaleingang blockiert. Meeting-Point hätte dasselbe bedeutet.Nach den ersten Fotos vom bettlägrigen Angeklagten schwand das Interesse rapide.
Das Interesse wird abflauen. Irgendwann ist ja auch Weihnachten langweilig.
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