Donnerstag, 28. März 2013

Des Teufels Nichtadvokat


Sie nannten ihn den "Advokaten des Teufels". Er hat Saddam Hussein und Slobodan Milosevic verteidigt, ebenso den Posträuber Ronnie Biggs und "Doctor Death" Harold Shipmann. Zu Robert Mugabe und Osama Bin Laden soll er zumindest im Kontakt gestanden haben: Giovanni di Stefano.

Nun hat ein britisches Gericht ihn selbst zu 14 Jahren Haft verurteilt, denn er mag zwar des Teufels sein, eins aber ist er offenbar nie gewesen: Anwalt.

Das ist eine schöne Geschichte, von der FAZ hier blendend erzählt. Frohe Ostern.


Dienstag, 26. März 2013

Berufsethik von ganz unten


In Rostock steht derzeit Mario B. vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, 2012 ein siebzehnjähriges Mädchen entführt und vergewaltigt zu haben. Die Presse berichtete in allen ihren Formen, von schillernd boulevardesk wie hier (BILD) bis einigermaßen seriös wie hier (FAZ). Über den Angeklagten wollen wir hier nicht sprechen.

Am Rande tummeln sich allerdings Gestalten, die können einem das Grausen lehren. Einer davon war einmal Rechtsanwalt. Er heißt Ulrich Wilmsen und hat den Angeklagten nach eigener Aussage früher einmal in einer Jugendstrafsache verteidigt. Dies hat den Herrn Ex-Kollegen veranlasst, in der Printausgabe der Ostsee-Zeitung auf seinen ehemaligen Mandanten bezogen mitzuteilen, er habe
"eine solche Abgebrühtheit und Menschenverachtung noch nie und nie wieder erlebt". 
Daneben gibt er auch noch Details aus der nicht-öffentlichen Sitzung von damals zum Besten. Von seiner ethischen Fragwürdigkeit mal ganz abgesehen, dürfte dieses Verfahren nach summarischer Würdigung den Tatbestand der Verletzung von Privatgeheimnissen, § 203 Abs. 1 Ziffer 3 StGB erfüllen. Jeder Staatsanwalt, der die Ostseezeitung liest, sollte eigentlich von Amts wegen bereits ein Verfahren eingeleitet haben.

Dasselbe gilt übrigens für auch für die RTL-Seher unter den Staatsanwälten, denn auch hier hat Ex-Kollege Wilmsen über seinen ehemaligen Mandanten vom Leder gezogen: hier.

Berufsrechtlich kann Herr Wilmsen übrigens nicht mehr belangt werden, denn er ist der Berufsgerichtsbarkeit entzogen. Schließlich ist er kein Rechtsanwalt mehr.

Knuddeln im Rechsstaat


Jetzt geht es den Knuddeldingens - und wie sie alle heißen - an den Kragen. Kaum hat sich die FAZ (Sonntagsausgabe) mit dem Thema Pädokriminalität im Internet befasst, schon legt die Boulevardpresse nach. Im ZDF-Morgenmagazin (hier zu sehen) war heute wieder einmal eine Dame zu hören, die sich für das Wohl von Kindern am PC, in Wirklichkeit aber für die Abschaffung der Unschuldsvermutung einsetzt.

Sie sagte wörtlich das Folgende:
"Der Täter müsste uns nachweisen, dass er nicht wusste, dass es sich um ein Kind handeln könnte".
Das ist nicht nur sprachlich Humbug; die Dame vom Kinder- und Jugendschutzbund tappt auch wieder einmal in die Inquisitionsfalle: Wenn es im Einzelfall unserem vordergründigen Interesse dient, lasst uns doch den Rechtsstaat abschaffen!

Das und nichts anderes wäre es nämlich, wenn auf einmal der Beschuldigte nachweisen müsste, dass er unschuldig ist.

Mittwoch, 20. März 2013

Vollzugsdefizit und Rechtsbruch


Wenn die Gemahlin dem Gemahl den ehelichen Geschlechtsverkehr verweigert, könnte man mit einigem Recht von einem Vollzugsdefizit sprechen.

Wenn das Bundesverfassungsgericht von einem Vollzugsdefizit spricht, meint es damit etwas anderes. Es hat diesen Begriff nach meinen Recherchen erstmals im Jahre 2004 im Zusammenhang mit der Spekulationssteuer gebraucht, damals im Sinne einer Norm, die faktisch oder strukturell nicht durchgesetzt wird oder werden kann. Neuerdings umschreibt es damit auch den Umstand, dass viele Richter sich an gewisse gesetzliche Regeln einfach nicht halten. So nachzulesen in seinen Urteilen vom 19.03.2013 zur Verständigung, dem "Deal".

Dieses "Vollzugsdefizit" beruht aber entgegen seiner sonstigen Definition weder auf einem Sachzwang (faktisches Vollzugsdefizit) noch auf mangelhaften gesetzlichen Regelungen (strukturelles Vollzugsdefizit), sondern einzig und allein darauf, dass zahlreiche Richter die Prozessordnung lieber nicht anwenden, wenn es ihrem Wohlgefallen abträglich wäre.

Bei einfachen Leuten hieße so etwas schlicht und ergreifend Rechtsbruch.




Dienstag, 19. März 2013

Hübsch gemacht


Für alle, die gerne schnell unterwegs sind: Der Kollege Vetter berichtet hier über ein vielleicht bahnbrechendes Urteil des Amtsgerichts Aachen: Gegenstand war eine Geschwindigkeitsmessung mit dem Messgerät "PoliScan Speed" der Firma Vitronic.

Dieses Gerät hat die Besonderheit, dass es stationär eingesetzt wird und keiner fachkundigen Bedienung mehr bedarf. Es blitzt halt nur. Die Ergebnisse werden dann hinterher von Polizeibeamten ausgewertet, ohne dass jemand wüsste, wie das Gerät selbst eigentlich funktioniert.

Diese Beamten werden bei etwaigen Einsprüchen gegen Bußgeldbescheide dann gerne als Zeugen benannt, in Hamburg gerne auch mit dem Hinweis darauf, dass sie zur Sache aber nichts aussagen könnten. Sonst kann auch keiner etwas zur Sache aussagen, denn es war ja zumeist keiner dabei. Und wie das Messgerät funktioniert, hält der Hersteller geheim.

So saß ich dann im Gerichtssaal jüngst einer solchen Beamtin gegenüber, die ihre eigentliche Tätigkeit bildhaft umschrieb: "Ich habe eigentlich nur die Aufgabe, die Bilder etwas aufzuhübschen".


Gebilligter Deal


Es musste so kommen.

Hätte das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften zur Absprache - dem "Deal" - einfach so gebilligt, hätte es einen Aufschrei der Empörung gegeben. Zu entsetzt hatte man sich angesichts der empirischen Studie des Prof. Karsten Altenhain gezeigt. Der hatte im Auftrag des Bundesverfassungsgericht festgestellt, was ohnehin alle, die es interessiert, schon wussten: dass nämlich kaum einer sich an die gesetzlichen Vorgaben zum Deal (des § 257c StPO) hält.

Hätte das Bundesverfassungsgericht die Vorschrift über den Deal gekippt, wäre das ebenso einer Farce gleich gekommen. Es wäre dann nämlich genau der Zustand wieder hergestellt worden, der gerade dazu geführt hatte, dass man  seinerzeit meinte, den Deal im Gesetz verankern zu müssen. Es wäre eben wieder ausschließlich in den Hinterzimmern verhandelt worden.

Nun also die Entscheidung, mit der das Bundesverfassungsgericht sich möglicherweise billig davon geschlichen hat: Man darf dealen, aber es muss transparent sein, und das Gericht muss sich dabei ans Gesetz halten. Als wenn es das vorher nicht gemusst hätte. Aber es hat es in vielen Fällen eben nicht getan.

Ob dies mit der heutigen Entscheidung besser wird, darf bezweifelt werden. Was könnte das Bundesverfassungsgericht in sein Urteil schreiben, das Richter und Gerichte zu mehr Rechtstreue anzuhalten vermöchte?

Wir warten gespannt auf die schriftliche Begründung. Vielleicht steht ja doch etwas Erhellendes drin.

Donnerstag, 14. März 2013

The Times they are a-changing


Mittlerweile scheint es so zu sein, dass selbst Rechtsanwälte sich schon bei der Polizei bedanken, wenn die sich mal rechtstreu und ordnungsgemäß verhalten hat. Oder wie anders habe ich diesen Beitrag zu verstehen?